cherzonen“ na¨her geregelt. Das Rauchen war danach auf dem gesamten
Betriebsgela¨nde untersagt, sofern es nicht in bestimmten markierten
Bereichen – den „Raucherzonen“ – ausdru¨cklich erlaubt war.
Die Beklagte erteilte dem Kla¨ger mehrere Abmahnungen wegen Ver-
stoßes gegen das betriebliche Rauchverbot (1996 und 2003). Die Ab-
mahnungen vom 17. 8. 2007 und 22. 9. 2009 enthielten den Hinweis:
„Dieses Verhalten stellt eine Verletzung Ihrer arbeitsvertraglichen
Pflichten dar, die wir nicht akzeptieren ko¨nnen. Wir weisen Sie aus-
dru¨cklich darauf hin, dass Sie im Wiederholungsfall bei einem
gleichgelagerten oder einem a¨hnlichen Verhalten mit weiteren ar-
beitsrechtlichen Schritten bis hin zur Ku¨ndigung des Arbeitsverha¨lt-
nisses rechnen mu¨ssen.“
Am 5. 4. 2011 wurde der Kla¨ger gegen 17:30 Uhr erneut rauchend au-
ßerhalb der Raucherzone angetroffen. Am Dienstag, dem 12. 4. 2011
wurde er zur Betriebsratssitzung fu¨r Donnerstag, den 14. 4. 2011 gela-
den, weil Herr H an diesem Tag abwesend war. Mit Schreiben vom
12. 4. 2011 ho¨rte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten außer-
ordentlichen Ku¨ndigung des Arbeitsverha¨ltnisses mit dem Kla¨ger an.
Der Betriebsrat behandelte die Angelegenheit im Rahmen der wo¨chent-
lichen Betriebsratssitzung am 14. 4. 2011 ohne den Kla¨ger. Am Vor-
mittag des 15. 4. 2011 teilte die Betriebsratsvorsitzende der Gescha¨fts-
fu¨hrung mit, der Betriebsrat habe beschlossen, keine Stellungnahme ab-
zugeben. Mit Schreiben vom 15. 4. 2011 ku¨ndigte die Beklagte das Ar-
beitsverha¨ltnis der Parteien außerordentlich und fristlos.
Der Kla¨ger arbeitete an diesem 15. 4. 2011 bis 14:00 Uhr in der Fru¨h-
schicht, Herr H in der Spa¨tschicht von 14:00 Uhr bis 22:00 Uhr. Fu¨r
den folgenden Tag, einen Samstag, war der Kla¨ger ebenfalls zur Arbeit
eingeteilt, Herr H nicht. Ab Montag, dem 18. 4. 2011, hatte Herr H
fu¨r mehrere Wochen Urlaub.
Der Kla¨ger hat mit seiner Ku¨ndigungsschutzklage geltend gemacht, die
Ku¨ndigung sei mangels Zustimmung des Betriebsrats unwirksam. Er
sei wegen des Urlaubs von Herrn H fortlaufend dafu¨r vorgesehen gewe-
sen, an Betriebsratssitzungen teilzunehmen und das Amt aktiv wahr-
zunehmen. Ihm habe deshalb der volle Ku¨ndigungsschutz aus § 15
Abs. 1 Satz 1 KSchG i. V. mit § 103 BetrVG zugestanden.
Das ArbG hat der Klage stattgegeben, das LAG (Du¨sseldorf – 12 Sa
956/11) hat sie abgewiesen. Die Revision blieb ohne Erfolg.
AUS DEN GRU¨ NDEN
1 . . . 17
I
I.
Die Ku¨ndigung ist nicht gem. § 15 Abs. 1 Satz 1
KSchG i. V. mit § 103 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Dem Kla¨ger
stand im maßgebenden Zeitpunkt des Zugangs der Ku¨ndigung
nur der nachwirkende Ku¨ndigungsschutz aus § 15 Abs. 1 Satz 2
KSchG zu. Dieser verlangt nicht die Zustimmung des Betriebs-
rats zur Ku¨ndigung.
Ein beurlaubtes Betriebsratsmitglied gilt (nur) dann als zeit-
weilig verhindert, wenn es nicht seine Bereitschaft, Betriebs-
ratsta¨tigkeiten zu verrichten, positiv anzeigt
18 . . . 19
I
1.
. . .
2.
Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ru¨ckt ein
Ersatzmitglied in den Betriebsrat nach, sofern ein ordentliches
Mitglied aus diesem ausscheidet. Das gilt nach § 25 Abs. 1
Satz 2 BetrVG entsprechend fu¨r die Dauer der Stellvertretung
eines zeitweilig verhinderten ordentlichen Mitglieds. Eine zeit-
weilige Verhinderung in diesem Sinn liegt vor, wenn ein Be-
triebsratsmitglied aus rechtlichen oder tatsa¨chlichen Gru¨nden
nicht in der Lage ist, sein Amt auszuu¨ben
1
. Diese Vorausset-
zung ist wa¨hrend des Erholungsurlaubs eines Betriebsratsmit-
glieds jedenfalls dann erfu¨llt, wenn es nicht zuvor seine Bereit-
schaft angezeigt hat, trotz des Urlaubs fu¨r Betriebsratsta¨tigkei-
ten zur Verfu¨gung zu stehen
2
. Dem Betriebsratsmitglied wird
zwar aufgrund des Erholungsurlaubs die Verrichtung seiner
Amtspflichten nicht ohne Weiteres objektiv unmo¨glich, grund-
sa¨tzlich aber unzumutbar. Das beurlaubte Betriebsratsmitglied
gilt zumindest so lange als zeitweilig verhindert, bis es seine
Bereitschaft, gleichwohl Betriebsratsta¨tigkeiten zu verrichten,
positiv anzeigt
3
.
Fu¨r den Sonderku¨ndigungsschutz nach § 103 Abs. 1 BetrVG ist
auf den Zeitpunkt des Zugangs der Ku¨ndigung abzustellen
20
I
3.
Fu¨r die Frage, ob Sonderku¨ndigungsschutz nach § 103
Abs. 1 BetrVG besteht, ist auf den Zeitpunkt des Zugangs der
Ku¨ndigung i. S. von § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB abzustellen
4
.
21 . . . 22
I
a)
. . .
b)
Die Anknu¨pfung an den Zugangszeitpunkt
entspricht Sinn und Zweck des Zustimmungserfordernisses.
23
I
aa)
Das Zustimmungserfordernis nach § 103 Abs. 1 BetrVG
dient prima¨r dem Schutz der Arbeit und Funktionsfa¨higkeit der
betriebsverfassungsrechtlichen Organe, welche vor Eingriffen
des Arbeitgebers bewahrt werden sollen
5
. Es soll verhindern,
dass das demokratisch gewa¨hlte Gremium durch den Verlust
einzelner Mitglieder in seiner Funktionsfa¨higkeit und in der
Kontinuita¨t seiner Amtsfu¨hrung beeintra¨chtigt wird.
24
I
bb)
Einen Eingriff in die Zusammensetzung des Betriebsrats
stellt die Ku¨ndigung des Arbeitsverha¨ltnisses eines ordentlichen
oder nachgeru¨ckten Mitglieds erst mit ihrem Zugang dar. Davor
entfaltet sie keine Rechtswirkungen. . . . (wird ausgefu¨hrt)
25
I
cc)
Etwas anderes folgt nicht daraus, dass eine Anho¨rung
des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG abgeschlossen sein
muss, bevor die Ku¨ndigung den Machtbereich des Arbeitgebers
verla¨sst. Die Anho¨rung soll eine Beeinflussung der Willensbil-
dung des Arbeitgebers vor Ausspruch der Ku¨ndigung ermo¨gli-
chen
6
. Diese Mo¨glichkeit muss wa¨hrend des gesamten Laufs der
A¨ ußerungsfrist bestehen. Eine Willensbeeinflussung ist ab dem
Zeitpunkt ausgeschlossen, zu dem die schriftliche Ku¨ndigung
den Machtbereich des Arbeitgebers verla¨sst.
26
I
dd)
Fu¨r das Eingreifen des Zustimmungserfordernisses
nach § 103 BetrVG ist nicht auf den Zeitpunkt des Beginns
der Anho¨rung des Betriebsrats abzustellen. Die Erwa¨gung, das
Ersatzmitglied sei anderenfalls unter dem Druck einer unmit-
telbar bevorstehenden außerordentlichen Ku¨ndigung in der
Ausu¨bung seines Amtes eingeschra¨nkt, vermag dies nicht zu
rechtfertigen. . . .
Die Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben außerhalb der
perso¨nlichen Arbeitszeit ist nicht grundsa¨tzlich unzumutbar
27
I
4.
Danach bedurfte es im Streitfall keiner Zustimmung des
Betriebsrats nach § 103 Abs. 1 BetrVG. Unabha¨ngig davon, ob
die Ku¨ndigung dem Kla¨ger gem. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB noch
am 15. oder erst am 16. 4. 2011 zugegangen ist, bestand mangels
Verhinderung des ordentlichen Betriebsratsmitglieds fu¨r den
Kla¨ger kein Sonderku¨ndigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 1
KSchG.
1 BAG vom 8. 9. 2011 – 2 AZR 388/10, Rdn. 24, DB 2012 S. 582; vom 23. 8.
1984 – 2 AZR 391/83, zu B II. 1. (a), BAGE 46 S. 258.
2 BAG vom 8. 9. 2011, a.a.O. (Fn. 1).
3 BAG vom 8. 9. 2011, a.a.O. (Fn. 1), Rdn. 29.
4 BAG vom 8. 9. 2011, a.a.O. (Fn. 1), Rdn. 43;
Raab
, GK-BetrVG, 9. Aufl.,
Bd. II § 103, Rdn. 19;
Richardi/Thu¨sing
, BetrVG 13., Aufl. § 103, Rdn. 16;
Schwarze/Eylert/Schrader/
Eylert
, KSchG § 15, Rdn. 34;
Fischermeier
, ZTR
1998 S. 433.
5 BAG vom 8. 9. 2011, a.a.O. (Fn. 1), Rdn. 38; vom 17. 3. 2005 – 2 AZR
275/04, zu B II. 1., DB 2005 S. 1693 = AP BetrVG 1972 § 27 Nr. 6.
6 BAG vom 27. 11. 2003 – 2 AZR 654/02, zu B I., DB0065180 = AP BetrVG 1972
§ 102 Nr. 136 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 6; vom 8. 4. 2003 – 2 AZR
515/02, zu II. 1. (a) und (c) (aa), BAGE 106 S. 14 = DB 2003 S. 2342;
Fischermeier
, ZTR 1998 S. 433, 434.
DER BETRIEB | Nr. 19 | 10. 5. 2013
Arbeitsrecht
1061