KURS MAGAZIN 11/2013 - page 42

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KURS
11 / 2013
FONDS & CO.
L
aut einer Studie von Scope Ratings schaffen es viele neu
aufgelegte Fonds nicht, sich dauerhaft auf demMarkt zu
halten. Sie können gegenüber bereits etablierten Fonds
nur selten eine höhere Rendite aufweisen – aufgrund des
geringenVolumens steigt die Kostenbelastung für das Fonds-
management.
Nach Scope-Angaben überlebten von den 9928 in den vergan-
genen zwölf Jahren aufgelegten Fonds in Deutschland 14,7
Prozent die ersten drei Jahre nicht, nach fünf Jahren waren
28,7 Prozent wieder vom Markt verschwunden. Die größten
„Verlustraten gab es bei Geldmarktfonds mit 38,1 Prozent
und bei Aktienfonds mit 29,8 Prozent. Sasa Perovic von der
ScopeAnalysis GmbH zieht das Fazit: „Gerade in der jüngsten
Finanzkrise konnten sich viele neu aufgelegte Fonds nicht
bewähren. Die attrition rate (auf gut Deutsch: Schwundquo-
te) wird sich in den nächsten ein bis zwei Jahren rückläufig
entwickeln und auf ein normales Niveau einpendeln.“
Bei Frankfurt Trust wurden beispielsweise seit dem 1. Okto-
ber 2013 zwölf Fonds geschlossen, davon fünf Aktien-, zwei
Renten- ein Misch- und drei Dachfonds. Außerdem wurden
fünf Fonds mit vergleichbaren Strategien verschmolzen. FT-
Sprecher Alexander Pivecka erklärt: „In der Regel werden
Fonds geschlossen, wenn das von ihnen verwaltete Volu-
men zu gering für eine im Sinne der Anleger effiziente und
kostengünstige Verwaltung ist. Für Fondsverschmelzungen
spielt es eine Rolle, ob andere Fonds vergleichbare Strate-
gien verfolgen bzw. ähnliche Märkte abdecken. Wichtig für
eine Fortführung von Fonds ist auch, ob es vertriebliche
Perspektiven für den Fonds gibt.“
Regelmäßige Produktpflege
Bei Pioneer wurde nach Angaben von PR-Manager Martin
Wiesheu in den letzten Jahren lediglich ein Retail Fonds „man-
gels Nachfrage und dementsprechend geringem Fondsvolu-
men aufgelöst“. Bei Union Investment wurden nach Angaben
des Unternehmens in den letzten fünf Jahren rund 35 Fonds
geschlossen oder mit anderen Fonds verschmolzen. Presse-
sprecher Markus Temme sagt: „Die Schließungen sind das
Ergebnis unserer regelmäßigen Produktpflege.Mit der Auflö-
sung oder Verschmelzung der Fonds wird die seit langem ver-
folgte Strategie umgesetzt, konsequent Produkte vom Markt
zu nehmen, wenn Fonds mit einer ähnlichen Anlagestrategie
existieren oder aber geringe Fondsvolumina ein für den An-
leger wirtschaftliches Management nicht mehr erlauben.“
Und Markus Rosenberg von der DekaBank erklärt: „Wir
betreiben eine kontinuierliche Pflege unserer Produktpalette,
um unser Angebot übersichtlich und klar zu gestalten und
umgekehrt aber auch immer aktuelle Produkte anbieten zu
können. ImZuge der Finanz- und Euroschuldenkrise habe das
Interesse von Privatanlegern an Wertpapierprodukten stark
nachgelassen. Dazu komme das Niedrigzinsumfeld, das etwa
bei Geldmarkt- und geldmarktnahen Fonds auf die Renditen
drückt. Rosenberg sagt: „Unterhalb eines bestimmten Volu-
mens ist ein Fonds unter Kostenaspekten nicht mehr wirt-
schaftlich zu betreiben, so dass ein Anbieter wie die Deka die
Reißleine ziehen muss, auch um die Kostenbelastung für die
verbliebenen Anleger in einem vernünftigen Maß zu halten.“
So hatten Anleger in den Devisenfonds „Deka-Währungen
Global“ zuletzt nur noch sieben Millionen Euro investiert.
Konsequenz: Der Fonds wurde vor wenigen Wochen liqui-
diert. Die offizielle Begründung: „Aufgrund des geringen
Fondsvolumens und der seit der Fondsauflegung stark ver-
änderten Marktkonditionen ist eine Fortsetzung der beste-
henden Fondskonstruktion nicht mehr möglich.“ Immerhin
war der Fonds fast zwölf Jahre am Markt.
Zwei Produktpaletten verschmolzen
Auch bei der DWS gingen seit 2010 jedes Jahr rund ein Dut-
zend Fonds über den Jordan. Pressesprecher Claus Gruber
sagt: „Die Nachfrage nach Fonds mit spezifischer Ausrich-
tung ist starken Schwankungen unterworfen. Branchen- oder
Länderfonds werden kaum noch nachgefragt. Das Fonds-
volumen ist entsprechend gering und ein Management so
nicht mehr wirtschaftlich.“
Weitaus spezifischere Gründe für die Liquidation von zahl-
reichen Fonds gab es bei den Allianz Global Investors, denn
nach der Fusion mit cominvest im Jahre 2008 wurden zwei
vollständige Produktpaletten zusammengeführt. So wurden
von Oktober 2008 bis Ende September 2013 insgesamt 378
Fonds konsolidiert, darunter allein 105 Aktien-, 72 Ren-
ten- und 168 Balancedfonds. Produktmanager Mario Röhrer
meint: „Damit konnte die relative Kostenbelastung vor allem
in kleineren Fonds verbessert sowie insgesamt eine über-
sichtliche und effiziente Produktpalette gestaltet werden.“
Auch im Hause J.P.Morgan Asset Management wurden be-
reits einige Fonds verschmolzen, aber die Verantwortlichen
haben sich nach einer strategischen Überprüfung der gesam-
ten Produktpalette noch mehr vorgenommen. Die Manager
von JPMorgan sind davon überzeugt, dass es „nicht zuletzt
aufgrund demografischer Veränderungen im vergangenen
Jahrzehnt zu seismischen Verschiebungen“ gekommen ist.
Da sich immer mehr Menschen in Richtung Ruhestand be-
wegen, würden sich auch dieAnforderungen von Investment-
lösungen verändern. „Lag der Schwerpunkt dieser Personen
ursprünglich vermehrt auf der Vermögensbildung, ergänzt
sich dieser vermehrt um die Erzielung regelmäßiger Erträge
und Ausschüttungen“, hört man aus dem Hause JPMorgan.
Horst Peter Wickel
Friedhof der Kuschel-Fonds
Ob Auto, Zeitschrift, Waschpulver oder Schokoriegel – längst nicht alle neuen Produkte setzen sich auf dem
Markt durch. Und Händler wie Hersteller müssen sich dann überlegen, ob sich Produktion, Produktpflege und
Vertrieb noch lohnen. Bei Finanzprodukten wie
Investmentfonds
ist das nicht anders.
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