

Ärztekammer
Nordrhein
Jahresbericht 2015
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Allgemeine Fragen der Gesundheits-, Sozial- und Berufspolitik
gesetz eine Ausdehnung der ärztlichen Präventions-
empfehlung über Bewegungs- und Ernährungsan-
gebote hinaus auch auf Angebote der Frühen Hilfen
erfolgen wird. Eine engere Verzahnung zwischen
dem Gesundheitswesen und den Angeboten der
Frühen Hilfen, die im Schwerpunkt von der Jugend-
hilfe organisiert seien, sei unbedingt nötig, damit
alle Bedürftigen notwendige Hilfen erhalten und
Synergieeffekte genutzt werden können.
Laut einer Befragung des Nationalen Zentrums
Frühe Hilfen unter niedergelassenen Ärzten fühlen
sich viele Kollegen von der Vielfalt der Angebote
überfordert, führte Paul fort. Ergebnis: Es kommt
zu weniger Kooperationen vor Ort als dies wün-
schenswert erscheint. Darüber hinaus empfänden
es einige Ärzte als schwierig, Familien auf psycho-
soziale Probleme anzusprechen oder mögliche Pro-
bleme der Kinder in der weiteren Entwicklung zu
thematisieren – weil die Eltern dieses zum Anlass
nehmen könnten, die Praxis zu wechseln. Hinter-
grund ist die Angst der Eltern, der Arzt könne seine
Erkenntnisse zum Anlass nehmen, das Jugendamt
einzuschalten, so Paul.
Babylotsen in Hamburg und Berlin
Um Systemgrenzen zwischen Ärzten und Frü-
hen Hilfen zu überwinden, werde in Baden-Würt-
temberg in Kooperation mit KBV und KV Baden-
Württemberg ein Modellprojekt gefördert, bei dem
die Erforschung der systematischen Zusammen-
arbeit von Ärztinnen und Ärzten mit Fachkräften
der Frühen Hilfen in gemeinsamen Qualitätszir-
keln imMittelpunkt steht. Ein weiterer Ansatz, Hil-
fen über Systemgrenzen hinweg zu organisieren,
sei, belasteten Eltern schon in den Geburtskliniken
eine Familienhebamme zur Seite zu stellen, führte
Paul fort. Dazu werde das Modell „Babylotse plus
Charité“ gerade von der Universitätsklinik der
Hauptstadt getestet und evaluiert. Babylotse plus
Charité knüpft an das Programm „Babylotse Ham-
burg“ der Stiftung SeeYou der Hansestadt an. In
Hamburg ist das soziale Frühwarnsystem seit dem
Jahr 2007 in den Geburtskliniken aktiv. Wissen-
schaftlich begleitet und evaluiert wurde das Pro-
jekt 2007 bis 2010 durch das Universitätsklinikum
Eppendorf. Sollten die Studienergebnisse in Berlin
ebenfalls positiv ausfallen, wolle das Zentrum dar-
an arbeiten, das Modell möglichst flächendeckend
auszuweiten und mit bestehenden Strukturen wie
dem Modell Kinderzukunft NRW zu verzahnen.
Stellvertretend für die vielen bestehenden Ange-
bote für Kinder psychisch kranker Eltern in NRW
stellten im Anschluss Dr. Hartmut Thieme die Ar-
beit der Tagesklinik Pionierstraße, Klinik und Am-
bulanz für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Köln,
und die Sozialpädagogin und -arbeiterin Kerstin
Seidel das „Netzwerk Felix“ der Arbeiterwohlfahrt
im Kreis Viersen vor. Beide Einrichtungen infor-
mieren auf ihren Internetseiten
(siehe Randspalte)
über ihre Arbeit.
Versorgung von Flüchtlingskindern
Welche Herausforderungen sich bei der Behand-
lung von geflüchteten Kindern, die zum Teil durch
Krieg und Vertreibung in der Heimat traumatisiert
wurden, in Deutschland ergeben, machte die Fach-
ärztin für Kinder- und Jugendmedizin in Köln, Dr.
Ursula Kleine-Diepenbruck, deutlich: Sie gab wert-
volle Hinweise, worauf niedergelassene Ärztinnen
und Ärzte bei der Behandlung dieser Kinder achten
sollten. Als problematisch stellten sich neben dem
Zugang zum Versorgungssystem vor allem sprach-
liche Barrieren heraus. Nicht immer gelinge es, So-
zialarbeiter, Stadtteilmütter oder Dolmetscher über
ehrenamtliche Organisationen zu finden, die bei
der Untersuchung anwesend seien und Sprachbarri-
eren überbrücken könnten. Mittlerweile lägen aber
von Institutionen wie dem Robert-Koch-Institut in
vielen Sprachen Medien zum Einsatz in der Praxis
vor
(siehe Randspalte)
.
Mechthild Paul, Leiterin des Nationalen Zentrums
Frühe Hilfen: Unser Ziel muss die engere Verzahnung
zwischen Gesundheitswesen und Frühen Hilfen sein.
Links zu Angeboten und
Unterstützungssystemen
www.fruehehilfen.de www.kvbawue.de/qualitaet/qualitaetssicherung/fruehe-
hilfen/
http://kinderkliniken.charite.de/engagement/unsere_projekte/
babylotse_plus/
www.netzwerk-felix.dewww.tagesklinik-
pionierstrasse.deMehrsprachiges Material
zum Thema
Vorsorge und Impfen
www.bzga.de/InfomaterialienMaterialien zum Thema
„Impfen“ und „Infektions-
schutz“ und Vorsorgeunter-
suchungen
www.rki.deMaterialien zum Thema
„Impfen“ in 16 Sprachen