Elektro Praktiker - Sonderheft Blitz- und Überspannungsschutz - page 5

– Sonderheft
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NORMEN UND VORSCHRIFTEN
wert einer baulichen Anlage und deren
Aufteilung auf einzelne Kategorien vor.
Zur Untersuchung der wirtschaftlichen
Effizienz von Schutzmaßnahmen sollten
die Daten zu dem Wert von Tieren c
a
,
zum Wert des Gebäudes c
b
, zum Wert
der Inhalte des Gebäudes c
c
und zum
Wert der inneren Systeme c
s
(einschließ-
lich ihres Ausfalls) üblicherweise vom
Planer des Schutzes und/oder vom Eigen-
tümer der Anlage zur Verfügung gestellt
werden. Können oder sollen solche Daten
nicht zur Verfügung gestellt werden,
dann können die Werte aus den Tafeln
™
und
š
herangezogen werden.
Der Gesamtwert der baulichen Anlage
wird, basierend auf dem Volumen der
baulichen Anlage (nicht-industrielle Anla-
ge) und der Anzahl von Vollzeit-Arbeits-
plätzen (industrielle Anlage), nach Tafel
™
bestimmt. Bei der Aufteilung dieses Ge-
samtwerts auf die einzelnen Kategorien
(Tiere, Gebäude, Inhalte, innere Systeme)
werden dann die prozentualen Aufteilun-
gen aus Tafel
š
verwendet. Es muss bei
den Tafelwerten ggf. berücksichtigt wer-
den, dass der mögliche Funktionsausfall
von elektrischen und elektronischen
Systemen (innere Systeme) und daraus
entstehende Folgekosten nur in den
Werten für industrielle Anlagen, nicht
aber in den Werten für nicht-industrielle
Anlagen enthalten sind. Ist die bauliche
Anlage in mehrere Zonen gegliedert,
können die entsprechenden Werte c
a
, c
b
,
c
c
und c
s
nach dem Anteil des Volumens
der Zone am Gesamtvolumen (bei nicht-
industriellen Anlagen) oder dem Anteil
der Arbeitsplätze in der Zone an der Ge-
samtzahl der Arbeitsplätze (bei industri-
ellen Anlagen) aufgeteilt werden.
Der Abschluss der Untersuchung zur
wirtschaftlichen Effizienz von Schutz-
maßnahmen wird dann stets mit Hilfe
der folgenden Gleichung vorgenommen,
wobei der Schutz dann gerechtfertigt
bzw. wirtschaftlich tragfähig ist, wenn
S
M
> 0 ist:
S
M
=
C
L
– (
C
PM
+
C
RL
)
(Gl. 1)
S
M
jährliche Geldeinsparung
C
L
jährliche Kosten der gesamten Ver-
luste durch Blitzeinwirkungen ohne
Schutzmaßnahmen
C
RL
jährliche Kosten der verbleibenden
gesamten Verluste durch Blitzein-
wirkungen mit (besser: trotz) Schutz-
maßnahmen
C
PM
jährliche Kosten der Schutzmaß-
nahmen.
3.1 Abschätzung der
Wirtschaftlichkeit
Bei der Abschätzung der Wirtschaftlich-
keit von Schutzmaßnahmen (Schadensart
L4) sind nun auch vereinfachte Verfahren
erlaubt, die die Anwendung in solchen
Fällen ermöglichen, bei denen mögliche
Schadenssummen bei Blitzeinwirkung nur
schwer ermittelt werden können. Hier
muss nun allerdings ein Unterschied zwi-
schen IEC 62305-2:2010 [2] und der EN
62305-2:2012 [11] bzw. DIN EN 62305-2:
2013 [12] gemacht werden:
]
Alternativ zum fachlich eigentlich
korrekten Vorgehen nach Anhang D,
also dem Vergleich der blitzeinschlag-
relevanten Kosten ohne und mit
Schutzmaßnahmen, kann nach dem
IEC-Standard auch ein akzeptierbares
Risiko angesetzt werden. Dafür wurde
der Wert
R
T4
=10
–3
festgelegt. Genau
dieser alternative Weg war aber für
einige Nationen bei der Abstimmung
als Europäische Norm ein wesentliches
Kriterium für ein „negative vote“.
]
In der EN 62305-2 soll daher der alter-
native Weg nicht beschritten werden
dürfen. Um dennoch zu ermöglichen,
die wirtschaftlichen Verluste in den
Fällen zu berücksichtigen, in denen die
ökonomischen Daten nicht oder nur
unvollkommen vorliegen, können diese
den Tafeln
™
und
š
entnommen
werden (in der EN 62305-2 Edition 2:
Table C.13 & C.14). Damit wird stets
der fachlich korrekte Weg über den
Anhang D beschritten – man gibt in
Europa als mögliche Vereinfachung
nur typische Werte für den Gesamt-
Betreibern abgestimmte Schutzvor-
schriften oder Verordnungen, so dass
für eine normative Festlegung keine
Notwendigkeit mehr besteht. Im Be-
reich der Telekommunikation beispiels-
weise werden diese Publikationen als
Empfehlungen durch die International
Telecommunication Union (ITU)
herausgegeben.
]
Der erste negative Stoßstrom einer
Blitzentladung wurde auf deutschen
Wunsch als neue Komponente des
Blitzstroms mit einer Wellenform von
1/200 μs eingeführt, weil er für man-
che Induktionswirkungen die höchste
Bedrohung ergibt. Er wird aktuell nur
für Berechnungen, nicht aber für Prü-
fungen verwendet.
]
Der Anhang E wurde überarbeitet. Er
enthält Angaben zu den durch Blitz er-
zeugten Stoßwellen an verschiedenen
Einbauorten. Die Werte wurden er-
gänzt und teilweise geändert.
3 IEC/DIN EN 62305-2
Risikomanagement
Unverändert bleibt die Festlegung von
vier Schadensarten L1 bis L4
]
L1 – Verlust von Menschenleben,
]
L2 – Verlust von Dienstleistungen für
die Öffentlichkeit,
]
L3 – Verlust von unersetzlichem
Kulturgut
]
L4 – wirtschaftliche Verluste.
Bei Schadensart L3 wird allerdings der
Wert des akzeptierbaren Risikos auf
R
T3
=10
–4
verringert.
Art der baulichen
Anlage
Referenzwerte
Gesamtwert für c
t
nicht-industrielle
Anlage
Gesamte Wiederherstellungs-
kosten (schließt mögliche
Funktionsausfälle nicht ein)
Niedrig
Normal
Hoch
c
t
je Volumen
(€/m
3
)
300
400
500
industrielle Anlage Gesamtwert der Anlage, ein-
schließlich Gebäude, Installatio-
nen und Inhalt (schließt
mögliche Funktionsausfälle ein)
Niedrig
Normal
Hoch
c
t
je Arbeits-
platz (T€/AP)
100
300
500
Tafel
™
Werte zur Abschätzung des Gesamtwertes c
t
Tafel
š
Anteil zur Abschätzung der Werte c
a
, c
b
, c
c
, c
s
Bedingung Anteil für
für Tiere
c
a
/c
t
Anteil für
Gebäude
c
b
/c
t
Anteil
für Inhalt
c
c
/c
t
Anteil für
innere
Systeme c
s
/c
t
Anteil für alle
Werte (c
a
+ c
b
+ c
c
+ c
s
)/c
t
ohne Tiere
0% 75% 10% 15%
100%
mit Tieren
10% 70% 5% 15%
100%
1,2,3,4 6,7,8,9,10,11,12,13,14,15,...84
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