OLG Hamm: Unzula¨ssige Werbung
einer Postenbo¨rse mit durchgestri-
chenen „Statt“-Preisen
Die Werbung einer sog. Postenbo¨rse mit
durchgestrichenen „Statt“-Preisen ist
mehrdeutig und damit irrefu¨hrend, wenn
nicht klargestellt ist, um was fu¨r einen
Vergleichspreis es sich bei dem durch-
gestrichenen Preis handelt, und wenn
nicht alle in Betracht kommenden Bedeu-
tungen der Werbeaussage zutreffen. Das
hat das OLG Hamm am 24. 1. 2013 – 4
U 186/12 entschieden und damit in
Aba¨nderung des erstinstanzlichen Urteils
des LG Mu¨nster eine zuvor erlassene
einstweilige Verfu¨gung besta¨tigt.
Die Antragstellerin ist eine Warenhan-
delsgesellschaft aus Bielefeld, die Waren
unterschiedlichster Art, u. a. Haushalts-
waren, importiert und u¨berregional ver-
treibt. Sie hat vom Antragsgegner, dem
Betreiber einer sog. Postenbo¨rse in
Schu¨ttorf, verlangt, es zu unterlassen, fu¨r
angebotene Artikel mit durchgestriche-
nen, nicht na¨her erla¨uterten „Statt“-Prei-
sen zu werben. Das LG hatte zuna¨chst ei-
ne dem Begehren entsprechende einst-
weilige Verfu¨gung erlassen, diese mit dem
angefochten Urteil aber wieder aufgeho-
ben, weil sich die beanstandete Prospekt-
werbung des Antragsgegners nicht auf
Markenware beziehe und deswegen nicht
mehrdeutig und irrefu¨hrend sei.
Auf die Berufung der Antragstellerin hat
das OLG Hamm den wettbewerbsrecht-
lichen Unterlassungsanspruch der An-
tragstellerin besta¨tigt. Die beanstandete
Werbung mit einem nicht na¨her erla¨uter-
ten „Statt“- Preis sei irrefu¨hrend. Sie sei
mehrdeutig und ko¨nne von einem durch-
schnittlich informierten und versta¨ndigen
Verbraucher in einem den tatsa¨chlichen
Verha¨ltnissen nicht entsprechenden Sinne
verstanden werden.
Die Werbung ko¨nne einerseits den Ein-
druck vermitteln, es handele sich bei dem
durchgestrichenen „Statt“-Preis um einen
fru¨her von der Postenbo¨rse selbst gefor-
derten Preis, der nunmehr gegenstandslos
sei. Um solche Preise gehe es nach dem
Vortrag des Antragsgegners.
Ein Verbraucher ko¨nne aber andererseits
auch annehmen, bei dem durchgestriche-
nen „Statt“-Preis handele es sich nicht um
einen fru¨heren Preis der Postenbo¨rse,
sondern um einen vom regula¨ren Einzel-
handel u¨blicherweise oder fru¨her gefor-
derten Preis. Sog. Postenbo¨rsen bo¨ten
nach landla¨ufigem Versta¨ndnis u. a. als
Wiederverka¨ufer Restposten, Zweite-
Wahl-Ware, Ladenhu¨ter, Auslaufmodel-
le und A¨ hnliches an, und zwar zu gegen-
u¨ber dem „regula¨ren“ Einzelhandel deut-
lich niedrigeren Preisen, worauf der po-
tenzielle Kunde einer solchen Postenbo¨rse
gesteigerten Wert lege.
Werde nun mit der dargestellten Mehr-
deutigkeit fu¨r die Artikel geworben, mu¨s-
se der Werbende die verschiedenen Be-
deutungen der Werbung gegen sich gel-
ten lassen, d. h. jede einzelne Angabe
mu¨sse wahr sein, andernfalls sei sie – wie
im vorliegenden Fall – unlauter. (PM des
OLG Hamm vom 15. 4. 2013)
u
DB0591080
BMJ: Gesetz zur Schlichtung im Luft-
verkehr passiert den Bundesrat
Zu der Befassung des Bundesrates mit
dem Gesetz zur Schlichtung im Luftver-
kehr erkla¨rt Bundesjustizministerin
Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger:
Zum ersten Mal bekommen Passagiere
das Recht auf eine schnelle, kostenlose
und effektive Schlichtung im Luftverkehr.
Wenn Airlines die Anspru¨che ihrer Kun-
den bei Verspa¨tung, Annullierung oder
U¨ berbuchung und bei Gepa¨ckscha¨den
nicht erfu¨llen, wird die Schlichtungsstelle
sich schnell und fu¨r den Fluggast grund-
sa¨tzlich kostenlos um eine einvernehmli-
che Streitbeilegung bemu¨hen.
Passagiere du¨rfen sich einen Mehrwert
von der Einrichtung der Schlichtung ver-
sprechen, denn die beiden großen Air-
line-Verba¨nde haben ihre freiwillige Teil-
nahme an der Schlichtung zugesagt.
Durch die freiwillige Teilnahme erho¨ht
sich die Akzeptanz der Schlichtungs-
ergebnisse fu¨r die Airlines. Die Freiwillig-
keit ist damit ein Erfolgsgarant fu¨r das
neue Schlichtungsverfahren im Luftver-
kehr. Auch die Luftfahrtunternehmen ha-
ben Vorteile: Sie sparen durch das
Schlichtungsverfahren Zeit und die Kos-
ten einer gerichtlichen Auseinanderset-
zung und ko¨nnen eher als bei einem strei-
tigen Zivilverfahren die Kundenbindung
erhalten.
Die Schlichtungen werden grundsa¨tzlich
durch privatrechtlich organisierte, von
den Unternehmen getragene Schlich-
tungsstellen durchgefu¨hrt. Unternehmen,
die sich an der freiwilligen privaten
Schlichtung nicht beteiligen, werden einer
subsidia¨ren beho¨rdlichen Schlichtung
beim Bundesamt fu¨r Justiz u¨berantwortet
werden.
Zum Hintergrund:
Gerade zur Reisezeit passiert es ha¨ufiger,
dass Flu¨ge u¨berbucht sind, annulliert wer-
den oder sich verspa¨ten. Auch ist es nicht
selten, dass Reisegepa¨ck verloren geht
oder bescha¨digt bzw. verspa¨tet abgeliefert
wird. In all diesen Fa¨llen haben Flugga¨ste
aus dem internationalen, europa¨ischen
und nationalen Recht umfangreiche An-
spru¨che gegen die Fluggesellschaft. Diese
Anspru¨che nutzen in der Praxis aber nur
wenig, wenn sie nicht auch tatsa¨chlich
schnell, kostengu¨nstig und unbu¨rokratisch
durchgesetzt werden ko¨nnen. Dies sollen
die Neuregelungen gewa¨hrleisten, wonach
ku¨nftig Zahlungsanspru¨che bis zu 5.000 €
mit Hilfe der Schlichtungsstelle durch-
gesetzt werden ko¨nnen.
Voraussetzung fu¨r das Funktionieren der
Schlichtung ist ihre Akzeptanz durch die
Luftfahrtunternehmen. Die Luftfahrt-
unternehmen ko¨nnen allerdings gesetzlich
nicht zur Akzeptanz der Schlichtungsvor-
schla¨ge gezwungen werden. Deshalb setzt
das Gesetz zuna¨chst auf eine freiwillige
Schlichtung durch privatrechtlich, d. h.
durch die Luftfahrtunternehmen organi-
sierte Schlichtungsstellen. Erfu¨llen sie die
gesetzlich festgelegten Anforderungen,
insbesondere an die Unparteilichkeit der
Stelle und die Fairness des Verfahrens,
ko¨nnen sie von der Bundesregierung an-
erkannt werden (§ 57 Luftverkehrsgesetz
[LuftVG]). Unternehmen, die sich nicht
freiwillig an der Schlichtung beteiligen,
werden einer beho¨rdlichen Schlichtung
beim Bundesamt fu¨r Justiz u¨berantwortet
(§ 57a LuftVG). Das Verfahren ist fu¨r
den Fluggast – abgesehen von Miss-
brauchsfa¨llen – zuna¨chst kostenlos.
Die im Bundesverband der Deutschen
Luftverkehrswirtschaft e. V. (BDL) zu-
sammengeschlossenen deutschen und die
in dem Board of Airline Representatives
in Germany e.V. (BARIG) organisierten
ausla¨ndischen Fluggesellschaften haben
sich zur freiwilligen Teilnahme an einer
Schlichtung bereit erkla¨rt. Auch von den
großen, nicht in einem Verband organi-
sierten ausla¨ndischen Airlines gibt es sehr
positive Signale, dass sie teilnehmen wer-
den. Die irische Airline Ryanair ist seit
dem 20. 3. 2013 Mitglied im Tra¨gerver-
ein der Schlichtungsstelle fu¨r den o¨ffentli-
chen Personenverkehr e. V. (so¨p) und ist
damit das erste Luftfahrtunternehmen,
das sich an einer privatrechtlich organi-
sierten Schlichtungsstelle freiwillig betei-
ligt. Streitigkeiten zwischen Flugga¨sten
und Ryanair ko¨nnen somit bereits jetzt
von der so¨p geschlichtet werden. Dies ist
ein sehr positives Signal.
Das Gesetz wird am 1. 11. 2013 in Kraft
treten. Alle ab diesem Zeitpunkt entste-
henden Fluggastanspru¨che werden dann
geschlichtet werden ko¨nnen. (PM des
BMJ vom 3. 5. 2013)
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DB0591079
DER BETRIEB | Nr. 19 | 10. 5. 2013
Nachrichten
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