WERDER MAGAZIN Nr. 322 - page 26

sein, dass wir eine der treuesten und fairsten
Fan-Gemeinden der Liga haben. Und natür-
lich hatten wir nie die Extremsituation, auf
einem Abstiegsplatz zu stehen. Das war si-
cher auch ein wertvolles Gut in dieser Saison.
Ein wesentlicher Eckpunkt dieser Saison war
der Wechsel im Tor – von Sebastian Mielitz zu
Raphael Wolf. Wie ist die Mannschaft damit
umgegangen?
JUNUZOVIC:
Bei der Bekanntgabe durch das
Trainerteam war es sicher für alle überra-
schend. Denn ein Torwartwechsel während
der Saison ist nicht alltäglich. Trotzdem
gehört es zum Fußball dazu. Die Torhüter
wussten immer, dass es einen Konkurrenz-
kampf gibt – und sie haben die Entscheidung
professionell angenommen. Das gilt auch für
die Mannschaft. Für uns bedeutet es, Rapha
als Nummer eins genauso zu unterstützen
wie Miele als Nummer zwei. Umgekehrt ha-
ben wir es vorher auch gemacht.
Im Tor wird mit Richard Strebinger zudem ein
Landsmann von euch einen Sprung machen.
Zu Recht?
PRÖDL:
Richie ist im Training ganz vor-
ne mit dabei. Er gibt immer Gas, lässt sich
überhaupt nicht davon beeindrucken, dass
er aktuell ‚nur‘ die Nummer drei ist. Von
seinen Trainingsleistungen her hat er es sich
auf jeden Fall verdient, nächstes Jahr zur
Nummer zwei aufzurücken. Er hat eine gute
Ausstrahlung – und das in jungen Jahren mit
noch relativ wenig Erfahrung. Ich sage das
nicht nur, weil er Österreicher ist
(lacht)
,
sondern weil er einfach eine tolle Einstel-
lung und ein wirklich starkes Auftreten hat.
In der ersten Saison mit einem neuen Trai-
ner muss sich vieles erst einspielen. Welche
Schritte könnt ihr in der nächsten Spielzeit
machen?
JUNUZOVIC:
Wir hatten vom Beginn der Vor-
bereitung an eine gute Struktur, ein klares
System, das sich dann aber – erst durch die
späten Transfers, dann auch durch Verlet-
zungen – immer wieder leicht verändert hat.
Wir waren nie richtig im Rhythmus. Den-
noch hat man die Handschrift des Trainers
gesehen, gerade was die Kompaktheit im
Auftreten der gesamten Mannschaft betrifft.
Wir müssen nach der Saison analysieren, wo
wir stehen. Viele Experten hatten uns einen
Abstiegsplatz prophezeit. Dort haben wir
nie gestanden und deshalb aus meiner Sicht
in einigen Phasen durchaus ein recht gutes
Bild abgegeben. Das wird allerdings von den
Spielen getrübt, in denen wir so gut wie gar
keinen Zugriff bekommen haben. Da müssen
wir uns deutlich steigern.
Wie groß ist noch die Wehmut, dass ihr im
Sommer die WM in Brasilien vor dem Fernse-
her verfolgen müsst und nicht mit Österreich
dabei seid?
JUNUZOVIC:
Die knappe Niederlage in
Schweden am Ende der Qualifikation war
schmerzhaft für uns. Es wäre schön gewe-
sen, als Gruppenzweiter in den Play Offs
noch einmal die Chance zur Qualifikation
zu bekommen. Nun müssen wir nach vorne
schauen und die EM 2016 in Angriff neh-
men. Denn wir haben insgesamt eine gute
Qualifikation gespielt, mit unserer Spielwei-
se positiv überrascht und viel Zustimmung
bekommen. Wir wissen, dass wir auf dem
richtigen Weg sind.
Wer ist euer WM-Favorit?
PRÖDL:
Unser Favorit hat sich ja leider nicht
qualifiziert…
(lacht)
JUNUZOVIC:
Der bleibt in Österreich…
(lacht)
PRÖDL:
Im Ernst: Es sind die üblichen wie
Deutschland, Brasilien, Spanien.
JUNUZOVIC:
Für mich gehört auch Belgien
dazu. Ihnen traue ich das Viertelfinale oder
sogar das Halbfinale zu. Und wenn man dort
einmal ist, dann kann alles passieren.
Beim letzten Saison-Heimspiel gegen Hertha
BSC werden viele Spieler der Mannschaft, die
für Werder im Jahr 2004 das Double gewonnen
hat, im Weser-Stadion sein. Begonnen hatte
die Saison damals mit dem legendären Aus im
UI-Cup gegen das österreichische Team des
FC Pasching…
PRÖDL:
Eine Riesen-Überraschung. Ich
kann mich daran erinnern, dass ich es da-
mals gar nicht glauben konnte.
JUNUZOVIC:
4:0 ging das Spiel in Pasching
aus, oder?
PRÖDL:
Ich dachte, dass Werder das Hinspiel
sicher mit 6:0 oder 7:0 gewonnen hatte. Erst
dann habe ich erfahren, dass das 4:0 für Pa-
sching erst das erste Spiel war. Unglaublich…
Damals war Werder für euch noch weit weg…
PRÖDL:
Aber mit seinem großen Namen
natürlich sehr präsent in Österreich. Vor al-
lem auch dadurch, dass mit Andi Herzog ein
österreichisches Idol lange Zeit hier gewesen
war. Außerdem hat Werder früher schon
attraktiven Fußball gespielt, war als zweite
Macht in Deutschland nach dem FC Bayern
auch in unserer Heimat bekannt.
Es war eine Zeit, in der auch ihr euch schon
kanntet…
JUNUZOVIC:
Wir haben bereits in der Jugend
gegeneinander gespielt. Und das hat mir da-
mals einen der schönsten Momente meiner
Karriere beschert
(lacht)
.
PRÖDL:
Dass du das immer wieder erzählen
musst…
JUNUZOVIC:
In der U19 haben wir damals
mit dem Grazer AK 3:1 oder 4:1 gegen Sturm
Graz gewonnen. Und da hat Basti doch glatt
einen ‚Tunnel‘ von mir bekommen.
Dennoch ist eine enge Freundschaft entstan-
den?
PRÖDL:
Das kann man so sagen. Als Kon-
kurrenten kennen wir uns schon ewig, dann
später natürlich aus der Nationalmannschaft
auch als Teamkollegen. Bei der U-20-Welt-
meisterschaft in Kanada haben wir uns zum
Beispiel ein Zimmer geteilt. Wir sind beide
in der Gegend um Graz aufgewachsen und
hätten früher nie gedacht, dass es uns mal
1.200 Kilometer von der Heimat entfernt zu-
sammenführen würde.
Basti, wie sehr stellt sich für dich nach sechs
Jahren beim SV Werder die Frage nach einer
Veränderung?
s
„Unser
WM-Favorit?
Der hat sich
leider nicht
qualifiziert…“
INTERVIEW
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