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der Bauruine notwendig sind. Dabei blieb der
vormalige Chorbereich als Freiraum unüberdacht.
Neben dem früheren Kirchenschiff als zentralem
Veranstaltungsraum bietet ein Obergeschoss wei-
tere Gruppenräume. Sie sind über eine in den
Turm neu eingesetzte Treppe zugänglich, darüber
hinaus auch über einen Aufzug. Die ehemalige
Sakristei ist als Teeküche ausgebaut. Neuzeitliche
Sanitär-, Technik- und Heizräume wurden als
Flachbau an der Nordwestseite angelegt, orientiert
an den ergrabenen Außenwandfundamenten des
fünfschiffigen Vorgängerbaus.
Seit seiner Eröffnung hat sich die nunmehrige
Bürgerbegegnungsstätte Martinskirche als Ver-
sammlungs- und Veranstaltungszentrum für unter-
schiedlichste Zwecke fest etabliert. Der Zugang
findet im Erdgeschoss des Turmes über einen
eingeschossigen Vorbau statt. Dort hängt eine
Reproduktion des Schlachtengemäldes von Ary
Scheffer mit dem Titel „Gelübde Chlodwigs in
der Schlacht bei Zülpich“ aus dem Jahr 1837. Das
Original stammt aus der Galerie de Batailles des
Schlosses von Versailles. Hier soll es an Chlodwig
als Förderer des Kultes um St. Martin erinnern.
Vor dem Gebäude erinnert eine Jakobspilger-Stele
des LVR daran, dass die Kirche nach Quellen des
frühen 17. Jh. ursprünglich „st. Jacob, itzo aber
mutato nomine s. martino gewidmet“ gewesen sei.
Demzufolge hat sie im Mittelalter vielleicht auch als
Etappenziel für auf der Römerstraße von Köln über
Zülpich nach Süden ziehende Jakobspilger gedient.
Hinter der früheren Martinskirche finden wir
in der Normannengasse eine Gedenktafel am
Standort der früheren Synagoge Zülpichs. Die jü-
dische Konfession war seit dem Mittelalter die
zweitstärkste neben der katholischen. Der vor-
malige Bau war 1848 an dieser Stelle eingeweiht
worden. Das Gebetshaus der jüdischen Gemeinde
wurde auch hier bei den reichsweit gelenkten
Pogromen im November 1938 zerstört. Unter der
Hausnummer Martinstraße 35 sehen wir dort ein
zweieinhalbgeschossiges Fachwerkhaus des 17. Jh.
Die Inschrift imSturzbrett über der Tür weist 1666 als
Jahr seiner Errichtung aus. Das gut erhaltene Haus
mit noch originaler Fensterteilung im vorkragenden
Obergeschoss bildet damit das älteste, konkret
datierbare säkulare Gebäude der Innenstadt.
Wo die Martinstraße die Stadtbefestigung
durchbricht, wurde in einem Schalenturm der mit-
telalterlichen Stadtmauer wohl zu Beginn des 19. Jh.
eine kleine Kapelle, mit einem Marienbildnis
ausgestattet („Bildchen“), eingerichtet. Straßen-
seitig zeigt die Kapelle einen Backsteinportikus mit
9. Bürgerbegegnungsstätte Alte Martinskirche
10. Fachwerkhaus Martinsstraße 35 mit
Türsturz 1666
11. Haus Gilsdorff