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Ärztekammer

Nordrhein

Kammerversammlung

Terminbürokratie und Praxisschließungen

verhindern

Die Kammerversammlung lehnt Eingriffe in die freie Termin-

vergabe ebenso ab wie den Abbau von Arztpraxen in angeblich

überversorgten Gebieten. Beide Maßnahmen schwächen die

ambulante Versorgung und sind noch dazu hoch widersprüchlich.

Sie dürfen deswegen in einem „Versorgungsstärkungsgesetz“

keinen Platz haben. Stattdessen müssen die Rahmenbedingun-

gen für die ambulante ärztliche Versorgung wirksam verbessert

werden.

Regresse abschaffen

Die Kammerversammlung fordert die völlige Abschaffung von Re-

gressen für ärztliche Verordnungen. Ebenso fordert die Kammer-

versammlung den Gesetzgeber auf, auf die im sogenannten

„GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG)“

zusätzlich geplanten

Regressmöglichkeiten für Überweisungen und Arbeitsunfähig-

keitsbescheinigungen zu verzichten.

Den Arztberuf als Freien und unabhängigen Beruf

erhalten − einschränkende Regelungen im Versor-

gungsstärkungsgesetz werden abgelehnt

Der vorliegende Referentenentwurf zu einem „Versorgungs-

stärkungsgesetz“ vom 13.10.2014 enthält Regelungen, die eine

Einschränkung ärztlicher Freiberuflichkeit und Unabhängigkeit zur

Folge haben. Dies gilt für selbstständige und angestellte Ärzte.

Insbesondere soll der Tätigkeitsumfang zur vertragsärztlichen

Versorgung zugelassener Haus- und Fachärzte unter dem Aspekt

der Versorgung laufend und umfassend geprüft werden – auch im

Hinblick auf Terminvergabe und Wartezeiten. Ärzte werden mit

Sanktionen bedroht, wenn der Tätigkeitsumfang vermeintlich

nicht ausreichend sein sollte. Dadurch besteht die Gefahr, dass die

erforderliche Sorgfalt der ärztlichen Behandlung, nicht zuletzt im

Patientenrechtegesetz formuliert, nicht mehr möglich sein wird.

Die Bedrohung durch Regresse infolge von Wirtschaftlichkeits-

prüfungen für erbrachte und veranlasste Leistungen (Verordnung

von Heil- und Hilfsmitteln, Medikamenten, Klinikeinweisungen,

Überweisung zu technischen Leistungen, Arbeitsunfähigkeits-

bescheinigungen) soll regionalisiert, aber ausdrücklich bei-

behalten werden.

Das sozialtechnische Instrument der Prüfungen besonders auf

Grundlage von Durchschnittsvergleichen hat zur Folge, dass der

Arzt in seiner Verordnungsweise ständig unter Druck gesetzt wird,

gerade nicht unabhängig im Sinne des einzelnen Patienten zu

handeln, wie es nach ärztlichem Ethos und Berufsordnung geboten

wäre. Zugleich ist die Durchschnittsbetrachtung geeignet, das Ver-

ordnungsniveau stetig zu senken und damit eine Verschlechterung

der Versorgung zu bewirken.

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert vom

Gesetzgeber, auf jegliche Regelungen zu verzichten, die die Frei-

beruflichkeit und Unabhängigkeit selbstständiger und angestellter

Ärzte einschränken oder gefährden. Dies gilt auch für alle Bestim-

mungen, die die Organisation der Arzt-Patienten-Interaktion in

Klinik, Praxis und anderen Einrichtungen der Patientenbehandlung

betreffen. Insbesondere müssen gesetzliche Regelungen mit Bezug

auf Wartezeiten auf Arzttermine stets berücksichtigen, dass die

notwendigen Voraussetzungen für die erforderliche Sorgfalt in

der Arzt- Patienten-Beziehung gewährleistet bleiben. Das Ziel der

Verkürzung von Wartezeiten darf keinesfalls zu Lasten notwendiger

Behandlungsressourcen und der Sorgfaltspflicht gegenüber jedem

einzelnen Patienten gehen.

Die Ausübung des freien und unabhängigen Arztberufes im

Interesse unserer Patienten muss im Mittelpunkt stehen – und

nicht dirigistische Vorgaben von Körperschaften, Behörden wie

dem Gemeinsamen Bundesauschuss oder Krankenkassen. Wir

fordern entschieden, das im Gesetzentwurf zum Versorgungsstär-

kungsgesetz zu berücksichtigen. Der Gesetzentwurf ist deshalb in

zahlreichen kritischen Punkten gemeinsam mit der kurativ tätigen

Ärzteschaft grundlegend zu überarbeiten.

Psychotherapie ist eine genuin

ärztliche Tätigkeit

Die Ärztekammer Nordrhein möge alles in ihren Möglichkeiten

Stehende unternehmen, ärztliche Psychotherapie zu fördern.

Sie möge in der Ärzteschaft noch einmal in Erinnerung rufen,

dass Psychotherapie eine genuin ärztliche Tätigkeit ist und das

Gespräch integraler Bestandteil aller ärztlichen Berufsausübung.

Die Ärztekammer wird dies in der Außenwirkung gegenüber der

Politik, den Gremien und den Verbänden mit Nachdruck darstellen.

Damit die Stellung der ärztlichen Psychotherapie erhalten bleibt

bzw. weiter gefestigt wird, sollte die Ärztekammer Nordrhein

mit ihren Mitteln darauf hinwirken, dass bei der Durchführung/

Umsetzung der im aktuellen Referentenentwurf des

Versor-

gungsstärkungsgesetzes

vorgesehenen psychotherapeutischen

Sprechstunden verpflichtend die Nutzung spezifisch ärztlicher

psychotherapeutischer und psychosomatischer Kompetenzen

vorgesehen wird.

Versorgungsstärkungsgesetz:

§ 44 Abs. 4 SGB V: Anrufe von Krankenkassen

bei Arbeitsunfähigen

Die Einfügung eines Absatzes 4 in

§ 44 SGB V

:

„(4) Versicherte haben Anspruch auf eine umfassende Prüfung,

individuelle Beratung und Hilfestellung durch die Krankenkasse,

welche Leistungen und unterstützende Angebote zur Wiederher-

stellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich sind. Die Krankenkasse

darf die dazu erforderlichen personenbezogenen Daten nur mit

Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten

erheben, verarbeiten und nutzen“,

wird abgelehnt, da die be-

stehenden Regelungen, Arztanfragen gemäß Formularverein-

barung sowie die Vorstellung beim MDK ausreichen. Einer direkten

Überprüfung der ärztlichen Behandlung durch die Krankenkasse

unter Umgehung des MDK ist eine Absage zu erteilen. Direkte An-

rufe der Krankenkassen bei Arbeitsunfähigen verletzten die Rechte

der Patienten auf eine geschützte Arzt-Patienten-Beziehung.

Jahresbericht 2015

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Entschließungen der Kammerversammlung