Elektro Praktiker - Sonderheft Blitz- und Überspannungsschutz - page 14

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– Sonderheft
NORMEN UND VORSCHRIFTEN
K.-P. Müller,
Neumarkt OPf.
Im Oktober 2012 erschienen drei
überarbeitete Beiblätter zur aktu-
alisierten Blitzschutznorm DIN
EN 62305-3 [1]. In den folgenden
Ausführungen werden wichtige
Aspekte des neuen Beiblatts 1 [2]
beschrieben sowie wesentliche
Neuerungen gegenüber dem alten
Beiblatt 1 [3] vorgestellt.
1 Beiblätter zur
DIN EN 62305-3
Die Blitzschutztechnik hat in Deutschland
seit Jahrzehnten ein hohes Niveau.
Jedoch müssen wir erkennen und teil-
weise schmerzhaft akzeptieren, dass
zwangsläufig zu übernehmende euro-
päische Normen Kompromisse einer
internationalen Normenarbeit sind. Wir
haben keine nationalen Bestimmungen
mehr, sondern sind aufgrund europäi-
scher Verträge verpflichtet, europäische
Normen vollständig zu übernehmen.
Dies gilt generell, auch für den Bereich
Blitzschutz.
Mit den Beiblättern besteht die Möglich-
keit, den nationalen Fachkollegen ergän-
zende Hinweise und Erläuterungen zu
geben. Diese vereinfachen die Anwen-
dung der Norm oder liefern zusätzliche
Informationen, für die im europäischen
Bereich kein Interesse besteht. Selbstver-
ständlich dürfen dieses Ergänzungen
nicht im Widerspruch zur eigentlichen
Norm stehen. Sie haben rechtlich nur
informativen Charakter. Im Auftragsfall
muss die Wirksamkeit der Beiblätter
zusätzlich vereinbart werden.
Die vom DKE-Gremium K251 (Deutsche
Kommission Elektrotechnik, Elektronik,
Informationstechnik in DIN und VDE) er-
stellten Beiblätter wurden von Fachleuten
unterschiedlicher Spezialgebiete erarbei-
tet. Dadurch werden die Aspekte aus
Wissenschaft, Planung, Errichtung und
Prüfung von Blitzschutzanlagen berück-
sichtigt. Die Beiblätter entsprechen daher
dem anerkannten Stand der Technik und
sind zu beachten. Sie sind bewusst
umfangreicher gestaltet, um nicht nur
abstrakte Ergänzungen darzulegen,
sondern dem Anwender auch den Bezug
zur Grundnorm DIN EN 62305-3 [1] zu
ermöglichen.
2 Sichere elektrische
Verbindung
Eine sichere elektrische Verbindung im
Sinne des Blitzschutzes bedeutet, dass der
Blitzstrom an der Verbindungsstelle sicher
geführt werden kann. Die von den Bau-
handwerkern ausgeführten Drahtver-
bindungen, sog. Rödelverbindungen,
stellen nur eine Lagefixierung der Be-
wehrungsstäbe vor der Betonverfüllung
dar. Die zu verwendenden blitzstrom-
tragfähigen Klemmen müssen hingegen
für die elektrisch sichere Kontaktierung
der unterschiedlichen Bewehrungsstäbe
geeignet sein.
Praktische Erfahrung zur nachträglichen
Verwendung des Bewehrungsstahls von
Silos liegen seit Jahren vor. Dieser speziel-
le Fall besteht im Zuge der Nachrüstung
von Mobilfunkanlagen auf Silos, die mit
getrenntem Blitzschutz realisiert wurden.
Die großflächige Bewehrung wird als
Ableitung verwendet.
Um sicherzustellen,
]
dass der Blitzstrom über mehrere
Anschlusspunkte eingeführt,
]
in der Bewehrung verteilt und
]
beispielsweise über den Fundament-
erder in die Erde eingeleitet wird,
sind Detailmessungen notwendig. Bei
diesen werden die Verbindungen aller
Anschlusspunkte untereinander und ge-
gen die Erdungsanlage gemessen (s. [4]
Bild 1). Zu gewährleisten ist eine nieder-
impedante Verbindung. Umfangreiche
Messungen an realisierten Anlagen
bestätigen diese Vorgehensweise. Ein
sogenanntes „blindes Eisen“, also ein
Stück Bewehrungseisen ohne Einbindung
in die Gesamtbewehrung, wird hierdurch
erkannt.
Einzuhalten ist die normative Forderung
eines Gesamtwiderstands < 0,2 Ω –
gemessen von der Fangeinrichtung bis
zur Erdungsanlage aller zusammen-
geschlossenen Ableitungen. Die Wider-
standsmessung sollte mit einer Gleich-
stromquelle und einem Messstrom von
etwa 10 A durchgeführt werden, um
einen störenden Einfluss von vagabun-
dierenden Strömen aus dem 50-Hz-Netz
als Messfehler zu verhindern. Der Ab-
stand der Anschlusspunkte soll maximal
den vorgegebenen Abständen der
Ableitungen nach Tabelle 4 der DIN EN
62305-3 [1] entsprechen.
3 Erdung
Unabhängig von der Ausführungsform
des Erders (Typ A oder B) müssen die ein-
zelnen Erder verbunden werden. Diese
Verbindungsleitung, auch als Verbindung
von Einzelfundamenten, kann erd- oder
nicht erdfühlig, ober- oder unterirdisch
ausgeführt werden. Durch diese Maßnah-
me wird auf Erdniveau ein annähernd
gleiches Potential erreicht. Diese Forde-
rung ist auch Grundlage der Berechnung
des Trennungsabstands.
4 Bauteile für
Verbindungen
Den Verbindungen im Blitzschutz wird be-
sondere Beachtung geschenkt. Diese und
auch Anschlüsse können leicht Schwach-
stellen sein, wenn sie nicht professionell
hergestellt werden. Die Bauteilenorm DIN
EN 50164-1 (VDE 0185-201) [5] spezifiziert
zwei Gruppen von Bauteilen:
]
Bauteile für hohe Anforderungen (H) –
für Verbindungen im Bereich der
Fangeinrichtung, wenn noch keine
Stromaufteilung stattgefunden hat.
]
Bauteile für normale Anforderungen
(N) – für Verbindungen, wenn eine
Aufteilung des Blitzstroms auf mehr
als zwei Ableitwege (Leitungen der
Fangeinrichtung oder Ableitungen)
erfolgt ist.
Industriell gefertigte Klemmen und
Verbinder werden entsprechend dieser
Anforderung geprüft und sind vom An-
wender entsprechend der Klassifizierung
auszuwählen.
DIN EN 62305-3 – Beiblatt 1
Autor
Dipl.-Ing.
Klaus-Peter Müller
ist Produkt-
manager bei der Firma Dehn+Söhne,
Neumarkt OPf.
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