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Jahresbericht 2016
Ärztekammer
Nordrhein
Rechtsabteilung
Haftung für verlinkte Inhalte/Hyperlinks
Nach dem Urteil des BGH vom 18.6.2015
(AZ.:I
ZR 74/14)
besteht kein Unterlassungsanspruch,
wenn ein Unternehmer auf seiner Internetseite
einen Link setzt und auf Unterseiten der ver-
linkten Seite, für ihn nicht erkennbar, Wett-
bewerbsverletzungen begangen werden.
Ein Facharzt für Orthopädie hatte für Implantat-
Akupunktur geworben, die er als Behandlung an-
bot. Ergänzend zu seinen eigenen Informationen
hatte er einen Hyperlink eingebunden, der auf die
Startseite des Internetauftritts des Bundesverbands
Implantat-Akupunktur e. V. verwies. Der Verband
sozialer Wettbewerb e. V. verklagte den Arzt, da sich
auf den Unterseiten zur verlinkten Startseite wett-
bewerbswidrige Informationen befanden. Nach der
Abmahnung durch den Verein löschte der Ortho-
päde den Link, gab jedoch keine Unterlassungser-
klärung ab und übernahm auch nicht die Abmahn-
kosten. Der BGH entschied, der Arzt habe nicht auf
die als rechtsverletzend beanstandeten Informa-
tionen direkt verlinkt, sondern nur auf die Startsei-
te des Verbandes, die rechtskonform gewesen sei. Es
sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass die von
ihm verlinkte Website rechtsverletzende Inhalte
enthielt. Der Arzt habe auch keine Prüfungspflicht
verletzt. Erst nach Kenntnis der rechtsverletzenden
Inhalte könne eine Haftung eintreten.
Die Entscheidung des BGH ist für Ärztinnen und
Ärzte durchaus erfreulich, darf aber nicht als Frei-
brief für Verlinkungen auf andere Internetseiten
verstanden werden. Durch das Setzen von Links
werden fremde Inhalte für die Eigenwerbung des
Arztes verwendet. Es handelt sich daher um eine
geschäftliche Handlung im Sinne von
§ 2 Abs.1 Nr.1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
für
die der Arzt grundsätzlich auch verantwortlich ist.
Vorher-Nachher-Bilder bei Schönheitsoperationen
Auch das Urteil des Oberlandesgerichts Kob-
lenz zur Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern
für Schönheitsoperationen vom 8.6.2016
(AZ.: 9 U
1362/15)
hatte Bedeutung für die Beratungspraxis
der Ärztekammer.
Das OLG Koblenz vertritt die Auffassung, dass
das Bereitstellen von Vorher-Nachher-Bildern,
die Patienten vor und nach der Behandlung zei-
gen, gegen
§ 11 Abs. 1 Satz 3 Heilmittelwerbegesetz
(HWG)
verstößt. Dies gilt auch dann, wenn der
Arzt eine (vermeintliche) Barriere in Form einer
Registrierung für interessierte Internetnutzer
installiert oder darauf hinweist, dass die Bilder
nur für informierte und fachkundig beratene
Patienten zugänglich sind. Solche Einschrän-
kungen sehe das Gesetz nicht vor.
Das Landgericht Koblenz hatte einem Arzt unter-
sagt, für „Schönheitsoperationen“, also ästhetisch-
plastische Operationen ohne medizinische Not-
wendigkeit, mit Fotos im Internet zu werben, die
Patienten vor und nach dem Eingriff abbilden. Nach
§ 11 Abs.1 Satz 3 HWG
darf für derartige Eingriffe
nicht mit der Wirkung einer solchen Behandlung
durch eine vergleichende Darstellung des Aussehens
vor und nach dem Eingriff geworben werden. Das
OLG Koblenz sah in den Bildern, ebenso wie die
erste Instanz, einen Verstoß gegen
§ 11 Abs. 1 Satz 3
HWG
und damit auch gegen das Wettbewerbsrecht.
Das Gericht führte aus, dass der Gesetzgeber ein
solches Werbemittel bei den medizinisch nicht not-
wendigen Eingriffen gänzlich verboten habe. Die
vorhergehende Registrierung der potentiellen Pat-
ienten per E-Mail und der Hinweis, dass die Bilder
nur ausreichend informierten Patienten zugänglich
seien, könnten daran nichts ändern. Der Gesetz-
geber wolle mit dieser Regelung verhindern, dass
sich Menschen den mit einem medizinischen Ein-
griff verbundenen Risiken aussetzten, ohne dass es
einen medizinischen Anlass dafür gebe.
Die Ärztekammer hat sich mit gleichartigen
Fragestellungen von Kammerangehörigen befassen
müssen. Das Urteil des OLG Koblenz schafft Rechts-
sicherheit und gebietet einer Umgehung des Verbots
von Vorher-Nachher-Bildern Einhalt.
Werbung mit nicht vorhandenem Doktortitel
auf Internetportalen
Ein neues Urteil des Landgerichts Hamburg
bestätigt die bisherige Vorgehensweise und Bera-
tungspraxis der Ärztekammer Nordrhein bei fehler-
haften Einträgen von Ärztinnen und Ärzten in Inter-
netportalen.
Ärztinnen und Ärzte ohne Doktortitel müssen
dagegen vorgehen, wenn sie in Internetportalen
mit Titeln geführt werden, auch wenn sie die
Einträge nicht selbst veranlasst haben. Werden
sie nicht tätig, obwohl ihnen der Fehler bekannt
ist, verhalten sie sich pflichtwidrig. Das hat das
Landgericht Hamburg mit Urteil vom 26.7.2016
entschieden
(AZ.: 312 O 574/15)
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