Pate, als die rot-gru¨ne Koalition 1998 den
Spitzensteuersatz von damals 53% auf
42% gesenkt hat. Ein Teil der Steueraus-
fa¨lle wurde damals durch eine Verbreite-
rung der Bemessungsgrundlage ausgegli-
chen. Je ho¨her die Steuersa¨tze la¨gen, desto
mehr mu¨sse man sich um die Fragen von
Hinterziehung und Steuerbetrug ku¨m-
mern, so
Philip Kermode
, Direktor fu¨r di-
rekte Steuern in der EU-Kommission.
Denn die Anreize wu¨rden „gro¨ßer und
gro¨ßer“. In den von der EU-Kommission
untersuchten letzten Jahren sind die Spit-
zensteuersa¨tze gesunken. Mit 44,8% lag
der EU-Durchschnitt im Jahr 2000 mehr
als 6 Prozentpunkte ho¨her als 2013. Die
niedrigsten Spitzensteuersa¨tze gelten vor
allem in neuen Mitgliedstaaten (Bulgarien
10%, Litauen 15%, Ungarn und Ruma¨-
nien 16%). Damit wird deutlich, dass die
aktuellen Wahlprogramme von SPD und
Gru¨nen (vgl. auch DB0591143) aus Sicht
der EU-Kommission in die falsche Rich-
tung weisen. Zu den Trends der Unter-
nehmensbesteuerung in Europa und wei-
teren Industriestaaten vgl.
Endres/
Heckemeyer/Spengel/Finke/Richter
,
DB
2013 S. 896 = DB0588245.
u
DB0591132
Steuerliche Parameter des Wahlpro-
gramms der Gru¨nen
Im Rahmen der Bundesdelegiertenkon-
ferenz am 28. 4. 2013 hat die Partei
Bu¨ndnis 90/Die Gru¨nen ihr Wahlpro-
gramm fu¨r die Bundestagswahl ver-
abschiedet:
Steuererho¨hungsmaßnahmen
– Erho¨hung des ESt-Satzes auf 49% fu¨r
Einkommen ab 80.000 €, sowie auf
45% bei 60.000 € zu versteuerndem
Einkommen (stets zzgl. SolZ). Gleich-
zeitig soll das steuerfreie Existenzmini-
mum fu¨r alle auf mind. 8.712 € ange-
hoben werden.
– Einfu¨hrung einer Vermo¨gensabgabe:
Belastet wu¨rden Nettovermo¨gen von
Privatpersonen von mehr als 1 Mio. €
mit einem Steuersatz i. H. von 15%.
Der Betrag soll u¨ber 10 Jahre verteilt
werden. Fu¨r Betriebsvermo¨gen gilt ein
Freibetrag i. H. von 5 Mio. € und eine
Belastungsbegrenzung auf 35% des Er-
trags.
– Einfu¨hrung einer verfassungskonfor-
men VSt nach Auslaufen der Ver-
mo¨gensabgabe.
– Verdoppelung des Aufkommens aus
der ErbSt.
– Abschaffung von Subventionen bei der
MwSt wie z. B. fu¨r Hotels, Fast-Food,
Schnittblumen oder Skilifte.
– Abschaffung der pauschalen Abgel-
tungsteuer von 25%, Kapitaleinku¨nfte
sollen wieder progressiv besteuert wer-
den.
– Die Abzugsfa¨higkeit von Geha¨ltern als
Betriebsausgaben soll auf 500.000 €
beschra¨nkt werden.
Subventionen
Kleine und mittlere Unternehmen sollen
steuerlich gefo¨rdert werden:
– Abschaffung der Mo¨glichkeit zur
Poolabschreibung bei den GwG.
– Erho¨hung der Grenze zur Sofort-
absetzbarkeit, um so die Liquidita¨t zu
verbessern.
– Die steuerliche Fo¨rderung einbehalte-
ner Gewinne (Thesaurierungsbegu¨ns-
tigung) soll so ausgestaltet werden,
dass auch kleinen Unternehmen diese
Form der Sta¨rkung ihres Eigenkapitals
und ihrer Investitionsfa¨higkeit offen
steht.
– Fu¨r Forschungsausgaben in Unterneh-
men bis zu 250 Bescha¨ftigten soll es ei-
ne Steuergutschrift i. H. von 15% ge-
ben.
– Der Zugang zu Wagniskapital und die
breitere Versorgung mit Mikrokrediten
soll verbessert werden. Als weitere
Mo¨glichkeit, die insbesondere Startups
helfen ko¨nnte, will die Partei die Sa-
nierungsklausel so ausgestalten, dass
das Weiterfu¨hren von innovativen Un-
ternehmen erleichtert wu¨rde.
O¨ kologische Steuerreform
Zusa¨tzlich heben die Gru¨nen den Bedarf
einer an die O¨ kologie gekoppelten Fi-
nanzreform hervor. Im Mittelpunkt ste-
hen hierbei eine Reform der Luftver-
kehrsteuer, der KraftSt und der Besteue-
rung von Diesel und Heizstoffen ebenso
wie eine o¨kologische Besteuerung von
Dienstwagen und das Streichen von Aus-
nahmen bei der O¨ kosteuer. Gleichzeitig
erwa¨gen die Gru¨nen die Schaffung eines
rechtlichen Rahmens fu¨r eine Ver-
packungssteuer.
Ehegattensplitting
Das Ehegattensplitting soll durch eine In-
dividualbesteuerung mit u¨bertragbarem
Existenzminimum ersetzt werden. Um
den U¨ bergang sozialvertra¨glich zu gestal-
ten, soll der Splittingvorteil anfangs ge-
deckelt werden, der die Belastung aus der
Reform des Ehegattensplittings am An-
fang auf Haushalte mit einem Einkom-
men von mindestens 60.000 € begrenzen
wu¨rde. Dieser Splittingdeckel soll schritt-
weise abgebaut werden. Zudem soll die
eingetragene Lebenspartnerschaft in
sa¨mtlichen Rechtsbereichen mit der Ehe
gleichgestellt werden, also auch im Steu-
errecht.
Gemeindefinanzreform
Das Programm sieht eine Gemeinde-
finanzreform vor, die eine aufgabenge-
rechte Finanzausstattung der Kommunen
im GG sicherstellen will. Die GrSt soll
auf Basis aktueller Verkehrswerte und
nach Maßgabe der Fla¨cheninanspruch-
nahme berechnet werden. Den Kom-
munen bleibt die Ho¨he des Hebesatzes
weiterhin u¨berlassen. Gleichzeitig fordern
die Gru¨nen den Erhalt der GewSt und
deren Weiterentwicklung zu einer kom-
munalen Wirtschaftsteuer mit breiter Be-
messungsgrundlage.
Beka¨mpfung der Steuerhinterziehung
und aggressiver Steuergestaltung
Die Steuerpolitik der Gru¨nen verfolgt das
Ziel, angebliche „Steuertricksereien multi-
nationaler Unternehmen“ zuungunsten
kleiner Unternehmen einzuda¨mmen. Als
Beispiel wird die Aufweichung von Funk-
tionsverlagerung und Zinsschranke ge-
nannt, welche große Unternehmen be-
gu¨nstigten, die ihre Steuerlast im Inland
auf ein Minimum reduzieren ko¨nnten.
Auf nationaler Ebene soll die Steuerfahn-
dung ausgeweitet und fu¨r eine effizientere
Steuerverwaltung eine Bundessteuerver-
waltung eingefu¨hrt werden. Zur effekti-
veren Steuererhebung und als Beitrag zur
Steuergerechtigkeit soll die Bundessteuer-
verwaltung den FA¨ helfen, geltendes
Steuerrecht durchzusetzen. Um einer
Steuervermeidung entgegenzuwirken, zei-
gen die Gru¨nen folgende Lo¨sungsvor-
schla¨ge auf:
– La¨nderbezogene Offenlegungspflich-
ten: Steuergestaltungsmodelle sollen
zum Schutz vor missbra¨uchlicher Steu-
ergestaltung meldepflichtig und offen-
gelegt werden, um sie zu verhindern.
– Einfu¨hrung einer allgemeinen EU-
weiten Regelung, dass Finanztrans-
aktionen in und aus Niedrigsteuerla¨n-
dern (angeblich) in Anlehnung an das
franzo¨sische Modell mit einer Straf-
steuer belegt werden.
– Fu¨r DBA soll ein automatischer Infor-
mationsaustausch gelten, sodass sie ag-
gressive Steuergestaltung und scha¨dli-
chen Steuerwettbewerb zwischen Staa-
ten verhindern.
Europa¨ischer Steuerpakt
– Einfu¨hrung einer EU-weit koordinier-
ten Vermo¨gensabgabe, die dem Schul-
denabbau dienen soll;
– Einfu¨hrung einer gemeinsamen Be-
messungsgrundlage bei der Unterneh-
DER BETRIEB | Nr. 19 | 10. 5. 2013
Nachrichten
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