WERDER MAGAZIN Nr. 310 - page 22

Wie erlebst du die Menschen in Bremen?
Sie scheinen sehr gut organisiert und diszip-
liniert zu sein. Ich konnte zwar noch nicht
so viele Leute kennenlernen. Aber mir wur-
de erzählt, dass die Menschen hier ruhiger
sind als in Italien. Bis jetzt hat sich das be-
stätigt.
Dein Fleiß beim Deutsch lernen ist sehr groß.
Du scheinst durchaus etwas Deutsches an dir
zu haben…
(lacht)
Das kann schon sein. Ich bin ein ru-
higer Typ, deswegen passe ich vielleicht sehr
gut nach Deutschland. Aber ich muss jetzt
erst mal die Sprache lernen, bevor ich sagen
kann, ob ich wirklich ein bisschen die Men-
talität habe oder nicht.
Die ersten Worte in einer neuen Sprache be-
hält man häufig im Kopf. Weißt du noch, was
du zuerst gelernt hast?
Das waren natürlich Begrüßungen und Ver-
abschiedungen wie ‚Guten Morgen‘ oder
‚Tschüs‘. Und dann vor allem Dinge aus dem
Fußball, die ich auf dem Spielfeld brauche,
also ‚links‘, ‚rechts‘ oder ‚Hintermann‘.
Du kannst gemeinsam mit Franco Deutsch
lernen. Er hat sich schon in seinen ersten Ta-
gen bei Werder als echter Spaßvogel erwiesen.
Kannst du dich da überhaupt konzentrieren?
Wir hatten bis jetzt erst eine Unterrichts-
stunde gemeinsam. Meistens lerne ich mit
meiner Freundin Carla. Aber es ist tatsäch-
lich so, dass Franco auch beim Deutschun-
terricht unheimlich viel und gerne redet, im-
mer wieder Späße macht und viel lacht.
Diego Maradona gilt in deiner Heimat Argen-
tinien noch immer als größter Fußballer aller
Zeiten. Warum wird er so verehrt?
Argentinien ist ein total fußballverrücktes
Land. Und Diego Maradona ist seit langem
die absolute Nummer eins. Auch ich habe
ihn schon als Kind bewundert und verehre
ihn auch heute noch – unabhängig davon,
womit er dann später außerhalb des Spiel-
felds so aufgefallen ist. Diego Maradona ist
durch seine Leistungen und Verdienste für
den argentinischen Fußball einfach eine Iko-
ne.
Ein guter Fußballer ist offensichtlich auch
dein Zwillingsbruder Manuel. Was zeichnet
ihn aus?
Er ist stark am Ball, sehr schnell, hat als Tor-
wart eine gute Ausstrahlung und ist eine
sehr starke Persönlichkeit.
Warum spielt er noch nicht in Europa?
Ein Grund ist, dass es ihm in Argentinien
einfach gut gefällt. Aber wer weiß, vielleicht
ergibt sich für ihn irgendwann die Möglich-
keit, nach Europa zu wechseln. Wenn es
nach mir geht, kann er jederzeit gerne zu
Werder kommen
(lacht)
.
Wie würdest du euer Verhältnis beschreiben?
Es ist ein sehr gutes und enges Verhältnis,
wie das bei Zwillingen eben so ist. Wir ha-
ben früher alles gemeinsam gemacht, waren
zusammen in der Schule, haben zusammen
Fußball gespielt. Nun sind wir schon seit fast
vier Jahren getrennt, er ist in Argentinien,
ich in Europa. Aber wir haben jeden Tag
Kontakt – am Telefon, per SMS oder Mail.
Wir sprechen über das Training, darüber wie
es uns geht. Und auch wenn uns die Tren-
nung damals extrem schwergefallen ist: Es
ist wichtig, dass jeder seinen eigenen Weg
geht und das macht, was für ihn richtig ist.
Hat das gute Verhältnis zu ihm tatsächlich dei-
nen Schritt nach Europa erschwert?
Am Anfang habe ich darüber gar nicht nach-
gedacht, aber als dieser Wechsel dann im-
mer näher kam, ist es mir doch schwergefal-
len. Allerdings war es immer mein Traum, in
Europa Fußball zu spielen. Deswegen war es
klar, dass ich diese Entscheidung nicht mehr
rückgängig machen würde.
Interview und Text: Martin Lange
Übersetzung: Sonja Dundon
Fotos: Carsten Heidmann
WER IST WER?
Santiago Garcia und sein Bruder
Manuel: Am 08.07.1988 wurden
die Zwillinge in Rosario in der
Provinz Santa Fé in Argentinien
geboren. Während Santiago 2010
den Sprung nach Europa wagte,
spielt Manuel noch immer in
der südamerikanischen Heimat
– allerdings mit Erfolg: Er ist
Torwart des Erstligisten Club
Atlético Rosario Central, läuft
seit vier Jahren in der höchsten
argentinischen Liga auf. Für Ende
Dezember hat er einen Besuch in
Bremen geplant.
Erraten? Santiago Garcia ist
auf diesem Foto links zu sehen
(im weißen T-Shirt), sein Bruder
Manuel rechts.
m
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Mehr von Santiago
Garcia gibt es
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und dabei sein.
22 WERDER MAGAZIN 310
INTERVIEW
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