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r habe einen Wunsch,
bekannte Otto Rehhagel
vor dem 19. Spieltag der
Saison 1982/1983. „Ich
träume davon“, sagte der Trai-
ner des SV Werder, „einmal 90
Minuten so ruhig auf der Bank
zu sitzen wie Ernst Happel.“ Un-
terschiedlicher als diese beiden
Fußballlehrer konnte man in der
Tat kaum sein. Hier Rehhagel,
der unermüdliche Antreiber,
der mit seinem Team seit dem
Wiederaufstieg zwei Jahre zuvor
die Bundesliga aufmischte. Dort
Happel, der stoischer Grantler,
der den Hamburger SV auf
Anhieb zu einer Art ‚Überteam‘
formte. Der Deutsche Meister
und UEFA-Cup-Finalist hatte
eine schier unglaubliche Serie
hingelegt. Das Team um Spiel-
macher Felix Magath, Horst Hru-
besch und Manfred Kaltz war
seit mehr als einem Jahr in 36
Bundesliga-Spielen ungeschlagen.
Ein Rekord, der erst 30 Jahre spä-
ter gebrochen werden sollte.
Dass die jungen,
unbekümmert
aufspielenden Werderaner dem
Hamburger Star-Ensemble aber
durchaus gefährlich werden
könnten, war im Januar 1983
unübersehbar. Nach etwas holp-
rigem Saisonstart galt der SVW
als das ‚Team der Stunde‘. „Wir
wussten, dass wir um den Titel
mitspielen konnten“, erinnert
sich Werders Torwartlegende
Dieter Burdenski. „Und im
Weser-Stadion hatten wir damals
seit gefühlten zwei Jahren nicht
verloren.“
Tatsächlich
traf Rudi Völler in
der 43. Minute zur Führung für
die Grün-Weißen. Das zweite
Tor des Tages gelang dann jedoch
einem ‚Hamburger Jung‘ – aller-
dings im Dress des SV Werder.
Angreifer Frank Neubarth, von
Happel für untauglich befunden
und deshalb im Sommer an die
Weser gewechselt, erzielte in sei-
nem sechsten Bundesliga-Einsatz
bereits seinen dritten Treffer.
Dass Lars Bastrup nur vier Minu-
ten nach Wiederanpfiff mit dem
2:1-Anschlusstreffer konterte,
schien die Grün-Weißen wenig
zu beeindrucken. Werder-Kapi-
tän Benno Möhlmann erhöhte
nach einer guten Stunde auf 3:1.
Dramatisch
dann die Schluss-
phase: „In den letzten vier, fünf
Minuten stand die Partie noch
mal auf des Messers Schneide“,
erinnert sich Dieter Burdenski.
Ditmar Jakobs hatte die Gäste
kurz vor dem Ende auf 3:2 he-
rangebracht, nun warf der HSV
noch mal alles nach vorne. „Auf
der Linie war ich der vielleicht
der beste Torwart Deutschlands“,
sagt Burdenski.
„Aber in der Straf-
raumbeherrschung
hatte ich Defizite.
Gegen den HSV
konnte das fatal
sein, denn Horst
Hrubesch ist wie
ein Tier in die Bälle
gesprungen.“ Doch
‚Budde‘ und seine
Kollegen waren an
diesem Tag fest ent-
schlossen, den Sieg
festzuhalten. Der
SV Werder machte
die Sensation per-
fekt – und lieferte dem HSV im
Saisonfinale einen packenden
Titelkampf.
Endstation Weser-Stadion
„Ich bin noch nie so viel
gerannt wie in diesem Spiel“
Werder-Angreifer Rudi Völler (li.) nach dem
Schlusspfiff
Saison 1982/1983 · Bundesliga, 19. Spieltag · SV Werder Bremen – Hamburger SV 3:2 (2:0)
· 1:0 Völler (43.),
2:0 Neubarth (45.), 2:1 Bastrup (49.), 3:1 Möhlmann (65.), 3:2 Jakobs (87.)
29. Jan.
1983
Faire Rivalen
Uli Stein, Benno Möhlmann und
Dieter Burdenski vor dem Anpfiff (Foto li.,
v. li.). Großes Foto: Frank Neubarth (li.) bei
seinem Treffer zum 2:0.
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