Situation. Dieses Grübeln darüber verlässt
einen nie.
Du bist seit eineinhalb Jahren bei Werder, hast
zu Beginn stets betont, dass du dir etwas Zeit
gibst, um dich an die Bundesliga zu gewöhnen.
Man hat den Eindruck, dass du dennoch sehr
schnell eine Führungsrolle in der Mannschaft
übernommen hast. Erhöht das den Druck?
Natürlich ist es schön, wenn man merkt, dass
einem in der Mannschaft zugehört wird,
dass das Wort Gewicht hat. Ich übernehme
gerne Verantwortung, versuche das zum Bei-
spiel auch in der Nationalmannschaft. Aber
mein wichtigstes Ziel ist immer, im Dienst
des Teams eine gute Leistung abzuliefern.
Dafür gehe ich an meine Grenzen. Manch-
mal klappt es besser, manchmal schlechter.
Das weiß ich. Am Anfang war es nicht leicht
für mich, Fuß zu fassen. Glücklicherweise
hat Thomas Schaaf mir von Beginn an ver-
traut, mich immer aufgestellt. So habe ich
mich schnell umgewöhnen können, aber es
war schon ein Unterschied zwischen der ers-
ten Liga in Österreich und der Bundesliga.
Wie erlebst du im Moment die Stimmung der
Fans?
Natürlich bekommen wir mit, dass sie sich
Sorgen machen. Die Fans leben Fußball, sie
leben für Werder. Aber es geht nicht nur um
die Fans, auch um die Mitarbeiter im Club.
Wir haben auch ihnen gegenüber eine große
Verantwortung. Viele Leute außerhalb des
Vereins denken, dass wir Spieler ein bisschen
spielen und, wenn die Mannschaft absteigt,
einfach weggehen. Aber so ist es nicht. Uns
alle nervt diese Situation, keiner will sie ha-
ben. Kein Spieler will in seinem Lebenslauf
stehen haben, dass er mit Werder abgestie-
gen ist. Das wäre auch für uns der Super-
Gau. Wir wissen um unsere Verantwortung.
Wir müssen noch enger zusammenrücken,
uns nur auf die derzeitige Situation konzent-
rieren. Und wir haben es selbst in der Hand,
deshalb bin ich sehr zuversichtlich.
Viel Kritik entlädt sich an Thomas Schaaf...
Auch für ihn ist es eine sehr schwierige Situ-
ation. Für die Mannschaft, für den Cheftrai-
ner, den gesamten Trainerstab – für uns alle
ist es ungemütlich im Moment. Der Trainer
arbeitet sehr intensiv mit uns, tut alles, was
in seiner Macht steht. Wir versuchen, das
umzusetzen, was er vorgibt. Klar ist: Wir
dürfen im Weser-Stadion nicht noch einmal
das Gesicht zeigen, das wir im Spiel gegen
Wolfsburg gezeigt haben.
Vor einiger Zeit musstest du pausieren, da
du dir im Länderspiel gegen Irland eine Knie-
verletzung zugezogen hattest. Grund war ein
hartes Foul deines Gegenspielers, das für eine
lange Fleischwunde sorgte. Wie viel Angst hat
man als Fußballer, dass ein solches Foul vom
einen auf den anderen Moment die Karriere
beenden könnte?
Dieses Risiko gehört zum Fußball dazu. Ge-
nauso wie zum Eishockey, zum American
Football, zu anderen Sportarten – überall
können Verletzungen entstehen. Der Geg-
ner schont einen nicht. In diesem Fall hätte
er mein ganzes Knie kaputt machen können.
Dann wäre ich ein paar Monate raus gewe-
sen. Jeder Spieler ist sich bewusst, dass es
schnell vorbei sein kann. Deshalb muss man
sich immer so vorbereiten, dass man topfit ist,
körperlich und mental. Und wenn man ein-
mal verinnerlicht hat, dass es im Fußball ins-
gesamt rasend schnell rauf und runter gehen
kann, dann kann man damit sehr gut leben.
Alle durften bei Facebook an deiner Wunde,
nachdem sie genäht war, teilhaben. Wie ent-
scheidest du, was du dort veröffentlichst?
Zunächst einmal: Ich betreue meine Face-
book-Seite wirklich selbst. Zuletzt habe ich
mich etwas zurückgehalten, gerade nach
den schwächeren Spielen. Denn da war ja
mehr oder weniger alles gesagt. Aber nach
der Verletzung war es mir wichtig, dass die
Leute erfahren, wie es mir geht. Viele hatten
das Länderspiel gesehen, wussten danach
nicht, was mit mir ist. Und da sich die Ver-
letzung zum Glück als relativ harmlos her-
ausgestellt hat, habe ich auf diesem Weg alle
informiert. Ich achte aber sehr darauf, wann
ein guter Zeitpunkt ist, etwas bei Facebook
zu schreiben, und wann ich es lieber lassen
sollte.
Dich verbindet eine besonders gute Freund-
schaft mit Theodor Gebre Selassie. Wie ist es
dazu gekommen?
Eigentlich dadurch, dass er mein Zimmer-
kollege geworden ist – zum ersten Mal beim
Trainingslager im Zillertal vor dieser Saison.
Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden.
Ich konnte damals nicht so gut Englisch, das
geht nun besser. Er kann nun besser Deutsch.
Wir können uns jetzt in zwei Sprachen sehr
gut verständigen. Und wir waren auch
schon zusammen im Urlaub in Österreich
– gemeinsam mit unseren Freundinnen. Es
ist wichtig, in der Mannschaft eine Bezugs-
person zu haben, mit der man sich sehr gut
versteht. Das macht alles etwas leichter.
Der geplante Wechsel von Mario Götze zum FC
Bayern München hat zuletzt die Liga beschäf-
tigt. Darf ein Fußballer 37 Millionen Euro wert
sein?
Das kommt darauf an, Mario Götze schon
(lacht)
. Ich finde, dass er ein überragender
Fußballer ist. Ich hätte auch 37 Millionen
für ihn bezahlt, Bayern hat aus meiner Sicht
alles richtig gemacht. Klar, das sind Wahn-
sinnssummen, die zum Teil bei solchen
Transfers fließen. Aber gewisse Spieler sind
es eben wert. Bei so viel Geld muss man sich
allerdings zu 100 Prozent sicher sein, dass
der Spieler passt. Wenn ich mir die Transfer-
politik der Bayern anschaue, kann man dem
Club nur gratulieren. Denn wer gewinnt
schon 4:0 gegen den FC Barcelona...
Wo wirst du dich im Sommer von dieser Saison
erholen?
Ich werde wohl ausschließlich in Österreich
sein. Die Zeit ist sehr knapp. Nach der Bun-
desliga-Saison fahren wir zur Nationalmann-
schaft. Ich habe erst ab dem 8. Juni Urlaub.
Wir werden dann sehr früh wieder anfangen
bei Werder. Aber ich freue mich auf Öster-
reich, denn ich habe schon ein bisschen
Heimweh...
(lacht)
Zum Abschluss noch die Frage: Wie lautet das
Erfolgsrezept für die beiden Heimspiele gegen
Hoffenheim und Frankfurt?
Ganz klar: Leidenschaft, Wille und Ent-
schlossenheit...
Interview: Martin Lange
Fotos: Pressefoto ULMER/Björn Hake
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24 WERDER MAGAZIN 306
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