

Anmerkung
In einem kürzlich entschiedenen Verfahren wurde eine punktförmi-
ge Hundebissverletzung im Jahre 2014 fehlerhaft mit Octenidin
mittels einer Kanüle gespült, ohne dass für einen Abfluss gesorgt
worden war. Hier ist aus aktuellem Anlass darauf hinzuweisen,
dass bei der Wundspülung mit Octenidin darauf zu achten ist, dass
das Präparat nicht unter Druck in das Gewebe eingebracht werden
darf und ein Abfluss gewährleistet sein muss (5). Die Gutachter-
kommission hat in letzter Zeit mehrmals Fehler bei der Anwendung
von Octenidin festgestellt.
Behandlungsfehler bei einer Katzenbissverletzung
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Gutachtliche Entscheidungen
durch die noch stehende Unterarmfaszie. Nochmals wurde
der Schnitt nach proximal erweitert und die Unterarmfaszie
bis zu der Ausleitungsstelle der Spülkatheter weiter gespal-
ten. Eine Eitersekretion fand sich nicht, jedoch eine schmie-
rige Sekretion aus dem Bereich der Daumenbeere und Na-
gelfalzregion. Die Abstriche ergaben kein Keimwachstum.
Antibiotisch wurden ab dem 11. März zusätzlich zu Ampicil-
lin noch 240 mg Gentamicin intravenös gegeben.
Die Patientin wurde am 12. März in eine Handchirurgie ver-
legt. Dort wurden ein weiteres Debridement, eine Synovek-
tomie, eine Neurolyse des Nervus medianus und Nervus ul-
naris sowie wenige Tage später eine Hämatomausräumung
mit Sekundärnaht erforderlich. Schlussendlich konnte eine
Abheilung mit noch deutlicher Bewegungseinschränkung
und mit inkomplettem Faustschluss durch Narbenkontrak-
tur erreicht werden.
Gutachtliche Beurteilung
Im vorliegendem Fall wurde die Bissverletzung von dem in
der Notaufnahme tätigen Arzt fehleingeschätzt und nur des-
infiziert. Es ist allerdings in Übereinstimmung mit der Lite-
ratur [1,2] zu fordern, dass Bissverletzungen in Lokalanäs-
thesie, gegebenenfalls auch in Analgosedierung oder Allge-
meinanästhesie innerhalb der ersten 8 – 12 Stunden revidiert
werden müssen. Hierzu gehören eine Wundexzision, ein
Wundabstrich, eine Wundreinigung und gegebenenfalls,
wenn erforderlich, eine Fremdkörperentfernung. Der intra-
operative Befund muss sorgfältig dokumentiert werden. Ei-
ne Antibiotikatherapie wird nicht in jedem Falle gefordert,
aber dringend empfohlen, da Tierbisswunden grundsätzlich
als infiziert gelten.
In ihrem gutachtlichen Bescheid hat die Gutachterkommis-
sion festgestellt, dass weder eine Wundrevision mit Excisi-
on der Bisswunden noch eine Abstrichentnahme noch eine
Antibiotikatherapie durchgeführt worden seien. Dies stelle
eine unzureichende und deshalb fehlerhafte primäre Be-
handlung der Bissverletzung dar. Bereits am Tag nach der
Erstbehandlung sei es zu einer fortgeschrittenen Entzün-
dung mit erheblicher Schwellung des rechten Daumens ge-
kommen, sodass eine erste Revision erforderlich geworden
sei. Sämtliche weiteren Revisionsoperationen seien zwar
zeit- und sachgerecht vorgenommen worden, hätten jedoch
den weiteren Krankheitsverlauf nicht aufhalten können, der
nach insgesamt fünf Revisionsoperationen mit einem Funk-
tionsdefizit der Hand geendet habe. Dieser Verlauf sei aller
Wahrscheinlichkeit nach vermeidbar gewesen, auch wenn
Komplikationen nach primär korrekter Behandlung nicht
vollkommen auszuschließen seien. Die Belastungen durch
die Revisionsoperationen mit dem dadurch verlängerten
Heilverlauf und das Funktionsdefizit an der rechten Hand
beruhen nach Auffassung der Gutachterkommission auf
dem Behandlungsfehler.
Ulrich Gras, Karl Joseph Schäfer und Beate Webe
Literatur
[1] Namdar et al., MMW Fortschritte der Medizin 2010/39: 37-39
[2] Jobmann, MMW Fortschritte der Medizin 2013/5: 54-55.
[3] Towfigh, Hierner, Langer, Friedel, Handchirurgie Band 2,
Springer Verlag 2011 Kapitel 44
[4] Lichte, Kobbe, Taeger, Nast-Kolb, Hierner, Oberbeck:
Bissverletzungen der Hand, Unfallchirurg 2009 112(8): 719-727
[5] Dt. Ärzteblatt 28.01.2011, Octenisept: Warnung vor Wund-
spülung unter Druck