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Haftung für Zahnschädigung durch Anästhesie

Gutachtliche Beurteilung

Die Entscheidung, die Operation einer infizierten Bursa am

Ellenbogen in Allgemeinnarkose durchzuführen, ist nicht

zu beanstanden. Eine lokale Betäubung verbot sich wegen

der bestehenden Infektion, da dabei Krankheitskeime ver-

schleppt werden können und im entzündeten Hautgewebe

Lokalbetäubungsmittel nicht ausreichend wirken.

Eine so genannte Plexusanästhesie hätte zwar versucht wer-

den können, wegen der Fettleibigkeit des Patienten jedoch

unter erheblichem Zeitaufwand und mit unsicherem Erfolg.

Dem Arzt bleibt grundsätzlich überlassen, unter mehreren

Behandlungsmöglichkeiten die seiner Ansicht nach für

den Patienten gefahrloseste und für den Behandlungserfolg

günstigste auszuwählen.

Beanstandungen an der Narkoseführung sind nicht zu erhe-

ben. Bei einer ungenügenden Maskenbeatmung zur Intu-

bation überzugehen ist Standard.

Beanstandet werden muss, dass bei dem unruhigen Patien-

ten die verlegten Atemwege postoperativ mittels in die

Mundhöhle eingeführten Laryngoskops einige Zeit offen

gehalten wurden. Die bis auf den Knochen gehende Verlet-

zung im rechten Unterkieferbereich und der Verlust der

Zahnkronen 44 und 45 sind nur dadurch zu erklären, dass

der Patient sich diese Verletzungen während seiner kräfti-

gen Abwehrbewegungen gegen das liegende Laryngoskop

selbst beigebracht hat. Dass dies so geschehen konnte, hat

der mit der Narkoseausleitung beauftragte Arzt zu verant-

worten. Hier hätte, falls ein Güdel-Tubus, ein Wendl-Tubus

oder eine Larynx-Maske den Schwierigkeiten nicht hätte

abhelfen können, eine erneute Sedierung mit erneuter, und

wie schon zu Narkosebeginn problemloser, Intubation

durchgeführt werden müssen.

Eine Kontraindikation zu dem weitgehend atraumatischen

Verfahren der Larynxmaske, das nach den Leitlinien der

Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensiv-

medizin [3] bei Atemwegsverlegungen zur Sicherung der

Atemwege vor einer erneuten Intubation angewandt wer-

den soll, bestand hier nicht. Der Patient musste nicht mehr

mit Überdruck beatmet werden. Es hätte genügt, die Blocka-

de der Atemwege mittels Larynxmaske zu beheben. Eine

Larynxmaske ist auch bei dicker Zunge ohne zusätzliches

Instrumentarium, notfalls mit Hilfe des Zeigefingers des

Anästhesisten, problemlos und ohne Zeitverlust einzufüh-

ren.

Ein Laryngoskop dient zur Intubation, auch zur Inspektion.

Bei regelrechter Anwendung führt es nicht zu Verletzungen

im Mund-Kieferbereich. Falsch und schlechthin unver-

ständlich ist, es bei einem unruhigen Patienten im Mund zu

belassen. Dies ist mit hinreichenderWahrscheinlichkeit ver-

antwortlich für die am Tag nach der Operation aktenkundi-

ge Zahn- und Kieferverletzung. Von ihrem Aspekt her kann

diese nur durch ein grobes, kantiges Instrument im Zusam-

menhang mit der Atemwegsverlegung verursacht worden

sein.

Auch eine erneute Intubation wäre hier ohne Zeitverlust

möglich gewesen, da einVenenzugang noch vorhanden war.

Eine lebensbedrohliche Notfallsituation, die auch einmal

unkonventionelles Handeln verlangen kann, lag bei einer

peripher gemessenen Sauerstoffsättigung von 80 Prozent

ohnehin nicht vor.

Joachim Schara und Beate Weber

Literatur

[1] Schaffartzik W, Neu J Schäden in der Anästhesie,

Ergebnisse der Hannoverschen Schlichtungsverfahren

2001–2005. Anaesthesist 2007 56:444–448

[2] Kröll W Perioperative dentale Komplikationen, Prävention,

in List W, Osswald P M, Hornke I, Komplikationen in der Anästhe-

sie, 4. Auflage, Springer, Berlin Heidelberg 2003 S.349 f

[3] Braun U et al, Leitlinie „Airway Management“, Anästh Intensiv-

med 2004; 45: Heft 5

Gutachtliche Entscheidungen

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