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Vorwort der Schweizer Ausgabe

Das Gespräch zwischen Arzt und Patient ist das Fundament einer guten Behandlung. Patienten

wollen gehört werden, wenn es darum geht, ihre Beschwerden diagnostisch einzuordnen und

allenfalls zu behandeln. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber sie ist noch immer aktuell. In den

frühen 70er-Jahren untersuchten Experten erstmals die Gespräche zwischen Ärzten und Pa-

tienten und entdeckten dabei, dass diese häufig Defizite aufwiesen. Die Ärzte unterbrachen den

Redefluss des Patienten meist nach weniger als einer halben Minute und verpassten dadurch

manchmal wichtige Informationen über den Zustand des Patienten. Manche Patienten wiede-

rum verstanden nicht, was Ärzte ihnen mitteilten. Wenn sie die Arztpraxis verließen, wussten sie

nicht genau, was der Arzt ihnen eben erklärt hatte und was sie nun tun sollten.

Dass die ungenügende Kommunikation problematisch sein kann, ist in der wissenschaftlichen

Literatur mittlerweile recht gut belegt. Dazu gehören zum Beispiel eine erhöhte Wahrscheinlich-

keit einer Fehldiagnose, ein gestörtes Vertrauensverhältnis, das Anfordern unnötiger Tests und

eine mangelhafte Compliance. Am Ende kann es zum Bruch zwischen Arzt und Patient kommen

und zu einem Arztwechsel. In den USA werden viele Klagen gegen Ärzte unter anderem auch

damit begründet, dass der Arzt nicht zugehört habe und dass er den Patienten nicht respektvoll

behandelt habe. Und: Die häufigsten Defizite, die Patienten während eines Krankenhausaufent-

haltes beklagen, liegen im Bereich Kommunikation und Aufklärung.

Wenn hingegen eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Arzt und Patient besteht, dann kann

das dazu führen, dass beim Patienten weniger Komplikationen auftreten. Der Arzt kann Fort-

schritte beim Patienten besser erkennen oder den richtigen Zeitpunkt, um ein Medikament ab-

zusetzen. Das gilt insbesondere für chronisch kranke Patienten, von denen es in Zukunft immer

mehr geben wird. Die Patientenzufriedenheit und -treue steigen.

Die Beziehung zwischen Arzt und Patient hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert.

Früher war der paternalistische Ansatz verbreitet, bei dem der Arzt zum Wohle des Patienten

entscheidet: Der Arzt weiß, was im besten Interesse des Patienten ist, und dementsprechend

entscheidet er darüber, welche Informationen er mitteilt und welche Behandlung er empfiehlt.

Der Patient hat dabei kaum eine Möglichkeit, seine eigene Position einzubringen.

Mittlerweile ist diese Asymmetrie kleiner geworden, das Gewicht hat sich in den letzten Jahren

in Richtung Patient verschoben. Noch immer ist das Verhältnis zwischen Arzt und Patient zwar

in den meisten Fällen asymmetrisch, denn der Patient kommt zum Arzt, um gesund zu werden,

und viele Patienten sind froh, wenn der Arzt ihnen sagt, was zu tun ist. Aber immer mehr wird

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