KURS MAGAZIN 11/2013 - page 43

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11 / 2013
KURS
FONDS & CO.
Z
war dominieren Büros weiterhin das Transaktionsvo-
lumen (44%), aber mit sechs Milliarden Euro (32%
Marktanteil) belegen Einzelhandelsimmobilien im bis-
herigen Jahresverlauf den zweiten Rang – mit einem starken
Plus gegenüber dem Vorjahr von 25 Prozent.
Typisch für den Markt der Einzelhandelsimmobilien ist,
dass sich die Aktivitäten verstärkt in Mittel- und Kleinstädte
verlagert haben, weil es immer schwerer wird in den Big7-
Städten attraktive Objekte zu vernünftigen Preisen zu fin-
den. Diese Ausweichmöglichkeit besteht für Büros in diesem
Umfang nicht.Während für City-Einzelhandelslagen Höchst-
mieten und extrem hohe Grundstückpreise zu zahlen sind,
können Fachmarktzentren in den Randlagen prosperierender
deutscher Stadtregionen noch zu Preisen erworben werden,
die eine Eingangsrendite von sechs Prozent und darüber in
Aussicht stellen.
Zahlreiche Parkplätze sind für solche Handelsimmobilien
wichtiger als eine zentrale Innenstadtlage. Die Einkaufspreise
für Fachmarktzentren in der Umgebung von großen Bal-
lungsgebieten liegen etwa beim 11,5- bis 12,5-fachen der
Jahresnettomiete, nur in seltenen Fällen über dem 13-fachen.
Davon können die Anbieter von Geschlossenen Büroimmo-
bilienfonds nur träumen.
Auch die derzeit amMarkt befindlichen Geschlossenen Ein-
zelhandelsimmobilenfonds – die allesamt noch nach dem
Recht vor dem 22. Juli (Inkrafttreten des Kapitalanlagege-
setzbuchs) aufgelegt wurden, aber weiter vertrieben werden
dürfen – investieren in den B-Städten oder im Speckgürtel
der großen Städte, die für Büroimmobilien als 1A-Lagen
gelten. Der Fonds ILG Fonds Nr. 39 investiert in ein Fach-
marktzentrum in Pattensen bei Hannover sowie in eine Han-
delsimmobilie in Ebersberg im Speckgürtel von München
und nutzt damit die hohe Kaufkraft in diesen Regionen.
Das Portefeuille des Habona Fonds besteht aus Fachmarkt-
zentren in Itzstedt, Rosendahl-Holtwick oder Nennslingen,
Standorte die selbst Immobilienexperten (außer Einzelhan-
delsexperten) kaum kennen.
Der Sontowski-Regiofonds Süddeutschland investiert in
sieben neu errichtete Handelsimmobilien in Bayern, Ba-
den-Württemberg und Rheinland-Pfalz, die Standorte der
Lebensmittel-Discounter,Verbrauchermärkte sowie Nahver-
sorgungszentren sind unter anderem Hammelburg, Neckar-
gemünd, Sasbach am Kaiserstuhl.
Der gerade – nach nur drei Monaten – ausplatzierte Hahn
Pluswertfonds 161 besitzt und managt das Bodenseecen-
ter in Friedrichshafen. Dazu gehört ein Fachmarktzentrum
mit über 65.000 Quadratmetern Verkaufsfläche sowie ein
Kino. Der Initiator, Marktführer Hahn AG, hat bereits an-
gekündigt, in der ersten Jahreshälfte 2014 den ersten Ein-
zelhandelspublikumsfonds nach neuem Recht aufzulegen;
in diesem Jahr sind Fondsprodukte in der Planung, die sich
an semiprofessionelle Anleger wenden. Unlängst erwarb ILG
das City Center Langenhagenbei Hannover für einen neuen
Fonds, der dann wie der von Hahn nach dem neuen Kapital-
anlagegesetzbuch konzipiert sein muss. Damit ist auch sicher,
dass zwei wichtige Anbieter nach wie vor das Geschäft mit
Privatkunden betreiben wollen.
Verteilte Risiken
Anders als die meisten Büroimmobilenfonds investieren
die Geschlossenen Einzelhandelsimmobilienfonds in Multi-
Tenantobjekte. Damit verteilen sich die Risiken. Wenn ein
Mieter von vielleicht sieben in einem Fachmarkt (in einem
Shoppingcenter sind es weit mehr) auszieht, stehen neue
Interessenten meist Schlange; die gut geführten Fachmarkt-
centren erreichen Vermietungsquoten von fast 100 Prozent.
Von besonderer Bedeutung sind die so genannten Anker-
mieter wie Aldi, Rewe, Edeka, allesamt Unternehmen von
bester Bonität. Wechsel finden allenfalls bei den kleineren
Händlern statt, die sich unter einem Dach mit den großen
Vollversorgern eine hohe Besucherfrequenz erwarten. Gute
Einzelhandelsstandorte werden durch die restriktive Boden-
nutzungsordnung geschützt. Neue Standorte werden nur ge-
nehmigt, wenn der bestehende Einzelhandel nicht gefährdet
wird. Das gibt es bei Büroimmobilien nicht.
Die Einzelhandelsfonds stellen Anfangsausschüttungen von
sechs Prozent in Aussicht – ILG nimmt diese monatlich vor,
Hahn vierteljährlich. Die schnelle Ausschüttung der Erträge
ist bei den Anlegern beliebt, zeigt die Auszahlung monatlich
oder alle drei Monate, dass die Geschäfte prognosegemäß
laufen. Bei vielen Geschlossenen Fonds merkt der Anleger
viel zu spät (wenn die Ausschüttungen ausbleiben), dass was
nicht stimmt.Was auch für Geschlossene Einzelhandelsfonds
spricht: Es gibt praktisch keine Me-too-Produkte – die Anbie-
ter sind seit Jahren und meist ausschließlich oder zumindest
vorrangig mit Einzelhandelsimmobilienfonds auf demMarkt.
Allen Unkenrufen zum Trotz leidet der stationäre Einzel-
handel nicht unter dem Internetangebot. Im Gegenteil: Man
informiert sich im Internet, aber gekauft wird im Laden.
Bislang jedenfalls.
Dr. Leo Fischer
Die Konjunkturentwicklung in Deutschland ist eher
verhalten. 2013 ist lediglich einWachstum des Brutto-
inlandsprodukts von 0,4 Prozent zu erwarten, für 2014
immerhin von 1,8 Prozent. Aber der private Konsum
erweist sich immer mehr als Konjunkturstütze. Die
Kauflaune ist laut der Gesellschaft für Konsumfor-
schung so stark wie seit sechs Jahren nicht mehr. Kein
Wunder, dass
Einzelhandelsobjekte
bei den Immobili-
en-Investoren gefragt sind wie selten zuvor.
Starker Konsum
befeuert Initiatoren
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