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E D I T O R I A L
energie | wasser-praxis
10/2014
Dr.-Ing. Dirk Waider ist Mitglied des Vorstandes der
GELSENWASSER AG und Vizepräsident Wasser des DVGW.
hätte. Es sollte nach-
gehalten werden,
was auf den Hof
kommt und was ihn
wieder verlässt, um
so die echten Dün-
geüberschüsse erfas-
sen und verringern zu können. Die zulässige Höchstmenge
für Überschüsse soll zunächst bei 60 kg N/ha bleiben und
erst ab 2020 auf 50 kg N/ha gesenkt werden. Die Uferrand-
streifen sollen bedauerlicherweise eine Breite von weniger
als 5 Meter haben, und für die meisten Landwirte bleibt es
bei einer Güllelagerkapazität von sechs Monaten, was den
bisherigen Verhältnissen entspricht. Was weiterhin fehlt, ist
der dringend notwendige Bezug zu den Anforderungen der
Grundwasser- und Trinkwasserverordnung. Zurzeit besteht
beispielsweise keine Verpflichtung für entsprechende Maß-
nahmen, wenn der zulässige Grenzwert für Nitrat in Höhe
von 50 mg/l erreicht bzw. überschritten wird.
Angesichts dieser bisher nur wenig ambitionierten Ände-
rungen in der Düngeverordnung ist zu befürchten, dass
den europäischen Anforderungen an den Gewässerschutz
damit nicht entsprochen und der gute Zustand des Grund-
wassers in absehbarer Zeit nicht wirklich erreicht werden
kann. Die Stickstoffüberschüsse im Boden nach der Ernte
werden sich mit den vorgesehenen Regelungen nicht ver-
ringern lassen. Damit gibt es auch keine Verbesserung für
die Sickerwasserqualität und das Grundwasser – als der
wichtigsten Trinkwasserressource in Deutschland.
Es ist daher eine dringende Aufgabe der deutschen Wasser-
versorgung, sich in den kommenden Gesetzgebungsprozess
einzubringen und Schlimmeres zu verhindern. Einige gute
Ansätze werden bereits mit der Landwirtschaft praktiziert.
Ziel ist es, den Dünger effektiver an die Pflanze zu bringen,
umdamit letztlich die Düngeüberschüsse zu reduzieren und
gleichzeitig die landwirtschaftlichen Erträge zu erhalten.
Gemeinsames Ziel muss es sein, jeglichen vermeidbaren
Stoffeintrag in die Gewässer zu verhindern. Alles andere
wird uns und die kommenden Generationen teuer zu ste-
hen kommen.
W
Die aktuellen Beobachtungsergebnisse
der Länder aus den
Untersuchungen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtli-
nie haben deutlich gemacht, dass ein guter Zustand im
Grundwasser noch lange nicht erreicht ist. Insbesondere die
Werte für Nitrat sind vielfach zu hoch und zeigen in Teilbe-
reichen sogar einen steigenden Trend. In intensiven Wirt-
schafträumen wie beispielsweise NRWhat sich die Situation
im Vergleich zum letzten Zyklus weiter verschlechtert. Die
Einträge stammen zum Großteil aus der Landwirtschaft.
Neue Forschungsergebnisse des DVGW belegen, dass
deutschlandweit Bereiche zu finden sind, in denen ein na-
türliches Nitrat-Abbaupotenzial in Böden und im Grund-
wasser entweder nicht vorhanden oder schon weitgehend
aufgebraucht ist. Auch wenn der Grenzwert oft noch nicht
erreicht ist, geht der Trend doch seit vielen Jahren in die
falsche Richtung.
Auch im Bereich des Pflanzenschutzes haben sich ändern-
de Witterungsverhältnisse in Verbindung mit der landwirt-
schaftlichen Praxis in den vergangenen Jahren offensicht-
lich zu hohen Einträgen von Pflanzenschutzmitteln in
Oberflächengewässer geführt. Nach vielen Jahren der Er-
holung musste beispielsweise im Wasserwerk Haltern der
Aufbereitungsaufwand zur Elimination von Pflanzen-
schutzmitteln mit Pulveraktivkohle wieder deutlich erhöht
werden. Der Aufbereitungsaufwand entspricht dort heute
dem Stand zu Beginn der 1990er-Jahre, als die Etablierung
des kooperativen Ansatzes mit den Landwirten gerade in
den Anfängen war.
Der Zielkonflikt zwischen vorhandenen Nitrat- und Pflan-
zenschutzmittelbelastungen im Rohwasser auf der einen
Seite und einer Trinkwassergewinnung auf der anderen
Seite ist in Regionen intensiver Landwirtschaft durch die
bisherigen Maßnahmen nicht mehr lösbar. Es bedarf zu-
sätzlicher Anpassungen im Bereich des landwirtschaftli-
chen Fachrechts und des Pflanzenschutzrechts. Dies sollte
bei der Erneuerung der bestehenden Düngeverordnung
berücksichtigt werden. Noch in diesem Jahr ist mit einem
ersten Entwurf zu rechnen, die Verabschiedung ist für 2015
vorgesehen. Ich stelle mir die Frage, ob hier bahnbrechen-
de Erneuerungen zu erwarten sind.
Nach ersten Informationen sollen die Hof-Tor-Bilanzen als
Berechnungsmethode nicht eingeführt werden, was die
Mehrheit derWasserversorgungsunternehmen gerne gesehen
Dr.-Ing. Dirk Waider
Novelle der Düngeverordnung –
Wo bleibt das politische Engagement
für den Gewässerschutz?
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