WERDER MAGAZIN Nr. 318 - page 19

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ie Stimmung im Weser-
Stadion war eigentlich
schon nicht mehr zu
toppen. Kein Wunder,
schließlich sind Derby-Siege
die schönsten Siege – erst recht,
wenn sie so hoch ausfallen wie
am 29. Mai 1993. Durch Tore
von Andreas Herzog, Wynton
Rufer (2) und Stefan Kohn lag
der SV Werder bereits mit 4:0
in Front – und jetzt, in der
ersten Minute der Nachspiel-
zeit, erzielte ‚Alpen-Maradona‘
Herzog auch noch das 5:0. Weit
mehr als ‚nur‘ ein weiteres
Tor. Stadionsprecher Christian
Günther brachte den gut 38.000
Zuschauern Gewissheit. „Damit
sind wir oben“, verkündete der
Mann mit der markanten Stim-
me. Und tatsächlich: Mit ihrem
fünften Treffer schoben sich die
Grün-Weißen vor dem letzten
Spieltag am FC Bayern München
vorbei an die Tabellenspitze.
Entschieden war das Rennen
um den Meistertitel damit zwar
noch nicht. Doch mit der neuen,
verbesserten Ausgangssituation
hatte der SV Werder das Tor zum
Titel weit aufgestoßen.
Zu Spielbeginn
hatte allerdings
wenig auf diese Wendung
hingedeutet. Das Team agierte
zunächst behäbig, fast schien
der enge Titelkampf die Beine
ein wenig zu lähmen. Trainer
Otto Rehhagel ließ deshalb die
Zwischenmeldungen aus dem
Münchener Olympiastadion ein-
stellen – doch effizientere Hilfe-
stellung kam von anderen Prot-
agonisten. HSV-Stürmer Armin
Eck verletzte sich unmittelbar
vor einem Torschuss so schwer,
dass er die Partie nach nur 14
Minuten beenden musste. Ham-
burgs Torwart Nils Bahr (der
den verletzten Stammkeeper
Richard Golz ersetzte) ließ nach
32 Minuten einen durchaus halt-
baren Herzog-Schuss passieren,
ehe Schiedsrichter Dr. Markus
Merk den Werderanern nur
fünf Minuten
später einen
umstrittenen
Foulelfmeter
zusprach. Dass
der HSV in der
Schlussphase
kaum noch
Gegenwehr leistete, passte ins
Bild. Überzeugt hatten die Grün-
Weißen zwar nicht. Das Ergeb-
nis aber sprach für sich. Und die
Bayern gewannen an diesem
Spieltag ‚nur‘ mit 3:1 gegen den
VfL Bochum. Am letzten Spieltag
schließlich sicherte sich der SV
Werder mit dem 3:0-Erfolg in
Stuttgart die Schale, die Mün-
chener kamen beim FC Schalke
04 nicht über ein 3:3 hinaus.
„SCHÜTZENHILFE?
VÖLLIG AUS DER
LUFT GEGRIFFEN!“
Befeuert von Aussagen aus
dem Lager des FC Bayern Mün-
chen, fand der Auftritt des HSV
ein großes Medienecho. ‚Ein
Meisterstück des HSV‘ oder
‚Hamburger Schummel Verein‘
titelte der Boulevard – und griff
die Vorlagen aus München
(‚Schützenhilfe‘, ‚Kumpanei da
oben im Norden‘) dankbar auf.
„Da sprach der Frust aus den
Bayern“, ist sich Werders dama-
liger Rechtsaußen Thomas Wol-
ter sicher. „Wenn man um die
Rivalität zwischen Bremen und
Hamburg weiß, muss man nicht
erklären, dass die Diskussion völ-
lig aus der Luft gegriffen war.“
Saison 1992/1993 · Bundesliga, 33. Spieltag · SV Werder Bremen – Hamburger SV 5:0 (2:0)
· 1:0 Herzog (32.),
2:0 Rufer (37./FE), 3:0 Kohn (70.), 4:0 Rufer (87.), 5:0 Herzog (90.)
Bewegte Bilder dieses Spiels
gibt es bei WERDER.TV.
Einfach den 2D-Code
scannen und anschauen!
„Damit sind
wir oben“
29. Mai
1993
Doppel-Torschützen
Wynton Rufer (Foto li.)
und Andreas Herzog (Foto oben) beteiligten
sich mit jeweils zwei Treffern am Schützen-
fest gegen den HSV.
Fotos: imago
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UNVERGESSENE NORDDERBYS
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