Hotels und Trainingsplätze und beurteilte
die Bedingungen in Jerez de la Frontera und
Chiclana danach als „sehr gut“.
Die Trainingslager
selbst nutzte er nun zum
intensiven Kontakt mit beiden Werder-
Teams: „Ich konnte die Spieler mal über
einen längeren Zeitraum hautnah erleben,
das Training beobachten. Es ist immer in-
teressant, wie sich eine Mannschaft und
auch einzelne Spieler in einem so wichtigen
Zeitraum wie der Vorbereitung verhalten
und entwickeln, auf bestimmte Situationen
reagieren.“
In Bremen
sind Trainingsbesuche aufgrund
der Vielzahl seiner Aufgaben für Frank Bau-
mann nicht die Regel. Dort beginnt der Ar-
beitstag im Büro im Weser-Stadion meist spä-
testens um 8.30 Uhr. Viele Meetings bestim-
men den Alltag des Ex-Profis. „Vor allem die
Koordination des Scoutings erfordert zahl-
reiche und regelmäßige Gespräche“, erklärt
Baumann. „Es geht darum: Wo, wann und
wen ‚scouten‘ wir? Dafür tausche ich mich
mit unseren Scouts aus, sichte Angebote von
Beratern, sammele und kategorisiere Infor-
mationen – am Telefon und im persönlichen
Dialog.“ Anschließend wird entschieden,
welche Spieler live und direkt vor Ort beob-
achtet werden. „Wir beraten immer im Team,
was wichtig ist, welche Prioritäten wir set-
zen, wo kurzfristig, mittelfristig und lang-
fristig Bedarf besteht“, verrät Baumann und
erklärt die Komplexität dieser Arbeit: „Wir
planen die Zusammenstellung der Mann-
schaften immer über die nächsten Jahre.“ Ist
das Interesse an einem Spieler bereits kon-
kreter, sollen schon erste Gespräche geführt
werden, dann begibt sich Frank Baumann
auch schon mal selbst auf Beobachtungstour.
Wichtig ist dabei
vor allem ein großes Netz-
werk mit guten Kontakten, um zu spüren,
welche Möglichkeiten es gibt, Spieler zum
SV Werder zu holen. Um zu wissen: Wo
laufen Verträge aus? Wo sind Spieler unzu-
frieden und wollen den Verein wechseln?
Die Scouting-Mitarbeiter der Grün-Weißen,
die viel in den Stadien unterwegs sind, re-
gelmäßig Trainer und Berater treffen, sind
ein wichtiger Teil dieses Netzwerks. „Infor-
mationen sind das A & O“, betont Baumann,
der in seinem jetzigen Job von den vielen
Kontakten profitiert, die er bereits als akti-
ver Fußballer knüpfte – mit ehemaligen Mit-
spielern, mit Trainern, mit Verantwortlichen
der Clubs. „Ich habe allerdings auch die Er-
fahrung gemacht, dass sich das notwendige
Netzwerk enorm schnell aufbaut, wenn man
bei einem Verein in entsprechender Position
arbeitet“, erzählt Baumann. „Und man lernt
auch sehr schnell einzuschätzen, was inter-
essant und wer seriös ist.“
Nicht nur
die vielen Kontakte aus mittler-
weile gut 20 Jahren Fußballgeschäft zahlen
sich für den zweifachen Familienvater heute
aus, auch die Erfahrungen als langjähriger
Kapitän des grün-weißen Bundesliga-Teams,
die Erfahrungen im Führen von Mitspielern.
„Gewisse Grundprinzipien, die mir früher als
Kapitän schon wichtig waren, versuche ich
auch jetzt beim Führen meiner Mitarbeiter
zu beherzigen“, so Baumann. „Ich will sie
für die Arbeit begeistern, sie von dem, was
wir vorhaben, überzeugen und vor allem
vorleben, was ich von ihnen erwarte, und
ihnen Wertschätzung für das
Geleistete entgegenbringen.“ Ein
guter Teamgeist sei dabei – genau
wie früher – unerlässlich, betont
er. Und die Verantwortung ist heu-
te wesentlich größer als früher als
Mannschaftskapitän.
Keine Frage:
Frank Baumann hat
den Übergang vom aktiven Fuß-
ball-Profi zum ‚Leben danach‘ auf
beeindruckende Weise geschafft.
Man merkt ihm an, dass der der-
zeitige Job zum jetzigen Zeitpunkt
genau der richtige ist. Sein Tipp
für alle, die ihm nachfolgen: „Man
sollte sich bereits als aktiver Fuß-
baller mit der Zeit nach der Karri-
ere auseinandersetzen, offen sein
für Neues, man muss neugierig
sein, viele Fragen stellen. Das war
bei mir der Fall. Und mir war auch
bewusst, dass die Aufgaben zeit-
lich noch intensiver werden als
während der Fußballer-Zeit.“
Bei aller Leidenschaft
und Begeisterung für
die derzeitige Arbeit – wie lange Frank Bau-
mann diesen Posten bekleiden wird, will er
nicht prognostizieren. Denn: „Ich kann mir
sehr wohl vorstellen, zukünftig auch noch
einmal eine ganz andere Aufgabe zu über-
nehmen, da ich es noch immer spannend fin-
de, Neues kennenzulernen.“ Die Trainer-A-
Lizenz zu erwerben und seinen Sohn Moritz
ein Jahr lang zu trainieren, um Erfahrungen
als Jugendcoach zu sammeln, könnte eine
reizvolle Aufgabe sein. „Und selbst wenn
mir das nicht so gut gefallen sollte: Auch
als Sportdirektor oder Manager, egal, ob im
Profi- oder im Nachwuchsbereich, kann man
von Erfahrungen als Trainer profitieren“,
weiß ‚Baumi‘. „Schließlich hat man in ver-
antwortlicher Position einen großen Einfluss
auf die Spielidee eines Teams und kann Ar-
beit und Gedanken des jeweiligen Trainers
mit eigenen Erfahrungen in diesem Bereich
noch besser verstehen.“
Martin Lange
„Ich wollte von
Beginn an
möglichst breit
aufgestellt sein.“
Foto: nordphoto
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