

Ärztekammer
Nordrhein
Jahresbericht 2014
| 15
Kammerversammlung
Ärztliche Grundversorgung ist gefährdet
Die Kammerversammlung sieht die haus- und fachärztliche Grund-
versorgung der Menschen in unserem Lande gefährdet.
Immer weniger approbierte Ärzte ergreifen den Beruf des Haus-
arztes oder wollen überhaupt noch am kranken Menschen tätig
werden – dies gilt auch für den stationären Bereich. Demgegenüber
lässt die demografische Entwicklung mit einer steigenden Zahl
älterer chronisch kranker und multimorbider Menschen einen stei-
genden Bedarf an kurativer ärztlicher Tätigkeit erwarten.
Der Vorstand der Ärztekammer Nordrhein wirkt mit aller Kraft
darauf hin, dass die Arbeitsbedingungen sowohl im Krankenhaus,
als auch im Bereich der niedergelassenen Ärzteschaft attraktiver
werden.
Dazu gehören die tariflichen Arbeitsbedingungen ebenso wie die
vertragsärztlichen und privatärztlichen Honorare. Insbesondere
Budgetierungen, Honorarkürzungen, überbordende Bürokratie und
Verordnungsregresse müssen verschwinden. Allein mit dem ver-
tragsärztlichen Honorar muss bei durchschnittlicher Patientenzahl
eine wirtschaftliche und auskömmliche Führung der Vertragsarzt-
praxen möglich sein.
Die schon jetzt bestehenden Probleme bei der Besetzung von
Vertragsarztsitzen, insbesondere im hausärztlichen Bereich, aber
auch in den Krankenhäusern und in fachärztlichen Versorgerpraxen,
werden sich absehbar in kurzer Zeit erheblich verschärfen, wenn
nicht sofort gegengesteuert wird.
Ausreichende Krankenhausfinanzierung
gewährleisten
Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert die
Bundesregierung auf, zukünftig eine ausreichende und nachhaltige
Krankenhausfinanzierung sicherzustellen. Hierzu gehören insbeson-
dere die volle Refinanzierung der Personalkosten sowie die volle
Bezahlung aller erbrachten Krankenhausleistungen. Fehlanreize
zur Erbringung von aus medizinischer Sicht nicht notwendigen
Leistungen sind unbedingt zu vermeiden.
Die in diesem Jahr beschlossenen Verbesserungen der Finanzaus-
stattung der Krankenhäuser halbieren für die Jahre 2013 und 2014
lediglich die Unterdeckung. Die Krankenhäuser benötigen jedoch
dauerhaft eine verlässliche Finanzierung.
Ohne auskömmliche Finanzierung der Kliniken sind weiterer Per-
sonalabbau und eine fortschreitende Arbeitsverdichtung unver-
meidbare Folgen, die letztendlich zu einer schlechteren Patienten-
versorgung führen werden.
Krankenhausplan NRW
Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert die
Krankenhausträger in Nordrhein auf, die Umsetzung des Kranken-
hausplanes NRW 2015 zu nutzen, medizinisch und wirtschaftlich
sinnvolle Kooperationen unter den Krankenhäusern zu entwickeln.
Die Ärztekammer bietet sich an, Gespräche zur regionalen Planung
zu begleiten.
Verbesserung der Versorgungssituation
von Menschen mit Demenzerkrankungen
im Krankenhaus
Bislang sind nur wenige Krankenhäuser auf die Versorgung und
besonderen Bedürfnisse von Patienten mit der Nebendiagnose
Demenz eingestellt. Dies bezieht sich sowohl auf die ärztliche,
die pflegerische als auch sozialmedizinische Versorgung. Bekannt-
lich nimmt die Zahl von Menschen mit Demenzerkrankungen stetig
zu. Bei einem Krankenhausaufenthalt entstehen für Patienten und
pflegende Angehörige der Patienten zusätzliche weitere schwere
Belastungen bis hin zu einer vorzeitigen Heimunterbringung und
Folgeerkrankungen der Angehörigen.
Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert
daher dringend ein Problembewusstsein bei den Krankenhäusern,
bei Verwaltung, Ärztinnen und Ärzten und Pflege. Politik und
Krankenkassen sind aufgerufen, die notwendigen finanziellen
Mittel für die Verbesserung der Versorgung bereitzustellen.
In Prävention investieren
Der neu gewählte Bundestag wird aufgefordert, möglichst schnell
ein Präventionsgesetz zu verabschieden. Auch wenn der vorliegende
Entwurf nur ein erster Schritt sein kann, ist es jedoch einer in die
richtige Richtung. Wenn jetzt nicht in die Prävention investiert wird,
wird in absehbarer Zeit durch die ansteigende Zahl der chronischen
Erkrankungen unser Gesundheitssystem in der derzeitigen Form nicht
mehr finanzierbar sein.
Abschaffung von Regressen
Die Kammerversammlung fordert Politik, Krankenkassen und
Kassenärztliche Vereinigung auf, Regresse abzuschaffen und für
Altfälle eine entsprechende Regelung zu treffen.
Durch teilweise Existenz gefährdende Regresse und die ständige
Bedrohung gerät ärztliches Handeln unter einen unerträglichen
ethischen Dauerkonflikt. Der Arzt muss in jedem Fall zwischen dem
medizinisch für den Patienten Notwendigen und dem von Budgets
begrenzten Erlaubten wählen. Nur so kann er Regressansprüche und
damit persönliche wirtschaftliche Nachteile vermeiden.
Diese Situation darf nicht länger hingenommen werden. Sie ist
für den Patienten und den Arzt unzumutbar. Sie schreckt den
ärztlichen Nachwuchs ab. Sie passt nicht in die Zeit zunehmenden
Ärztemangels.
Wegfall von „Beratung vor Regress“
Die Kammerversammlung beauftragt den Vorstand auf allen
Ebenen auf die Unerträglichkeit des ethischen Dilemmas für
Ärztinnen und Ärzte nach dem LSG Urteil vom 20.11.2013 zum
Wegfall von „Beratung vor Regress“ hinzuweisen und durch eine
Stellungnahme aus ethisch moralischer Sicht ein klares Signal für
die Kolleginnen und Kollegen zu setzen.
Notdienst
Der Ärztliche Notdienst in Nordrhein wird durch Ärztinnen und
Ärzte auf lokaler Ebene hervorragend organisiert und ausgeführt.
Im Gegensatz zu anderen Bundesländern funktioniert der Not-
dienst in Nordrhein weitestgehend problemlos und wird in seiner
aktuellen Form von unseren Mitgliedern und unseren Patienten
akzeptiert. Ggf. notwendige Änderungen und/oder Weiterent-
wicklungen müssen zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung
Nordrhein, der Ärztekammer Nordrhein und den Kolleginnen und
Kollegen vor Ort abgestimmt und einvernehmlich konsentiert
werden.
Entschließungen der Kammerversammlung