Aber jedes Mal regt man sich auf, wenn man
ein Spiel verliert, obwohl man weiß, dass es
dafür sachliche Gründe gibt, die man aufar-
beiten kann. Ich habe es selbst schon erlebt,
dass man alle Vorbereitungsspiele gewinnt
und dann mit zwei, drei Niederlagen in die
Liga startet. Oder dass man in der Vorberei-
tung schlecht spielt und dann einen erfolg-
reichen Ligastart hinlegt.
Die Mannschaft wurde nur leicht verändert.
Also muss es ja an Ihrer Arbeit liegen, wenn
am Saisonende ein besserer Tabellenplatz her-
ausspringt als zuletzt Rang 14?
Ganz klar: Nein! Es gibt manchmal Dinge,
die man als Trainer nicht beeinflussen kann.
Dann ist man aber nicht sofort ein schlechter
Trainer. Nehmen wir mal Pep Guardiola. Er
ist ein sensationeller Coach. Was er in Bar-
celona geschaffen hat, ist einmalig. Und für
mich ist klar: Egal, welchen Tabellenplatz er
in dieser Saison mit dem FC Bayern erreicht –
er bleibt ein ausgezeichneter Trainer. Ich hof-
fe, dass ich meinen Beitrag zum derzeitigen
Aufbruch bei Werder leisten kann. Aber zu
einer guten Saison gehören viel mehr Leute.
Noch einmal zusammenfassend: Wie würden
Sie Ihre Fußball-Philosophie beschreiben?
Grundsätzlich möchte ich meiner Mann-
schaft einen attraktiven Spielstil vermitteln.
Und Attraktivität ist immer dann gegeben,
wenn das Ergebnis stimmt, also die Offensive
mehr Tore erzielt als die Defensive bekommt
– das ist banal, aber nicht jedem gelingt das.
Die Philosophie ist also eine offensive Spiel-
weise auf Basis der vom Team getragenen
Defensivleistung. Wir wollen immer agieren,
egal, ob wir den Ball haben oder nicht. Wir
wollen die aktive Mannschaft sein, das Spiel
muss uns gehören, nicht dem Gegner.
Ihr Vater ist Inder. Welchen Einfluss hatte
das?
Ich bin hier geboren, rein deutsch aufge-
wachsen. Ich beherrsche die indische Spra-
che nicht, bin deutlich mehr deutsch als
indisch. Vieles von ihm habe ich sicher im
Unterbewusstsein aufgenommen. Auf jeden
Fall hilft es mir – das merke ich immer wie-
der – bei der Integration von Spielern mit
Migrationshintergrund, bei Spielern aus an-
deren Kulturen.
Ihre Ehefrau wohnt weiter in Stuttgart. Was
brauchen Sie, um sich in einer neuen Stadt –
wie jetzt in Bremen – wohlzufühlen?
Ich muss mich bewegen, Sport machen
können. Und ich muss Menschen um mich
haben, mit denen ich mich auch außerhalb
der Arbeit gerne treffe, zum Essen gehe oder
zum gemeinsamen Sport. Dabei ist es mir
wichtig, das Gefühl zu haben, dass das nicht
nur für mich angenehm ist, sondern auch für
meine Mitmenschen.
Interview: Martin Lange
Kommunikativ
Über seine ersten Trainingswochen mit der Mannschaft sagt
Cheftrainer Robin Dutt: „Ich bin sehr beeindruckt von der Leidenschaft und
der Intensität, mit der die Spieler ihre Aufgaben angehen.“
Fotos: nordphoto
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INTERVIEW