WERDER MAGAZIN Nr. 313 - page 23

WERDER MAGAZIN:
Felix, du hast ‚auf Schal-
ke‘ dein erstes Bundesliga-Tor geschossen,
am Ende gab es aber eine Niederlage. Über-
wog die Freude oder die Enttäuschung?
FELIX KROOS:
Ich habe schon als Kind da-
von geträumt, in der Bundesliga zu spielen,
ein Tor zu schießen. Es war ärgerlich, dass
mein Treffer nicht mindestens zu einem
Punkt für uns gereicht hat. Aber mit ein paar
Tagen Abstand konnte ich mich sehr über
dieses Tor freuen.
Was hat euch auf Schalke gefehlt?
Nicht viel, das hat man gesehen, denke ich.
Vielleicht, dass wir nicht das 2:0 geschossen
haben und Schalke damit im Spiel geblieben
ist. Wir hatten nicht die nötige Ruhe am Ball.
So kam der Gegner mit den Fans im Rücken
noch einmal zurück.
Was hast du mit deinem Trikot aus diesem
Spiel gemacht?
Ich habe es mitgenommen und erst einmal
in die Waschmaschine gepackt... Ich weiß
zwar noch nicht, wo es hin soll, aber es wird
einen besonderen Platz bekommen.
In der vergangenen Saison gab es eine Phase,
in der du dachtest, dass es für dich vielleicht
besser ist, wenn es bei einem anderen Verein
weitergeht. Warum?
Man braucht als Spieler immer eine Perspek-
tive. Und wenn man merkt, dass es diese
Perspektive beim aktuellen Verein nicht gibt,
dann schaut man sich um und überlegt, was
man machen kann. Dass ich hier geblieben
bin, lag daran, dass mir am Ende doch diese
Perspektive geboten wurde. Ich hatte eini-
ge Gespräche mit Thomas Eichin, in denen
er mir klar vermittelt hat, dass er auf mich
setzt. Und wenn man die Chance hat, bei
Werder in der ersten Liga Fußball zu spielen,
dann will man sie auch nutzen. Im Moment
kann ich sagen: Es war die richtige Entschei-
dung, dass ich hiergeblieben bin.
Welche Weiterentwicklung kannst du bei dir in
dieser Saison erkennen?
Alleine die Tatsache, dass ich derzeit viele
Spiele mache, bringt mich enorm weiter. Ich
hatte mir für diese Saison genau das vorge-
nommen und bin sehr glücklich darüber,
wie es derzeit läuft, weiß aber auch, dass ich
weiter hart arbeiten muss. Allerdings bin ich
so selbstbewusst, dass ich sage: Ich werde
weiterhin viel spielen.
Ist die Position im defensiven Mittelfeld, auf
der du derzeit spielst, genau die, auf der du
dich wohlfühlst?
Das kann man sagen. Natürlich muss ich
noch Erfahrungen sammeln, aber das
kommt von Spiel zu Spiel. Es ist eine sehr
wichtige Position mit viel Verantwortung,
der ich mich gerne stelle. Ich freue mich,
dass der Trainer mir vertraut.
Allerdings bist du als Offensivspieler zu Wer-
der gekommen. Wie kam es zu dieser Wand-
lung?
Es ist einfach passiert. Genau erklären kann
ich das nicht. Ich habe vergangene Saison
sogar einige Spiele in der Innenverteidigung
gemacht, sehe das zwar nicht als meine
Idealposition, habe aber trotzdem etwas ge-
lernt. Auf der Position vor der Abwehr kann
ich sehr stark ins Spiel eingreifen, habe das
Spiel vor mir, kann Tore verhindern, ab und
zu mal eines schießen, wie man jetzt ‚auf
Schalke‘ gesehen hat
(lacht)
. Deshalb macht
es dort einfach Spaß.
Mit Nils Petersen und Franco Di Santo fielen
zuletzt zwei Angreifer aus. War es ein Thema,
dass du wieder ganz vorne aufläufst?
Der Trainer hat nicht mit mir darüber ge-
sprochen. Ich habe zwar in der Jugend jahre-
lang in der Offensive gespielt. Und wenn der
Trainer mich dort hinstellen sollte, dann ma-
che ich das auch wieder. Aber mittlerweile
bin ich einige Zeit raus, deswegen weiß ich
nicht, wie es laufen würde. Allerdings: Tore
zu schießen macht einfach Spaß, das habe
ich gerade wieder gemerkt
(lacht)
.
Wird dein Bruder Toni beim FC Bayern eigent-
lich genauso oft über dich befragt wie du über
ihn?
Ich glaube nicht. Bei mir ist tatsächlich in
jedem Interview, das ich gebe, mindestens
eine Frage zu meinem Bruder dabei. Das be-
gleitet mich schon meine gesamte Karriere.
Es ist allerdings überhaupt kein Problem für
mich. Ich habe schon immer gesagt, dass ich
wohl derjenige bin, der sich am meisten über
seinen Erfolg freut.
Wusstet ihr schon als Kinder, dass ihr Fußball-
Profis werden wollt?
Wissen kann man das nicht, aber wir haben
immer darauf hingearbeitet. Es gab für uns
kaum andere Überlegungen, als Fußball-
Profi zu werden. Talent dafür wurde uns
mitgegeben. Außerdem haben wir auf vieles
verzichtet. Und dass es jetzt so gut läuft, ist
für uns beide sehr schön.
Herrschte bei euch, wenn es um Fußball ging,
stets Einigkeit?
Zunächst einmal: Konkurrenzdenken gab
es bei uns überhaupt nicht, höchstens wenn
wir zu Hause im Garten Eins-gegen-eins
gespielt haben. Im Gegenteil: Es ist schön,
wenn man gleiche Interessen hat und sich
gegenseitig unterstützen kann. Das haben
wir getan. Und das werden wir auch in Zu-
kunft machen. Wir haben insgesamt die glei-
che Auffassung vom Fußball. Und es war für
mich immer schön, einen Bruder zu haben,
auch über den Fußball hinaus. Toni war ja
früher Werder-Fan mit Leib und Seele. Ge-
rade im Double-Jahr 2004 war er überglück-
lich, dass Werder die Titel geholt hat. Ich war
schon immer Fan von Hansa Rostock, auch
als ich noch nicht dort gespielt habe, und
habe gerne englischen Fußball geschaut.
Manchester United ist auch heute noch ein
Verein, den ich sehr gerne beobachte.
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„Ich bin so
selbstbewusst,
dass ich sage:
Ich werde
weiterhin viel
spielen.“
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INTERVIEW
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