

Ärztekammer
Nordrhein
Jahresbericht 2014
| 17
Kammerversammlung
und Institutionen aber nicht“, sagte der Kammer-
präsident.
Nach seiner Überzeugung ist „die eigentliche
Triebkraft für Qualität das intrinsisch motivierte
Engagement der Ärztinnen und Ärzte und der an-
deren Gesundheitsberufe für Patientinnen und Pa-
tienten. Die eigentliche Triebkraft für Qualität ist
die Empathie, mit der wir den kranken Menschen
begegnen. Die eigentliche Triebkraft ist eine Hal-
tung, nicht eine institutionelle Lösung.“
Skeptisch äußerte sich Henke zum sogenannten
Pay-for-Performance-Ansatz, nach dem die Höhe
der Vergütung zum Beispiel der Klinikleistungen
von Qualitätsmessungen abhängig gemacht wer-
den soll: „Die Qualität des ärztlichen Handelns, die
Qualität der Patientenbetreuung ist immer mehr
als das, was man messen kann“, sagte er, „Insti-
tute können immer nur messen, Institute können
zählen. Die Wirklichkeit ist davon geprägt, dass es
Dinge gibt, die mehr zählen als das, was man zäh-
len kann: Das sind Werte.“ Außerdem sei es nicht
nachzuvollziehen, dass Vergütungsab- oder zu-
schläge zu besserer Qualität führen sollen. Henke:
„Ich finde diesen Pay-for-Performance-Ansatz ex-
trem schwierig.“
Dringender Reformbedarf
Die Kliniken sind nach Henkes Worten ein we-
sentlicher Teil der Daseinsvorsorge, deren Finan-
zierung der Staat für alle Bürgerinnen und Bürger
sicherzustellen hat. Doch rund die Hälfte der deut-
schen Krankenhäuser habe das Jahr 2013 mit roten
Zahlen abgeschlossen, die Uniklinika mit einem
Defizit von 160 Millionen Euro. Daher sieht der
Präsident bei der Krankenhausfinanzierung drin-
genden Reformbedarf. Eine wohnortnahe, flächen-
deckende Versorgung lasse sich mit dem heutigen
DRG-System nicht mehr dauerhaft gewährleisten.
Henke: „Auch die Versorgungssicherheit muss ei-
nen Preis haben.“ Das bedeute zum Beispiel Sicher-
stellungszuschläge für die Versorgung im länd-
lichen Raum.
Die Ärztinnen und Ärzte werden ihr hart er-
kämpftes Recht, arztspezifische Tarifverträge ab-
zuschließen, geschlossen verteidigen, erklärte der
Präsident. Die Gesetzespläne für eine sogenannte
Tarifeinheit nach dem Prinzip „Ein Betrieb – ein
Tarifvertrag“ könnten letztlich zu einem Streikver-
bot für Ärztinnen und Ärzte führen. Henke: „Das
darf nicht kommen. Die Kolleginnen und Kollegen
wollen sich vom Gesetzgeber nicht unter die Knu-
te einer Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft
zwingen lassen, die bei den Kolleginnen und Kolle-
gen wenig Zuspruch findet und deshalb eine weit-
gehend arztfreie Zone ist.“
Angesichts der seit Jahresbeginn intensiv geführ-
ten Debatte über Sterbehilfe setzte sich der Kam-
merpräsident dafür ein, jede Form der organisier-
ten Beihilfe zur Selbsttötung unter Strafe zu stellen.
Denn: „Jede organisierte Ermutigung zur Selbsttö-
tung kann zu einem gesellschaftlichen Klima bei-
tragen, in dem sich zum Beispiel pflegebedürftige,
schwer kranke oder behinderte Menschen ausge-
grenzt fühlen, indem sie sich als Bürde für die An-
gehörigen oder als finanzielle Last für die Gesell-
schaft empfinden – und damit in gewisser Weise zur
Selbsttötung gedrängt fühlen könnten. Das wollen
wir nicht.“ Im Rahmen der anstehenden Gesetzes-
änderung dürften Ärztinnen und Ärzte keinesfalls
direkt oder indirekt dazu verpflichtet werden, Er-
wartungen hinsichtlich einer Suizidbeihilfe ent-
sprechen zu müssen. Der Präsident wies auch auf
das berufsrechtliche Verbot des ärztlich assistierten
Suizids hin, ein strafrechtliches Verbot der nicht
organisierten Suizidbeihilfe hingegen lehnte er ab.
Tendenz zur Skandalisierung
Als Referent zum Thema „Ärzte, Medien, Öffent-
lichkeit – kränkelt die Kommunikation?“ sprach
der Journalist, Medien- und Kommunikationsbe-
rater Michael H. Spreng vor der Kammerversamm-
lung. Der langjährige Chefredakteur des Kölner
Express
und der
Bild am Sonntag
widmete sich der
Frage, warum sich Ärzte mit der Kommunikation
ihrer eigenen Interessen, besonders der materiellen
Interessen, häufig schwer tun.
„Viele, weil sie ungern über Geld sprechen, eini-
ge von ihnen, weil sie für etwas Geld nehmen, was
„Sprengsatz“ heißt das
Politik-Blog aus Berlin,
das der Journalist, Medien-
und Politikberater
Michael H. Spreng verant-
wortet. Auch vor der
Kammerversammlung
formulierte der ehemalige
Chefredakteur der „Bild am
Sonntag“ brisante
T
hesen.