WERDER MAGAZIN:
Nils, sitzt du derzeit
nach euren Spielen wieder entspannter auf
dem Sofa als noch vor einigen Wochen?
NILS PETERSEN:
Es tut tatsächlich gut, dass
ich wieder getroffen habe. Endlich konnte
ich mir mal wieder die Highlights unserer
Spiele im Fernsehen angucken und sehen,
dass ich wieder lächelnd in die Kamera ge-
blickt habe.
Dein Treffer zum 1:0 im Nordderby beim HSV…
… war sehr befreiend, das gebe ich zu. Jeder
Stürmer, der mehr als zehn Spiele nicht ge-
troffen hat, egal, ob Profi oder Hobbysportler,
der weiß, wie eine solche Zeit belastet. Es
war keine schöne Erfahrung, aber ich habe
viel Zuspruch bekommen, von meiner Fami-
lie, von Freunden und von Menschen auf der
Straße, die ich vorher gar nicht kannte. Es
gab viele Leute, auf die ich mich verlassen
konnte und die dafür gesorgt haben, dass ich
den Kopf nicht hängen lasse. Bei den Toren
in Hamburg habe ich endlich wieder dieses
unbeschreibliche Gefühl gespürt, das man
direkt nach einem Tor hat. Und für einen
Stürmer ist es einfach die größte Bestätigung,
seinen Namen auf der Anzeigetafel zu lesen.
Nach außen hast du auch in dieser schwieri-
gen Phase einen recht gelassenen Eindruck
gemacht…
Aber innerlich hat es sehr an mir genagt. Ich
hätte ja auch den Beruf oder die Position in
der Mannschaft verfehlt, wenn ich mich da-
rüber nicht geärgert hätte. Natürlich habe
ich versucht, es relativ locker zu sehen und
nicht zu verkrampfen. Auch weil ich von
unseren Trainern immer wieder die Bestäti-
gung bekommen habe, wie wichtig ich für
die Mannschaft bin. Auch die Mitspieler ha-
ben gesagt, dass ich für meine Arbeit irgend-
wann wieder belohnt werde. Und eigentlich
wusste ich, dass es nur eine Frage der Zeit ist,
bis es wieder mit einem Tor klappt.
Auf einer Skala von 1, ziemlich schlecht, bis
10, sehr gut – wie zufrieden bist du mit eurem
bisherigen Saisonverlauf?
Aus meiner Sicht befinden wir uns in etwa
zwischen sechs und sieben. Wenn man sehr
kritisch ist, kann man sagen, dass wir schon
mehr Punkte haben könnten. Aber mit 11
Zählern können wir derzeit ganz gut leben.
Damit haben wir eine gute Basis geschaffen,
um in den verbleibenden Spielen der Hinrun-
de das Konto noch weiter aufzustocken.
Geht der Blick in der Tabelle nach oben oder
nach unten?
Ehrlich gesagt: Ich schaue eher darauf, was
die Mannschaften hinter uns machen.
Schließlich haben wir es vergangene Saison
erlebt, wie schnell man unten reinrutschen
kann. Natürlich nehmen wir zum Beispiel
auch wahr, dass wir mit einem Sieg gegen
Nürnberg auf Rang fünf hätten springen
können. In einer ähnlichen Situation sind
wir auch jetzt vor dem Spiel gegen Freiburg.
Mit einem ‚Dreier‘ könnten wir deutlich
nach oben klettern. Aber den Blick nach un-
ten sollten wir nicht vergessen.
Was hast du gedacht, als einige vermeintliche
Experten euch vor der Saison als Absteiger
eingeschätzt haben?
Es gibt sicher Schöneres. Aber es war für uns
auch keine schlechte Ausgangsposition. Wir
sind am ersten Spieltag nach Braunschweig
gefahren und galten als der dankbarste Geg-
ner, den die Eintracht als Aufsteiger bekom-
men konnte. Mit dem Sieg dort haben wir
gleich ein Ausrufezeichen gesetzt. Und wir
wissen sowieso um unsere Qualitäten.
Hat euch das Pokal-Aus in Saarbrücken kurz
vor Bundesliga-Start dennoch verunsichert?
Insgesamt wussten wir dieses bittere Aus
richtig einzuordnen. Und wir durften uns
davon auch nicht zu stark beeinflussen
lassen. Wir hatten vergangenes Jahr eine
überragende Vorbereitung, haben aber zum
Auftakt trotzdem nicht gewonnen. In die-
sem Jahr wussten wir ganz genau, worauf
das Hauptaugenmerk liegen muss. Erst mal
auf dem Pokal-Spiel in Saarbrücken, das
hat nicht so gut geklappt und uns zu Recht
Kritik eingebracht. Aber dann auf dem Bun-
desliga-Beginn. Und da sind wir gut aus den
Startlöchern gekommen. Das war für uns
sehr wichtig.
Deine Überzeugung, bei Werder zu bleiben,
war im Sommer sehr groß. Warum?
Weil ich mich hier sehr wohlfühle. Werder
ist nach Jena, Cottbus und München meine
vierte Station als Profi. Ich hoffe, dass ich
hier in den kommenden Jahren ein wichtiger
Spieler sein kann, und bin überzeugt, dass
wir sportlichen Erfolg haben werden. Meine
Zukunftspläne sind langfristig auf den SV
Werder ausgerichtet.
Und als klar war, dass es einen Trainerwech-
sel gibt?
Ich war Stammspieler bei Thomas Schaaf.
Da erwischt man sich schon mal beim Ge-
danken, dass man gar keine Veränderung
will. Mir war allerdings auch sofort klar,
dass wir mit dieser Situation bestmöglich
umgehen mussten. Und schließlich haben
wir mit Robin Dutt einen sehr guten neuen
Trainer bekommen.
Wie erlebst du seine Arbeit?
Er hat von Beginn an das Hauptaugenmerk
auf die Defensive gelegt. Zu Recht, denn da
haben wir in der vergangenen Saison sehr
viel vermissen lassen. Zwölf Gegentreffer
nach acht Spielen sind derzeit eine ordent-
liche Zwischenbilanz, ein positiver Trend.
Aber wir wollen uns weiter verbessern. Ge-
rade am Anfang hat sicher etwas das Offen-
sivspiel gelitten. Aber genau diese richtige
Balance zwischen Offensive und Defensive
will der Trainer mit uns finden. Daran ar-
beiten wir. Robin Dutt hat von Beginn an
betont, dass es durchaus ein, zwei Jahre
s
„Meine
Zukunftspläne
sind langfristig
auf den
SV Werder
ausgerichtet“
s
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INTERVIEW