

Gallenwegsläsion
denalnaht nach vorausgegangener Laparotomie, einer Zer-
störung der Hepaticusgabel mit Galleleckage sowohl des
rechten als auch des linken Ductus hepaticus. Nach Anlage
einer biliodigestiven Anastomose mit nachgehender sieben-
wöchiger aufwendiger intensivmedizinischer Behandlung
(bis 5. März) – einschließlich der Notwendigkeit einer Re-
spiratortherapie – wurde im Ergebnis eine Heilung herbei-
geführt.
Gutachtliche Beurteilung
Die am 9. Dezember durchgeführte laparoskopische Chole-
zystektomie wurde nach dem Operationsbericht regelge-
recht vorgenommen. Da eine Verletzung der gebotenen
Sorgfaltspflicht nicht zu ermittelnwar, konnte die Gutachter-
kommission insoweit keinen vorwerfbaren Behandlungs-
fehler feststellen. Eine Gallenwegsläsion kann auch bei
sorgfältigem Vorgehen nicht immer vermieden werden.
Anders liegt es bei der stationären Behandlung in der be-
schuldigten Klinik ab 20. Dezember. Angesichts der aufge-
tretenen Beschwerden mit heftigen Bauchschmerzen und
deutlichen durch Leukozytose und CRP-Anstieg bewiese-
nen Entzündungszeichen bestand Anlass zu einer konse-
quenten sachverhaltsklärenden Untersuchung, die unterlas-
sen wurde. Die behandelnden Ärzte durften sich nicht auf
die zunächst durchgeführte Sonographie verlassen, die an-
geblich keine Auffälligkeiten zeigte. Für die Kommission
war es unverständlich, dass die Zeit bis zum 27. Dezember
verstrich, ohne dass eine weitere Untersuchung (Kontroll-
sonographie oder eine CT bzw. ERCP) stattfand. Die für die
Befundklärung sehr geeignete ERCP wurde aus nicht nach-
vollziehbaren Gründen erst am 7. Januar durchgeführt.
Auch die am 29. Dezember vorgenommene Bauchhöhlen-
punktion, bei der 2,5 l galliges Sekret gewonnen wurde, er-
folgte mit unvertretbarer Verzögerung. Die nicht rechtzeitige
diagnostische Klärung führte zugleich zur vermeidbaren
Verzögerung der späteren operativen Revision.
Die erste revidierende Operationsmaßnahme am 9. Januar
wurde laparoskopisch vorgenommen und führte irrtümlich
zur Annahme einer Komplikationsbehebung hinsichtlich
einer Galle-Leckage. Die zweite Revision am 13. Januar
wurde ebenfalls laparoskopisch begonnen.Auch die Fortset-
zung in offener Operationsform war erfolglos, so dass die
Patientin schließlich in die chirurgische Universitätsklinik
zwecks endgültiger Klärung der Diagnose und Sanierung
verlegt wurde.
Da bei geplanten und erforderlichen Revisionseingriffen et-
wa imVierwochen-Intervall von vornherein von eingriffsbe-
dingten Verwachsungen und örtlichen Entzündungsreak-
tionen auszugehen ist, wird regelmäßig die Anwendung der
laparoskopischen Eingriffstechnik imWiederholungsfall als
ungeeignet zu beurteilen sein. Jedenfalls war der Eingriff am
13. Januar unzureichend und nicht regelgerecht. Die Ope-
rationsschritte sind nicht immer nachzuvollziehen. Das gilt
ferner für die Duodenotomie mit dem erfolglosen Versuch
einer retrograden Gallengangsdarstellung. Mangelhaftes
technisches Vorgehen und fehlende Sorgfalt sind nach An-
sicht der Kommission ursächlich für die Erfolglosigkeit, die
bei der Galle-Leckage schon ab dem 20. Dezember einer
Revisionslaparotomie bedurft hätte.
Zusammenfassung
Die Gutachterkommission kommt bei ihrer Beurteilung ins-
gesamt zu der Annahme eines vorwerfbaren groben Be-
handlungsfehlers. Die diagnostischen Maßnahmen zur
Feststellung der Gallenwegsläsion waren unzureichend und
führten damit zu einer vermeidbaren erheblichen zeitlichen
Verzögerung der Diagnose und der operativen Sanierung.
Bei beiden revidierenden Operationsmaßnahmen der be-
schuldigten Klinik war die inadäquate eingriffstechnische
Vorgehensweise zu beanstanden. Die Klinik hätte zudem
die Patientin wesentlich früher verlegen müssen, wenn ihre
diagnostischen Möglichkeiten zeitlich nicht eher verfügbar
gewesen sein sollten.
Als Gesundheitsschaden hat die Kommission die bis zum
5. März dauernden vermeidbaren schweren gesundheitli-
chen Belastungen, auch durch die Respiratortherapie, fest-
gestellt, die bei rechtzeitigem sachgerechten diagnostischen
und operativen Vorgehen vermieden worden wären.
Herbert Weltrich und Wilfried Fitting
Gutachtliche Entscheidungen
87