

Ärztekammer
Nordrhein
Jahresbericht 2016
| 19
Kammerversammlung
„Masterplan Medizinstudium 2020“
Pläne zur Reform des Medizinstudiums erläuter-
te der Leitende Ministerialrat Dr. Frank Stollmann
vom NRW-Gesundheitsministerium. Sie gehen zu-
rück auf den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und
SPD des Jahres 2013. Darin ist vereinbart, dass die
Gesundheitsminister und die Wissenschaftsminis-
ter von Bund und Ländern einen „Masterplan Me-
dizinstudium 2020“ entwickeln. Als Ziele sind im
Vertrag eine zielgerichtetere Auswahl der Studien-
platzbewerber, mehr Praxisnähe und eine Stärkung
der Allgemeinmedizin im Studium genannt.
Nach mehreren Arbeitssitzungen auf Abteilungs-
leiterebene und einer „Redaktionsklausur“ war die
Abstimmung zwischen den beteiligten Ministerien
im Bund und in 16 Ländern im März 2016 noch
nicht abgeschlossen. In den Grundsätzen wie in
den Details sei noch vieles streitig, sagte Stollmann.
Man habe sich geeinigt, dass Zwischen- oder Teil-
ergebnisse nicht veröffentlicht werden. Unterdessen
wurde nach der Gesundheitsministerkonferenz der
Länder Ende Juni 2016 bekannt, dass das prakti-
sche Jahr (PJ) in vier Abschnitte zu je drei Mona-
ten geteilt und auf diese Weise ein verpflichtendes
Quartal in der ambulanten Versorgung eingeführt
werden soll. Dieses müssen die Studierenden zwar
nicht in der Allgemeinmedizin absolvieren, obliga-
torisch soll künftig für alle jedoch nach dem PJ eine
Prüfung (M3) in der Allgemeinmedizin sein.
Der Masterplan solle dem quantitativ und quali-
tativ veränderten Versorgungsbedarf Rechnung tra-
gen, sagte Stollmann. Offen sei, ob dies auch eine er-
höhte Zahl von Studienplätzen bedeutet. Es sei das
zentrale Interesse der Gesundheitspolitik, dass die
Medizinischen Hochschulen genügend ärztlichen
Nachwuchs für den niedergelassenen Bereich eben-
so wie für die Krankenhäuser ausbilden.
Zur Auswahl von Studierenden hat der Bund ein
juristisches Gutachten vergeben, wie Stollmann be-
richtete. Darin wird untersucht, welche rechtlichen
Möglichkeiten es für eine sogenannte Landarzt-
quote gibt. Darunter ist ein Anteil von 10 Prozent
aller Medizinstudienplätze zu verstehen, der für
Studierende reserviert wäre, die sich vertraglich
verpflichten, sich nach der Facharztweiterbildung
für eine bestimmte Zahl von Jahren in ländlichen
Regionen niederzulassen. Eine solche Vorabquote
lasse sich laut Gutachten verfassungskonform aus-
gestalten, berichtete Stollmann, die rechtliche und
politische Diskussion sei jedoch nicht abgeschlos-
sen. Die Gesundheitsminister bekräftigten im Juni
ihre Forderung nach einer Landarztquote.
Was die Praxisnähe des Studiums angeht, so
weist nach Stollmanns Worten der Nationale Kom-
petenzbasierte Lernzielkatalog Medizin den Weg.
Die Ausbildung soll kompetenzorientiert und wis-
senschaftlich auf die künftigen beruflichen Rollen
vorbereiten, die ärztliche Gesprächsführung soll als
zentrales Element der ärztlichen Tätigkeit stärker
im Studium verankert werden. Die Stärkung der
Allgemeinmedizin soll durch Vermittlung allge-
meinmedizinischer Inhalte und Kompetenzen im
gesamten Studium stattfinden. Neben der Einfüh-
rung von Pflichtquartalen bzw. -tertialen ist auch
die Einrichtung von Professuren und Instituten für
Allgemeinmedizin politisch umstritten.
„Theorie und Auswendiglernerei“
Das derzeitige Studiumgleiche „einemmehr theo-
retischen als praktischen Abarbeiten von Pflichten,
die die Kernkompetenzen des Arztberufs nur am
Rande streifen“, sagte Lauritz Blome, Bundeskoor-
dinator der Arbeitsgemeinschaft Gesundheitspoli-
tik der Bundesvertretung der Medizinstudierenden
in Deutschland (bvmd): „Theorie und Auswendig-
lernerei stehen im Vordergrund.“ Resultat sei eine
mehr schlechte als rechte Vorbereitung auf die Assis-
tenzarztzeit. Blome forderte mehr Praxisnähe, was
konkret bedeute, das Studium von unnötigem Fach-
arztwissen zu befreien und auf ein Kerncurriculum
zu fokussieren. „Es bedeutet, nicht nur Wissen ab-
zufragen, sondern auch ärztliche Kompetenzen ab-
zuprüfen“, sagte der bvmd-Vertreter, „dafür brau-
chen wir letztlich auch kompetenzorientierte Prü-
fungen, die fächerübergreifende Fähigkeiten wie
beispielsweise das Sonografieren abprüfen.“ Auch
sollen kommunikative Kompetenzen stärker in den
Fokus des Studiums rücken. Blome: „Ohne die Grund-
lagen der ärztlichen Übergabe, Anamnese oder Ge-
sprächsführung anwenden zu können, werden wir
unserem Patienten keinen guten Dienst tun.“
Dem veränderten Ver-
sorgungsbedarf Rechnung
tragen will Dr. Frank
Stollmann, Leitender
Ministerialrat im Minis-
terium für Gesundheit,
Emanzipation, Pflege und
Alter des Landes Nordrhein-
Westfalen.