WERDER MAGAZIN:
Zladdi, hast du in deiner
Karriere schon mal eine ähnlich schwierige
sportliche Phase mit einer Mannschaft erlebt
wie derzeit beim SV Werder?
ZLATKO JUNUZOVIC:
Oh ja, sogar noch
schwierigere und turbulentere: Ich bin mit
17 Jahren beim Grazer AK in Österreich Pro-
fi geworden, die ersten Probleme gab es, als
ich 18 war. Ein Jahr später hat der Verein
dann Konkurs angemeldet. Sportlich hatten
wir zwar den Verbleib in der ersten Liga
geschafft, mussten aber durch den Konkurs
absteigen. Ich habe daraufhin den Verein
gewechselt, um weiter erstklassig zu bleiben.
Aber auch mit meiner neuen Mannschaft,
dem SK Austria Kärnten, haben wir gegen
den Abstieg gekämpft.
Was hast du mitgenommen aus der damaligen
Zeit?
Diese Erlebnisse haben mich mental ge-
stärkt, meine Persönlichkeit geprägt. Ich
habe schon damals auch die negativen Seiten
des Fußballgeschäfts erlebt, viele schlechte
Menschen kennengelernt. Seitdem weiß ich,
was in welcher Situation wichtig ist und auf
wen man sich verlassen kann. Die Erfahrun-
gen von damals helfen mir dabei, die jetzige
Situation bei Werder richtig einzuordnen:
Für uns ist es derzeit zwar schwierig, aber
nicht so schlecht, dass man bereits alles auf-
geben muss.
Wie gehst du persönlich mit der Situation um?
Ich beschäftige mich quasi rund um die
Uhr damit, was bei uns gerade passiert – im
Verein, in der Mannschaft, in den Spielen.
Schließlich sind wir Spieler in hohem Maß
dafür verantwortlich, wie es Werder geht.
Wenn man lange nicht gewonnen hat, grü-
belt man darüber, was man verändern kann
und wie man das schafft. Manchmal will
man es auch erzwingen, dass man wieder
gewinnt und dass wieder positive Stimmung
herrscht. Aber dafür muss man mental stark
sein. Ob man wieder in die Erfolgsspur fin-
det, hängt von so vielen Faktoren ab. Es ist
harte und mühsame Arbeit. Wir müssen
uns dieser Situation stellen und uns daraus
befreien.
Bist du enttäuscht darüber, dass Fußball-Pro-
fis gerade diese starke Identifikation mit dem
Club, die intensive Auseinandersetzung mit
der sportlichen Situation von Außenstehen-
den manchmal abgesprochen wird?
Eigentlich ist es kaum möglich für Außenste-
hende, das wirklich gut zu beurteilen. Leider
gab es vor allem in den Medien in der Rück-
runde fast nur negative Schlagzeilen. Auch
diese Unruhe, die von außen in die Mann-
schaft getragen wird, beschäftigt uns natür-
lich. Wir sind Menschen, keine Maschinen.
Wir erleben alles, was uns passiert, mit Ge-
fühlen und Emotionen. Diese Situation geht
nicht spurlos an uns vorbei. Leider war in
der Mannschaft zum Teil eine gewisse Un-
sicherheit zu spüren. Wir dürfen aber nicht
den Kopf in den Sand stecken, sondern müs-
sen weiter arbeiten. Und wir müssen dabei
alle an einem Strang ziehen.
Gibt es nach einem Spiel wie dem 0:3 gegen
Wolfsburg direkt nach dem Abpfiff in der Kabi-
ne schon wieder aufmunternde Worte?
Erst mal ist es eher still, weil jeder Spieler
in sich geht. Gerade nach dem Wolfsburg-
Spiel waren alle tief enttäuscht. Diese Par-
tie hat auch uns Spielern sehr wehgetan.
Schließlich sind wir dafür verantwortlich,
was auf dem Platz geschieht. Und wenn
man für etwas Negatives verantwortlich ist,
s
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INTERVIEW