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Vorwürfe über die fehlerhafte ärztliche Behandlung von

Bissverletzungen, vor allem an den Händen, werden immer

wieder an die Gutachterkommission für ärztliche Behand-

lungsfehler bei derÄrztekammer Nordrhein zur Beurteilung

herangetragen. In den Abschlussjahren 2009 bis 2014 wur-

de die Behandlung einer Menschenbiss- sowie von sieben

Hundebiss- und vier Katzenbissverletzungen begutachtet

und in zwei Dritteln der Fälle Behandlungsfehler festge-

stellt. Es fehlte dabei an einer ausführlichen Befundbe-

schreibung, an einer operativen Freilegung mit Feststellen

des Ausmaßes der Verletzung, an einer Ruhigstellung, einer

am Erregerspektrum für Bissverletzungen ausgerichteten

Antibiotikaprophylaxe, einer Tetanus(auffrisch)-Impfung

und Wiedereinbestellung zur Wundkontrolle. Beispielhaft

ist der nachfolgend geschilderte Fall.

Sachverhalt

Ausweislich des Notaufnahmeberichtes des beschuldigten

Krankenhauses stellte sich die 50-jährige Patientin am

Sonntag, den 3. März gegen 17:10 Uhr zur Notfallbehand-

lung vor, nachdem sie eine Stunde zuvor in einer Tierarzt-

praxis von ihrer Katze gebissen worden war. Sie gab an, der

Biss sei sehr tief gewesen, habe aber kaum geblutet.

Als Befund wurde notiert: „Daumen/Katzenbiss am End-

glied des Daumens, freie Beweglichkeit, pDMS ungestört.

Diagnose: Katzenbiss am rechten Daumen. Verrichtung:

Desinfizierung, Tetanusauffrischimpfung, Kontrolle am

05. März vom Hausarzt.“

Bereits am 4. März wurde die Patientin nach Einweisung

durch ihren Hausarzt im beschuldigten Krankenhaus wie-

der vorstellig. Jetzt wurde festgestellt: „Heute zunehmend

Rötung, Schwellung, Schmerzen. Kein Fieber. Lymphan-

gitis pos./Lymphadenitis neg. Röntgen Daumen rechts in 2

Ebenen: Fremdkörper neg., Knochen unauffällig. Diagno-

se: Fingerphlegmone Pollex, cave Flexorsehnenpanaritium.

Therapie: (Wund-)Revision, stationäre Aufnahme, Antibio-

tika iv“.

Nach sofortiger Aufnahme wurde die Patientin über eine

dringlich erforderliche Wundrevision aufgeklärt, die am

gleichen Tag von einem Oberarzt der Abteilung durchge-

führt wurde.

In dem OP-Bericht heißt es: „Die Patientin war am Vortag

von der eigenen Katze in den rechten Daumen gebissenwor-

den. Jetzt Schmerzen, lt. Angaben in der gesamten Hand. Es

besteht der Eindruck, als ob ein punctum maximum über

der Beugesehne des Daumens ist, daher Entschluss zur so-

fortigen Revision. Es findet sich eine kleine Hautläsion, et-

was ulnar von derMitte der Fingerbeere sowie an der Radial-

seite der Fingerbeere. Etwas weiter proximal eine oberfläch-

liche Wunde mit winziger Eiteransammlung.“

Nach Exzision der Bisswunden führte der Operateur auch

eine Revision der Beugesehne nach Spaltung des Beuge-

sehnenfaches durch: „Die Beugesehne stellte sich trocken

dar, die Sehne war glänzend und vital.“ Abschließend wur-

de eine gründliche Spülung durchgeführt und eine Silikon-

rinne unter Gewährleistung eines ausreichenden Abflusses

eingelegt. Die exzidierte Verletzung wurde offen gelassen

und ein Abstrich entnommen. Anschließend erfolgte eine

Ruhigstellung in einer Unterarmschiene. Gleichzeitig wur-

de mit einer parenteralen Antibiotikatherapie mit einem

Cefalosporin der zweiten Generation 3 x täglich begonnen.

DerAbstrich ergab den Erreger Pasteurella multocida mit ei-

ner Sensibilität auf Cefuroxim.

Nach Besserung am 5. März zeigte sich am 6. März eine er-

neute Verschlechterung mit Zunahme der Beschwerden bei

phlegmonöser Schwellung interdigital zwischen erstem und

zweitem Finger der rechten Hand. Noch am selben Tag wur-

de eine weitere Revision durch den Chefarzt und den vorhe-

rigen Operateur durchgeführt.

Im OP-Bericht wurden auch jetzt die Beugesehnenanteile

als makroskopisch unauffällig beschrieben. Der Schnitt

wurde nahe der Interdigitalfalte in Richtung „Lebenslinie“

erweitert und nach proximal verfolgt. Es wurden mehrere

Abstriche entnommen, jedoch konnte nach Austestung kein

Keimwachstum mehr nachgewiesen werden. Auch bei die-

sem Eingriff wurde mit Ringerlösung gespült, wiederum ei-

ne Drainage eingelegt und eine lockere Adaptation mit Ein-

zelknopfnähten durchgeführt.

Nach leichter Besserung am 7. März verschlechterten sich

die Wundverhältnisse am 8. März erneut, sodass eine weite-

re operative Revision für notwendig erachtet wurde.Wegen

der weiterhin zunehmenden Schwellung wurde jetzt eine

S-förmige Inzision am Handgelenk über dem Bereich der

Sehne des Musculus flexor carpi radialis auslaufend ange-

legt.Die Hohlhandfaszie wurde präpariert und durchtrennt.

Das Retinaculum flexorum wurde ebenfalls über einer Rin-

nensonde gespalten. Das Gewebe des Carpaltunnels wurde

als erheblich ödematös verquollen geschildert. Aus der Beu-

gesehnenscheide entleerte sich trübes Sekret. Auch jetzt

wurden Abstriche entnommen. Es wurden zwei Spülkathe-

ter in den Bereich der Beugesehnenscheiden eingelegt und

durch eine gesonderte Inzision 7 cm proximal der Handge-

lenkbeugefalte ausgeleitet. Nach ausgiebiger Spülung mit

Lavaseptlösung wurde die Haut mit Situationsnähten adap-

tiert. Es wurden erneut Handgelenk und Daumen auf einer

Unterarmschiene ruhiggestellt.

Die Abstriche am 8. März ergaben nach Anreicherung Sta-

phylococcus epidermidis, im normalen Grampräparat je-

doch keinen Erreger. Die Antibiose wurde entsprechend

dem Antibiogramm auf Ampicillin umgestellt.

Nach kurzfristiger Besserung verschlechterte sich der Be-

fund erneut, sodass eine weitere operative Revision am

11. März erforderlich wurde. Im Vergleich zur Vor-OP fand

sich jetzt eine erhebliche Zunahme der Schwellung des

Nervus medianus, außerdem eine deutliche Enge proximal

Gutachtliche Entscheidungen

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Behandlungsfehler bei einer Katzenbissverletzung

Eine Desinfektion allein reicht nicht, notwendig ist die komplette Revision