WERDER MAGAZIN Nr. 317 - page 22

„Schnell heimisch
gefühlt“ 
Etwas mehr als ein halbes Jahr
als Cheftrainer bei Werder Bremen liegt hinter Robin Dutt.
Der 49-Jährige spricht über emotionale Momente, die Balance
von Defensive und Offensive, Talentförderung und seine
Erwartungen im weiteren Saisonverlauf.
WERDER MAGAZIN:
Herr Dutt, sind Sie be-
reit für die nächsten sechs Jahre in Bremen?
ROBIN DUTT:
(lacht)
Sie spielen auf meine
Aussage nach der Partie gegen Leverkusen
an...
... als Sie sagten, die sechs Monate in Bremen
fühlten sich an wie sechs Jahre.
Zunächst einmal: Ja, ich bin bereit! Ich bin
in der Winterpause unzählige Male dar-
auf angesprochen worden, und ich musste
feststellen, dass ich etwas
falsch verstanden worden
bin. Ich wollte nicht aus-
drücken, dass mir die Zeit
so schwerfiel, sondern wie
verbunden ich mich schon
nach dieser intensiven An-
fangsphase mit Werder, mit
Bremen und der ganzen Re-
gion fühle.
Wie drückt sich das aus?
Ich fühle mich einfach als Mensch sehr
wohl. Und die ersten sechs Monate haben
mich darin bestärkt, dass es genau dieser
Standort ist, an dem ich in den nächsten
Jahren arbeiten will. Ich habe das Gefühl,
dass ich zu den Menschen hier passe. Und
ich möchte es mir erarbeiten, dass die Men-
schen dieses Gefühl erwidern können. Ich
bin super aufgenommen worden. Ich empfin-
de es schon als Besonderheit, wenn man als
Süddeutscher in den hohen Norden kommt
und sich so schnell heimisch fühlt. Das alles
spiegelte sich nach dem Leverkusen-Spiel in
meiner Aussage wider.
Es war ein emotionaler Moment nach dem
1:0-Sieg. Sie hatten fast Tränen in den Augen.
Ja, das waren Emotionen pur nach dem
Schlusspfiff, weil wir alle das Gefühl hatten,
den Fans endlich etwas
zurückgegeben zu haben.
Etwas, das länger dauert
als nur ein Wochenende,
weil durch die Winterpau-
se nicht gleich wieder das
nächste Spiel kam. Dieses
Gefühl hatte die Chance,
vier Wochen lang konser-
viert zu werden, uns durch
die Vorbereitung zu tragen. Es war auf jeden
Fall ein Moment, in dem ich nicht auf einer
Sachebene ‚tickte‘.
Haben Sie diesen Spirit im Trainingslager in Je-
rez gespürt? Und inwieweit konnte die Mann-
schaft das zum Rückrundenstart zeigen?
Die Mannschaft hat im Trainingslager sehr
gut mitgezogen und intensiv gearbeitet.
Nach den ersten beiden Spielen hat sich aller-
dings eine gewisse Ernüchterung eingestellt.
Oft habe ich die Wettkampfmentalität der
Mannschaft gelobt, aber diese habe ich in
den letzten beiden Partien vermisst. Beson-
ders mit der Art und Weise im Spiel gegen
Augsburg bin ich sehr unzufrieden. Wir kön-
nen nur in der Liga punkten, wenn jeder an
seine Grenzen geht und komplett auf Werder
fokussiert ist.
Die Gegner hatten in der Hinrunde vor allem zu
oft ins Werder-Tor getroffen. Welche Gründe
gab es dafür?
Das ist vielschichtig. Ich habe in der Win-
terpause die Hinrunden-Spiele noch einmal
aufgearbeitet und alle 37 Gegentore angese-
hen. Diese Analyse habe ich der Mannschaft
am ersten Tag des Trainingslagers präsen-
tiert. Und es gab einige Lösungsansätze.
Nur ein Beispiel: Die individuellen Fehler
sind vielleicht nicht planbar abzustellen,
aber man kann sich so aufstellen, dass ein
anderer sie korrigiert. Dafür müssen wir den
Teamgeist nutzen, der die Mannschaft bisher
so ausgezeichnet hat.
Gegen Leverkusen und Braunschweig hat die
Mannschaft gepunktet, weil sie defensiver
agierte als in einigen Phasen der Hinrunde.
Sie haben damals eingeräumt, vielleicht zu
früh zu viel Offensive gewagt zu haben.
s
„Wir müssen
den Teamgeist
nutzen, der die
Mannschaft
auszeichnet“
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INTERVIEW
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