gen: Herr Streich, was ihr macht, das gefällt
uns“, sagt der Trainer.
Für manchen Beobachter
der Bundesliga ist
Streich ein impulsiver und kauziger Zeitge-
nosse. Es ist ein Image, das ihm nicht behagt.
„Manchmal ärgere ich mich, wenn ich völlig
ruhig coache und hinterher im Fernsehen
die einzige Szene, in der ich mich aufgeregt
habe, gezeigt wird“, so Streich.
Wenn der Coach
über seinen Beruf erzählt,
dann klingt er manchmal wie ein staunen-
des kleines Kind im Spielzeugladen. „Es ist
solch ein Hype im Fußball“, erzählt er. „Es
ist wahnsinnig toll, Trainer zu sein. Aber
es ist auch wahnsinnig anstrengend.“ Für
Christian Streich steht stets das Kollektiv im
Vordergrund. Herausragende Individualisten
sucht man in der Freiburger Mannschaft ver-
geblich. „Das Ziel, das über allem steht, ist
der Nichtabstieg. Es wird sich zeigen, wie
wir mit Lob umgehen können“, sagt der
47-Jährige.
Mit nur 20 Gegentoren
(Stand nach dem 20.
Spieltag) stellt der SC Freiburg die zweitbes-
te Defensive der Liga. Nur der FC Bayern kas-
sierte weniger Treffer (sieben). Der Schlüssel
zum Erfolg: Unter Streich praktiziert der
Sport-Club im 4-4-2-System ein offensives
Pressing, lässt den Gegner häufig erst gar
nicht in die torgefährlichen Räume eindrin-
gen und beginnt mit dem Verteidigen ganz
vorne. „Die Jungs arbeiten sehr gut. Mit mir
hat das nichts zu tun“, gibt sich Streich ge-
wohnt bescheiden. Doch die Statistik zeigt:
Unter seiner Regie kassierte das Team bisher
nur 1,14 Gegentore pro Spiel – halb so viele
wie unter Vorgänger Marcus Sorg (2,29), we-
niger als unter Volker Finke (1,61) und Robin
Dutt (1,60). Dennoch: „Es kann durchaus
mal eine Phase geben, in der wir mehr Ge-
gentore bekommen“, sagt Freiburgs Coach
zurückhaltend.
Timo Frers
V
or etwas mehr als 13 Monaten
übernahm er beim damaligen
Tabellen-Schlusslicht im Breisgau,
schaffte den Verbleib in der Liga
und wurde fast zum Trainer des Jahres 2012
gewählt.
Bodenständigkeit
ist ihm wichtig. Er fährt
nach Heimspielen gerne mit dem Fahrrad
nach Hause. Dabei ist das Leben von Chris-
tian Streich, der seit 1995 als Trainer der
A-Jugend und sportlicher Leiter der Fußball-
schule beim SC tiefe Spuren hinterlassen hat
und zuletzt als Co-Trainer des Profiteams
wirkte, seit seiner überraschenden Ernen-
nung zum Bundesliga-Coach stärker in den
Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Einen fun-
damentalen Unterschied zu seiner früheren
Arbeit sieht er aber nicht. Anders seien nur
die Rahmenbedingungen: „Es schauen mehr
Menschen zu, und überall sind Kameras.“
Im vergangenen Winter,
als Streich den Sport-
Club in der brenzligen Situation am 29.
Dezember 2011 mit nur drei Siegen aus 17
Spielen und dem Abgang von Top-Torschütze
Papiss Demba Cissé übernahm, schien der
vierte Abstieg aus der Bundesliga nahezu
besiegelt. Mit ihm gelang jedoch die Sensa-
tion: Die Freiburger holten in der Rückrunde
27 Punkte, verloren kein Heimspiel mehr,
blieben zehn Spiele in Folge unbesiegt und
beendeten die Saison auf Platz 12. Diese
beeindruckende Leistung der Mannschaft
war in erster Linie ein Verdienst von Streich.
Er hauchte ihr neues Leben ein und formte
wieder einen ambitionierten Bundesligisten.
Die deutschen Sportjournalisten belohnten
diesen Erfolg bei der Wahl zum Trainer des
Jahres 2012 mit Platz drei.
Für viele Fußball-Fans
war Streich sogar der
Beste auf den Bundesliga-Bänken – trotz
Jürgen Klopp, der mit Borussia Dortmund
das Double gewann und in der Champions
League begeisterte. „Ich genieße diese Aner-
kennung und freue mich, wenn die Leute sa-
Christian Streich ist ein echter Typ. Er hat ein
bewegtes erstes Jahr als Cheftrainer des SC
Freiburg hinter sich.
Der
etwas
andere
Trainer
BUNDESLIGA-HEIMSPIEL
WERDER MAGAZIN 301 29
1...,19,20,21,22,23,24,25,26,27,28 30,31,32,33,34,35,36,37,38,39,...88