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Fehlerbedingte Ureterläsionen bei Operationen im kleinen Becken

Gutachtliche Entscheidungen

235

im Operationsbericht zu erwähnen. Hierzu finden sich im

Operationsbericht keinerlei Angaben. Zwarwäre es nicht er-

forderlich gewesen, eine „völlige routinemäßige“ Freilegung

der Ureteren in der kritischen Kreuzungszone mit den ute-

rinen Blutgefäßen vorzunehmen und zu beschreiben, aber

zumindest anhand der meist besser einsehbaren iliakalen

Ureterabschnitte den weiteren Ureterverlauf nach distal

darzustellen. Dies wurde nicht beschrieben. Vielmehr wur-

de im Bericht eine „bipolare Koagulation über eine lange

Strecke für beide Seiten“ erwähnt, wobei gerade eine lang-

streckige Koagulation ein erhöhtes Schädigungsrisiko für

den Ureter darstellt. Damit wurde die in der

AWMF-DGGG-

Leitlinie

vorgesehene erhöhte Aufmerksamkeit bezüglich

des Verlaufs der Ureteren bei komplizierten anatomischen

Bedingungen im weiblichen kleinen Becken nicht berück-

sichtigt [1].

Bei der Koagulation muss es angesichts der geförderten Flüs-

sigkeitsmengen aus der Robinson-Drainage zu einer thermi-

schen Lumeneröffnung gekommen sein. Bei einer zunächst

thermischen Ischämie mit einer späteren Nekrose wäre die

über die Drainage abgeleitete Harnfistel mit zeitlicher Ver-

zögerung aufgetreten. Tatsächlich wurde bei der operativen

Revision eine komplette Durchtrennung des rechten Harn-

leiters angetroffen. Angesichts der erheblichen Menge der

durch die Robinson-Drainage geförderten Flüssigkeit hätte

frühzeitiger an eine Ureterleckage gedacht werden müssen.

Größere postoperative Flüssigkeitsabgänge über eine intra-

abdominal eingelegte Drainage sind nach einer unkompli-

zierten Adhäsiolyse und Hysterektomie unwahrscheinlich.

Sie können allenfalls nach einer Lymphonodektomie bei

maligner Erkrankung auftreten und die Differenzialdiagno-

se von einem Urinabgang aus einem lumeneröffneten Ure-

ter erschweren.

Gutachterliche Beurteilung

Unter den erheblich erschwerten topographischen Bedin-

gungen war die Durchführung der Hysterektomie ohne ein-

gehende Rücksichtnahme auf eine soweit wie mögliche

Schonung beider Ureter fehlerhaft [1]. Darüber hinaus hätte

die ungewöhnlich große Flüssigkeitsmenge, die postopera-

tiv über die intraabdominal eingelegte Robinson-Drainage

gefördert wurde, frühzeitig den Verdacht auf das Vorliegen

einer Ureterverletzung lenken müssen. Der Patientin sind

somit vermeidbare Schäden durch postoperative Beschwer-

den, die erforderliche Revisionsoperation und eine in den

Unterlagen nicht abschließend beurteilbare verbliebene

„Ausscheidungsstörung der rechten Niere“ entstanden.

Die von dem zugezogenen Urologen bei dem Revisions-

eingriff am siebten postoperativen Tag vorgenommene so-

fortige Rekonstruktion des rechten Harnleiters durch eine

rückflussverhindernde Einpflanzung in die zum Psoasmus-

kel gezipfelte und dort fixierte Harnblase war das geeignete

Verfahren. Es wurde fachgerecht und erfolgreich durchge-

führt.

Hans Georg Bender, Volkmar Lent und Beate Weber

Literatur

[

1

]

Leitlinie der AWMF-DGGG 015/061:

Operationsbedingte Verletzungen des Ureters in Gynäkologie

und Geburtshilfe.

[

2

]

Lent V, Baumbusch F, Weber B, Laaser M: Konstanz und Wandel

von Behandlungsfehlern in der Urologie.

Urologe 2007 (47): 195–199

[

3

]

Lent V, Beck L, Baumbusch F, Weber B, Laaser M.:

Behandlungsfehler an den Harnorganen bei Eingriffen in der

Gynäkologie. Gynäkologe 2009 (42): 223–228

[

4

]

Methfessel HD, Petri E, Neu J: Ureterläsionen bei

gynäkologischen Eingriffen. Unverschuldete Komplikation

oder haftungsbegründender Fehler?

Gynäkologe 2014 (47): 44–58

[

4

]

Smentkowski U.: Ein aktueller Fall aus der Gutachter-

kommission macht die Haftung der Ärzte bei einer inter-

disziplinären Behandlung deutlich.

Chefarzt aktuell 2015 (4): 75–76