D
ie norddeutsche
Fußball-Hierarchie
stand 1963 ungefähr
so fest wie der Bremer
Roland. Mit 15 Oberliga-Titeln
in 16 Jahren hatte sich der Ham-
burger SV als Branchenprimus
etabliert. Dem SV Werder war
nur die unliebsame Rolle des
Verfolgers geblieben. Ein Bild,
das sich auch mit dem Start der
Bundesliga fortzusetzen schien.
Die Grün-Weißen gewannen
zwar ihre Auftaktpartie, danach
folgte jedoch eine fünf Spiele
währende Durststrecke. Anders
der HSV, der nach sechs Partien
auf dem zweiten Tabellenplatz
lag. Doch das erste Duell auf der
neuen, großen Fußballbühne
‚Bundesliga‘ weckte beim SV
Werder offenbar neue Kräfte.
Angreifer
Gerhard Zebrowski
köpfte bereits in der 10. Minute
die 1:0-Führung, ehe Arnold
‚Pico‘ Schütz nur vier Minuten
später nachlegte. Die Gäste wa-
ren in der Anfangsphase sicht-
lich überfordert. Das lag zum
einen an den Werderanern Max
Lorenz und Helmut Schime-
czek, die sich aufopferungsvoll
um Willi Giesemann und Ernst
Kreuz kümmerten, und ande-
rerseits an Helmut Jagielski, der
HSV-Ikone Uwe Seeler abmelde-
te. Einzig Gert ‚Charly‘ Dörfel
war nicht in den Griff zu bekom-
men. Der agile Linksaußen sorg-
te im mit 40.000 Zuschauern
ausverkauften Weser-Stadion für
mächtigen Wirbel und traf nach
25 Minuten zum zwischenzeit-
lichen 2:1.
Die Sorgenfalten
bei Werder-Trai-
ner Willi Multhaup hielten sich
trotzdem in Grenzen – denn
‚Pico‘ Schütz erhöhte nur zwei
Minuten nach Wiederanpfiff
auf 3:1. Sein 30-Meter-Sonn-
tagsschuss sollte jedoch nicht
das letzte Highlight des Tages
gewesen sein. Nachdem Uwe
Seeler doch noch zu seinem Tor
gekommen war (55. Minute),
schnappte sich der an diesem
Tag überragende Zebrowski den
Ball, tanzte seine Gegenspieler
gleich reihenweise aus und
legte schließlich auf Schütz
ab, der zum 4:2-Endstand (79.)
einschob. Der Nordderby-Sieg
wurde für den SV Werder zum
Wendepunkt. Bis zur Winter-
pause verlor die Mannschaft nur
noch ein einziges Spiel.
Die Premiere in der
neuen Liga
Bewegte Bilder dieses Spiels
gibt es bei WERDER.TV.
Einfach den 2D-Code
scannen und anschauen!
DAS SPIEL
DES GERHARD
ZEBROWSKI
‚Selbst Freunde des HSV (...)
können sich nicht erinnern,
dass ein Spieler die Abwehr des
HSV einmal derart durcheinan-
dergeschüttelt, verwirrt und
genarrt hat (...)‘ – das schrieb
der ‚Weser-Kurier‘ über Gerhard
‚Zebro‘ Zebrowski. Der so Ge-
lobte weiß noch, wie er sich und
seinen Zimmerkameraden Josef
‚Sepp‘ Piontek motivierte: „Wir
wollten beide ein Haus bauen.
Mit Blick auf die Siegprämien
hieß es dann: Denk daran, heute
geht’s wieder um 1.000 Steine.“
Fotos: imago
Tor für Werder!
Gerhard Zebrowski (2. v. li.) und Klaus
Hänel (2. v. re.) mit den HSVern Dieter Seeler, Erwin
Piechowiak und Horst Schnoor (v. li.).
WERDER MAGAZIN 318 15
UNVERGESSENE NORDDERBYS
Saison 1963/1964 · Bundesliga, 7. Spieltag · SV Werder Bremen – Hamburger SV 4:2 (2:1)
1:0 Zebrowski (10.), 2:0 Schütz (14.), 2:1 Dörfel (25.), 3:1 Schütz (47.), 3:2 U. Seeler (55.), 4:2 Schütz (79.)
12. Okt.
1963
HIGHLIGHTS DER
NORDDERBY-HISTORIE
Anlässlich des 100. Duells zwischen
dem SV Werder Bremen und dem
Hamburger SV in der Bundesliga blickt
das WERDER MAGAZIN auf eine Aus-
wahl von zehn unvergessenen Nordder-
bys – in der Liga, im DFB-Pokal und im
UEFA-Cup – zurück. Los geht’s na-
türlich mit dem ersten von bisher 99
Aufeinandertreffen in der 1963 gegrün-
deten Eliteliga des deutschen Fußballs.