WERDER MAGAZIN:
Sokratis, wie schwer
fällt es dir im Moment, die gute Laune und das
positive Denken zu bewahren?
SOKRATIS:
Keine Frage: Ich hätte in Düssel-
dorf gerne gespielt. Die Verletzung war sehr
ärgerlich. Aber die Mannschaft hat die vie-
len Ausfälle insgesamt gut weggesteckt. Es
ist in der derzeitigen Situation wichtig, dass
wir uns immer voll auf das nächste Spiel
konzentrieren und alle anderen Gedanken
ausblenden.
Welche Erfahrungen aus deiner bisherigen Kar-
riere helfen dir dabei?
Ich habe gelernt, dass einem der Fußball
oft mehr Kummer als Freude bereitet… Ich
hatte bei allen Clubs auch schwierige Zeiten.
Werder ist ein Verein mit langer Tradition
und vielen Erfolgen. Aber jede Mannschaft
macht mal eine schwächere Phase durch.
Wir durchschreiten derzeit eine solche Tal-
sohle. Es werden wieder bessere Zeiten kom-
men. Davon bin ich überzeugt.
Einige Beobachter meinen: Wenn alle auf dem
Spielfeld so kämpfen würden wie du, dann
würdet ihr in dieser Saison bereits mehr Punk-
te haben…
(lacht)
Das kann man so nicht sagen. Alle in
der Mannschaft versuchen, auf dem Spiel-
feld immer 100 Prozent zu geben, das hat
man gerade in Düsseldorf wieder gesehen.
Ich denke, dass vor allem das Zusammen-
spiel noch besser klappen muss. Wenn wir
noch besser eingespielt sind, dann werden
wir auch erfolgreich sein.
Dennoch: Was ist der Grund für deinen unbän-
digen und herausragenden Kampfgeist?
Das ist sicher zu einem großen Teil in der grie-
chischen Kultur und in unserer Mentalität
begründet. Wir Griechen sind Kämpfer, ein
Volk, das immer alles geben will, sehr ungern
verliert. Das sieht man zum Beispiel auch in
der griechischen Nationalmannschaft. Ich
hatte schon als Kind diese Einstellung.
Wie stark kannst du Einfluss nehmen und die
anderen mit deiner Mentalität anstecken?
Natürlich ist es wichtig, dass man versucht,
den Kampfgeist, den man selbst vorlebt,
auch den Mitspielern zu vermitteln. Das
mache nicht nur ich, sondern auch andere
in unserer Mannschaft versuchen das. Aber
vieles ist einfach eine Frage der Mentalität,
nicht jeder ist dafür in jedem Spiel empfäng-
lich und schafft es, dauerhaft diesen Kampf-
geist an den Tag zu legen.
Dir gelingt es, dich nicht nur in der Defensive
vorbildlich einzusetzen, sondern immer wieder
auch die Offensive anzutreiben. Wie entschei-
dest du, ob du mit nach vorne gehst?
Wenn ich merke, dass wir in der Abwehr
sicher stehen, dann versuche ich, auch mal
aus dem Spiel heraus mit nach vorne zu ge-
hen und den Angriff zu unterstützen. Im
modernen Fußball muss jeder Abwehrspieler
technisch in der Lage sein, auch im Angriff
mithelfen zu können. Umgekehrt kann es
sich heute keine Mannschaft mehr leisten,
dass die Angreifer nicht in der Defensive hel-
fen. Auch das versuchen wir.
Wie gut kannst du mittlerweile auf Deutsch
die anderen Spieler mitreißen?
Auf dem Spielfeld kann ich mich ohne Ein-
schränkungen mit jedem verständigen. Da
gibt es keine Probleme. Durch den regelmä-
ßigen Unterricht wird mein Deutsch im nor-
malen Alltag außerhalb des Fußballs auch
immer besser. Nur für längere Interviews
reicht es noch nicht. Da tue ich mich noch
etwas schwer.
Kürzlich wurden Verwandte von dir, die in
Deutschland wohnen, beim Training gesichtet…
Das war die Familie des Cousins meines
Opas, also eher etwas entferntere Verwand-
te
(lacht)
. Sie leben in der Nähe von Mün-
chen. Ich habe sie zum ersten Mal gesehen.
Aber das ist auch typisch griechisch: Wir
versuchen in unserer Familie auch zu ent-
fernteren Verwandten eine gute Beziehung
zu pflegen.
Bevor du zu Werder gekommen bist, hast du in
Italien gespielt. Hast du die italienische Spra-
che schneller gelernt als Deutsch?
Das habe ich, aber das liegt nicht direkt an
den beiden Sprachen, sondern einfach daran,
dass es hier in Deutschland viele Griechen
gibt, mit denen ich Griechisch sprechen
kann. In Italien war das anders.
Und wie wichtig waren deine Landsleute für
die Eingewöhnung in Bremen?
Es hat geholfen, aber ich gehe nicht so viel
aus, habe meistens lieber meine Ruhe. Das
Wichtigste ist für mich meine Familie.
Was hat dir sonst dabei geholfen, dass du dich
beim SV Werder wohlfühlst?
Für einen Spieler ist es immer besonders
wichtig, in der Startelf zu stehen. Ich bin
mit dem AC Mailand italienischer Meister
geworden, habe aber nicht so oft von Anfang
an gespielt. Für die Mannschaft habe ich
Erfahrener Profi
Sokratis sagt: „Es
ist in der derzeitigen Situation wichtig,
dass wir uns immer voll auf das
nächste Spiel konzentrieren.“
s
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INTERVIEW