

Ärztekammer
Nordrhein
Jahresbericht 2016
| 17
Kammerversammlung
„Dass unser Kammervorstand die Reform des
Medizinstudiums als so wichtig eingestuft hat,
dass wir diesem Thema heute einen eigenen Tages-
ordnungspunkt widmen, das freut mich sehr. Wir
stellen uns der Verantwortung für die nachwach-
sende Generation von Ärztinnen und Ärzten“, sagte
der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf
Henke, in seinem Bericht zur berufs- und gesund-
heitspolitischen Lage. Die Medizinstudierenden
setzen nach seinen Worten viel Herzblut, Energie
und Disziplin ein, um einen ganz besonderen Beruf
zu ergreifen: „Einen Beruf mit einer langen Tra-
dition, der über unverwechselbare Merkmale ver-
fügt, die ihn von anderen Berufen unterscheiden.
Ärztinnen und Ärzte sind mehr als Experten für
Gesundheit und Krankheit − sie sind Personen des
Vertrauens für ihre Patientinnen und Patienten.“
Den guten Arzt, die gute Ärztin zeichne neben der
medizinischen Fachkompetenz eine ethisch fun-
dierte Haltung aus: „Die Patienten ernst nehmen,
Fürsorge und Respekt aufbringen, dialogfähig sein,
auch die eigenen Grenzen erkennen – das sind ei-
nige der wesentlichen Elemente unseres Leitbildes
vom Arztberuf, und allein das schon ist ein an-
spruchsvolles Profil.“
Viele Kolleginnen und Kollegen sehen nach den
Worten des Kammerpräsidenten derzeit „den ge-
schützten Freiheitsraum gefährdet, der die not-
wendige Bedingung für eine persönliche, vertrau-
ensvolle Patient-Arzt-Beziehung ist. In der Tat sind
solche Gefährdungen allgegenwärtig, und als Ärzte-
kammer treten wir solchen Tendenzen entgegen.“
Das gelte auch für Forderungen nach einer Einschrän-
kung der ärztlichen Schweigepflicht, wie sie imMärz
2016 rund um den Jahrestag der Germanwings-
Katastrophe erhoben wurden, bei der ein erkrank-
ter Pilot den Absturz des Flugzeugs absichtlich
herbeigeführt hatte. „Ich bin völlig damit einver-
standen, dass Konsequenzen gezogen werden“,
sagte Henke, „regelmäßige flugmedizinische Un-
tersuchungen der Piloten, die auch die psychische
Gesundheit einschließen, oder kürzere Untersu-
chungsintervalle bei auffälligen Befunden, auch
eine flugmedizinische Datenbank, auf die medizi-
nische Experten des Luftfahrtbundesamtes Zugriff
hätten, die der ärztlichen Schweigepflicht unterlie-
gen.“
Forderungen nach einer generellen Aufweichung
der ärztlichen Schweigepflicht jedoch schießen
nach Auffassung des Kammerpräsidenten über das
Ziel hinaus: „Situationen, in denen ein Mensch
andere in den Tod reißen kann, gibt es in unserer
arbeitsteiligen, hochvernetzten industrialisierten
Gesellschaft sehr, sehr viele.“ Eine Aufhebung der
Schweigepflicht bei allen, die eine Gefährdung aus-
lösen können, sei „hoch fragwürdig“: „Wir wollen
doch, dass Patienten ihre Beschwerden rückhaltlos
offenbaren, wenn sie zum Arzt gehen, weil sie da-
rauf vertrauen können, dass der Arzt die ihm anver-
trauten Geheimnisse für sich behält, wenn das ir-
gend möglich ist.“ Die Behandlung etwa einer de-
pressiven Erkrankung bedeute eine Risikovermin-
derung. Wenn aber der Patient befürchten müsse,
dass der Arzt die Erkrankung gegenüber dem Arbeit-
geber offenbart, werde er die Behandlung scheuen.
Die Wahrung des Patientengeheimnisses ist nach
Meinung des Kammerpräsidenten auch bei der Di-
gitalisierung des Gesundheitswesens eine Conditio
sine qua non. „Umso erschreckender sind die Me-
dienberichte, nach denen kriminelle Datendiebe
mit relativ einfachen Mitteln an Patientendaten
gelangen können, die bei einer großen Kranken-
kasse gespeichert sind“, sagte Henke, „es darf nicht
sein, dass Patientendaten schlechter vor kriminel-
Verantwortung für die nachwachsende
Generation
Die aktuelle berufs- und gesundheitspolitische Lage, der „Masterplan Medizinstudium 2020“
und eine angemessene Repräsentanz von Frauen in den Gremien der Kammer waren die zentralen
Themen bei der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein am 19. März 2016 in Düsseldorf.
Der „Masterplan Medi-
zinstudium 2020“ war
ein wichtiges
T
hema der
Kammerversammlung.
Der Präsident der Ärzte-
kammer Nordrhein,
Rudolf Henke (Mitte),
begrüßte aus diesem Anlass
Vertreter der Medizin-
studierenden im
Düsseldorfer Haus der
Ärzteschaft: (v.l.n.r.)
Raphael Menke vom
Sprecherrat der Medizin-
studierenden des Mar-
burger Bundes, Sukhdeep
Arora, Präsident der
Bundesvertretung der
Medizinstudierenden in
Deutschland (bvmd),
Myriam Heilani, Stell-
vertretende Bundeskoordi-
natorin der Arbeitsgemein-
schaft Medizinische Aus-
bildung der bvmd, Lauritz
Blome, Bundeskoordinator
der Arbeitsgemeinschaft
Gesundheitspolitik der
bvmd.