KURS MAGAZIN 11/2013 - page 46

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KURS
11 / 2013
IMMOB I L I EN
Baustelle Altersarmut
Die anhaltend niedrigen Zinsen hinterlassen Spuren bei
der Bereitschaft der Bundesbürger zur Altersvorsorge.
Knapp die Hälfte aller Berufstätigen will die private
Altersvorsorge
auch deshalb nicht mehr erweitern. Auf
der anderen Seite sind Immobilien gefragter denn je.
W
ie eineAllensbach-Studie der Postbank ergab,möchten
ein Drittel der Berufstätigen mit Plänen zum Vorsor-
geausbau ein Haus oder eineWohnung zum Selbstbe-
zug bauen oder kaufen. Das ist fast die Hälfte mehr als noch
vor fünf Jahren. Gründe sind die vergleichsweise günstigen Fi-
nanzierungsmöglichkeiten und der Gedanke an das mietfreie
Wohnen imAlter. „Die eigenen vierWände sind inzwischen mit
weitem Abstand die beliebteste Form in Deutschland, für das
Alter vorzusorgen“, resümiert Dieter Pfeiffenberger, Bereichs-
vorstand Immobilienfinanzierung der Postbank.Auf denPlätzen
zwei und drei der Beliebtheitsskala beimVorsorgeausbau liegen
hinter dem Eigenheim zwei weitere Formen des „Betongolds“:
Der Abschluss eines Bausparvertrages sowie der Erwerb von
Immobilien zur Vermietung.
Die Gründe des Vormarsches der Immobilie als Altersvorsorge
liegen auf der Hand: Gut zwei Drittel aller Deutschen geben
sehen angesichts der Wertvernichtung durch die Niedrigzin-
sphase das eigene Haus oder die eine eigene Wohnung als
„ideale Form der Alterssicherung“. Andere Anlagen wie etwa
Lebensversicherungen haben dagegen, insbesondere durch die
Niedrigzinsphase, stark an Ansehen verloren. Nur elf Prozent
der Deutschen halten eine Lebensversicherung mit Kapitalaus-
zahlung noch für „besonders rentabel“.
Entsprechend haben sich auch die Pläne der Berufstätigen
verändert, die ihre Vorsorge ausbauen wollen. Nur noch
fünf Prozent planen, eine klassische Lebensversicherung mit
Kapitalauszahlung abzuschließen. Und auch für eine private
Riester-Rente interessieren sich nur noch neun Prozent der
Berufstätigen, die ihre Altersvorsorge ausbauen wollen.
Seit 2003 ist der Kreis der Berufstätigen, die nicht vermehrt
vorsorgen wollen, laut der jährlich erhobenen Studiendaten um
fast 60 Prozent gewachsen – auf
denbisher höchsten in zehn Jah-
ren gemessenen Stand.Zugleich
wird auch der Ruf nach stär-
kerer staatlicher Unterstützung
beim Eigenheimerwerb laut.
Fast 40 Prozent der Berufstäti-
gen fordern dies. „Die Verbes-
serungen bei der Wohnriester-
Förderung ab 2014 sind in
diesem Sinn sicherlich ein erster
richtiger Schritt“, ist Pfeiffen-
berger überzeugt. So verlange
die gegenwärtige Niedrigzins-
phase grundsätzlich mehr statt
weniger Sparanstrengungen,
um den Lebensstandard im Alter halten zu können. Doch die
niedrigen Zinsen für Finanzanlagen senkten immer stärker den
Anreiz hierzu. Dadurch könne eine gefährliche Abwärtsspirale
für die gesamte Altersvorsorge in Deutschland entstehen.
Sorgen um das Auskommen im Alter sind in breiten Bevöl-
kerungskreisen präsent. So glauben mehr als drei Viertel aller
Deutschen,dass heute schon vieleMenschen vonArmut imAlter
betroffen sind. Noch mehr, nämlich 89 Prozent, sehen Altersar-
mut künftig weiter zunehmen. Mit einer Drei-Viertel-Mehrheit
wird daher von der Politik gefordert, hier gegenzusteuern. Und
zwei von drei Deutschen halten es auch für falsch, die Renten-
beiträge, trotz der aktuellen Überschüsse in der Rentenkasse,
zu kürzen. Rund die Hälfte aller Berufstätigen sieht sich heute
zum Thema Altersvorsorge „ausreichend informiert“. Das
waren 2003 genauso viele. Seither ist aber das Interesse an In-
formationen zurAltersvorsorge stark gesunken. Dies besonders
bei jungen Berufstätigen unter 30 Jahren, von denen heute ein
Drittel weniger als vor zehn Jahren an solchen Informationen
interessiert ist.Und insgesamt hatten auchmehr als vier von zehn
Berufstätigen noch nie eine fachkundige Beratung zum Thema
bei einem Finanz-, Steuer, Bank- oder Versicherungsberater.
Bestandsaufnahme
Die Gefahr der
Niedrigzinsphase
• 31ProzentderBerufstätigen,dieeigent-
lich mehr vorsorgen wollen, halten das
„durch die niedrigen Zinsen im Zuge
der Euro-Krise für immer schwerer“.
• 31ProzentderBerufstätigenkönnenim
Alter kein Geld aus einer privaten Vor-
sorge erwarten.
• 47 Prozent der Berufstätigen – so viele
wie nie zuvor in zehn Jahren gemessen
–wollen ihreAltersvorsorge nichtmehr
ausbauen.
TOP 6, Zustimmung in Prozent, Mehrfachnennungen möglich
Eigenheim Staatl.
Rente
bAV
Mietim-
mobilie
Priv. Renten -
versicherung
59
45
35
32
22
1
2
3
4
6
Gold
23
5
BerufstätigeinDeutschlandab16Jahre,Quelle:Postbank-Studie„AltersvorsorgeinDeutschland2013/2014“
Diese Formen der Altersvorsorge werden als besonders
gesichert gesehen:
BerufstätigeinDeutschlandab16Jahre,Quelle:Postbank-Studie„AltersvorsorgeinDeutschland2013/2014“
Platzierung, Zustimmung in Prozent, Mehrfachnennungen möglich
Selbstbewohntes
Haus oder Wohnung
Vermietete Immobilie
Betriebliche
Altersvorsorge
Private Riester-Rente
Klassische
Lebensversicherung
...
37
35
25
12
11
1
2
3
12
11
Diese Formen der Altersvorsorge werden als besonders
rentabel gesehen:
1...,36,37,38,39,40,41,42,43,44,45 47,48,49,50,51,52
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