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Versäumnisse in der Differenzialdiagnostik bei Thorax- und Rückenbeschwerden

hatte der Internist die Aufnahmen vom 16. Januar unmittel-

bar vor Augen. Ihn trifft sonach, wenn auch nicht in der

schwerwiegenden Form wie den Radiologen, ebenfalls der

Vorwurf, die gebotene Sorgfalt nicht gewahrt zu haben.

Zusammenfassend kam die Gutachterkommission zu dem

Ergebnis, dass die festgestellten vorwerfbaren Behandlungs-

fehler der drei Ärzte zu dem eingetretenen Gesundheits-

schaden geführt haben, da bei Beachtung der erforderlichen

Sorgfalt die Diagnose der tuberkulösen Spondylitis und

Spondylodiscitis rechtzeitig gestellt und durch eine danach

eingeleitete sachgerechte Therapie die Entstehung der Para-

plegie verhindert worden wäre.

Die Gutachterkommission hat damit die Kausalitätsfrage

uneingeschränkt bejaht. Hierzu ergänzend löst der grobe

Behandlungsfehler bei der Beurteilung der Röntgenaufnah-

men vom 16. Januar insoweit noch eine Beweislastumkehr

für den Radiologen aus, der nunmehr abweichend von der

sonstigen Beweislastregelung den Nachweis zu führen hat,

dass der Eintritt der Paraplegie am 22. Februar nicht die

Folge seines Versäumnisses vom 16. Januar ist.

Ergänzend zum Thema

Die Verkennung paravertebraler Senkungsabszesse infolge

von Spondylitiden war von der Gutachterkommission bis-

lang viermal zu rügen; und zwar bei zwei Allgemeinärzten

und zwei Chirurgen. Eine Spondylodiscitis wurde von ei-

nem Internisten und zwei Neurologen trotz einer hierfür

charakteristischen klinischen und röntgenologischen Sym-

ptomatik und damit vorwerfbar nicht bzw. nicht rechtzeitig

erkannt.Von Orthopäden wurden dreimal akute Spondyliti-

den nicht entsprechend gedeutet.

Im dargestellten Fall war entscheidend, dass trotz anhalten-

der atemabhängiger Schmerzen im Bereich der rechten

Brustkorbhälfte und Rücken zehn Tage nach einem Sturz in

Verbindung mit Dystelektasen, das heißt Belüftungsstörun-

gen im Bereich der rechten Lunge, der Ursache dieser Be-

schwerden und Veränderungen nicht gezielt nachgegangen

wurde. Unter den vorliegenden Umständen hätte ein Be-

klopfen der Dornfortsätze der Wirbelkörper mit der Frage-

stellung einer umschriebenen stärkeren Klopfempfindlich-

keit von Wirbelkörpern genügt, um einen wichtigen Hin-

weis auf eine vertebrogene Ursache der geschilderten Symp-

tomatik zu erhalten. Die dabei getroffenen Feststellungen

hätten dann – ex ante –weiterführende Untersuchungen der

Wirbelkörper mittels CT oder MRT nach sich gezogen.

Herbert Weltrich und Herwarth Lent

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Gutachtliche Entscheidungen