WERDER MAGAZIN Nr. 315 - page 21

wuchsarbeit und kreative Transfers. Und
es wird ihm gelingen, aus einigen Spielern
auch mal mehr zu machen, als es andere
schaffen würden.
Wird es in der Winterpause Transfers geben?
Generell ist bei unserem Konsolidierungs-
kurs kein Transfer geplant. Aber wir müs-
sen immer wieder prüfen, was das Beste
für Werder Bremen ist. Vielleicht gibt es ein
Angebot für einen unserer Spieler, über das
wir nachdenken sollten. Und wenn man das
Trainerteam fragt, dann wird es immer eine
Idee haben, wer zu uns kommen könnte.
Aber es muss auch finanziell machbar sein.
Welche Dimensionen hat die kürzlich verein-
barte Kooperation mit Juventus Turin?
Mich hat es erstaunt, dass die Aufmerksam-
keit der Öffentlichkeit dafür so groß war. Für
mich ist es eine ganz normale Sache, eine
weitere Möglichkeit, an Informationen und
gute Spieler zu kommen. Juve hat im Ge-
genzug die Möglichkeit, den unglaublich
großen Kader zu verkleinern, den Spielern
Spielpraxis zu geben, ihren Marktwert zu
steigern. Und diese Spieler können für uns
sehr interessant sein. Wir wollen voneinan-
der lernen, Informationen austauschen, uns
gegenseitig zuhören und diese Kooperation
mit Leben füllen. Ein Austausch mit einem
solch renommierten europäischen Verein ist
toll für Werder – auch wenn es nicht zwin-
gend sofort zu Transfers führt. Klarstellen
möchte ich an dieser Stelle noch einmal: Es
wird keinen negativen Einfluss auf unsere
Nachwuchsarbeit haben. Wir werden keinen
18- oder 19 Jahre alten Spieler aus Turin ho-
len, der ein eigenes Talent, bei dem wir gute
Entwicklungsmöglichkeiten sehen, blockiert.
Will Juve auch etwas von Werder lernen?
Ich denke schon. Wir machen in der Bundes-
liga vieles richtig – gerade was die Stadien
und die Infrastruktur angeht. Wir machen
auch im Marketing oder im CSR-Manage-
ment einen guten Job. Da ist es für Juve sinn-
voll, sich mit uns darüber auszutauschen.
Schließlich sollte man immer über den Tel-
lerrand hinausschauen.
Haben Sie manchmal Sehnsucht nach Eisho-
ckey?
Manchmal ja! Eishockey ist noch schnelllebi-
ger als Fußball, die Spiele finden in noch kür-
zeren Abständen statt, das fehlt mir ab und
zu. Und im Fußball steht alles unter unglaub-
licher medialer Beobachtung. Im Eishockey
dreht sich häufiger noch alles um den Sport
und nicht so sehr um das Drumherum. Ich
werde zwar immer wieder eingeladen von
den Kölner Haien, aber ich habe noch keine
Zeit gefunden, ein Spiel zu besuchen. Aller-
dings bin ich gar nicht so traurig darüber. Ich
habe 14 Jahre lang die Kölner Haie mit Leib
und Seele gelebt. Und es würde mir sicher
schwerfallen, dorthin zurückzukommen. Da-
für ist die Zeit wohl noch nicht reif. Es sind
noch sehr viele Emotionen damit verbunden.
Vielleicht sieht es in einem Jahr anders aus.
Werden Sie sich rund um die Weihnachtstage
eine Auszeit gönnen?
Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. Ich war
vor einiger Zeit fünf Tage lang auf Sylt, um
mal wieder rauszukommen. Aber eigentlich
habe ich das ganze Jahr noch keinen richti-
gen Urlaub gemacht. Mal sehen, was in den
nächsten Wochen auf uns zukommt. Ich
weiß, dass ich mich auch mal dazu zwingen
muss, ein paar Tage abzuschalten. Aber es
kommt darauf an, welche Arbeit zu tun ist.
Meistens muss ich spontan entscheiden, ob
ich einige Tage weg kann.
Wie lauten die Ziele für die Rückrunde?
Das Ziel der gesamten Saison ist, Stabilität in
der Mannschaft zu erreichen und nichts mit
dem Abstiegskampf zu tun zu haben. Das ist
wichtig, damit wir in Ruhe arbeiten und die
Mannschaft weiterentwickeln können.
Wie lange denken und planen Sie voraus?
Gedanklich bin ich schon lange in der nächs-
ten, manchmal sogar schon in der über-
nächsten Saison. Das Schwierige ist: Wir
müssen die Zukunft planen, aber gleichzei-
tig besteht immer die Gefahr, dass das Tages-
geschäft, die Aktualität alles durcheinander-
wirft.
Was werden Ihre wichtigsten Aufgaben in den
kommenden Jahren sein?
Wir müssen es schaffen, mit unserem Bud-
get eine Mannschaft zu bauen, die in einiger
Zeit wieder die internationalen Plätze angrei-
fen kann. Dabei ist eine Mischung aus vie-
len Dingen gefragt. Wir müssen die Spieler
suchen, die wir dafür brauchen. Wir müssen
die Verträge mit denen verlängern, die in
der Lage sind, diesen Weg mitzugehen. Wir
müssen auch schauen, wen wir abgeben soll-
ten und welche U-23- oder U-19-Spieler den
Sprung schaffen können.
An Europa zu denken, ist also erlaubt?
Wir sollten den Anspruch haben, Werder
Bremen wieder durchgehend auf einen ein-
stelligen Tabellenrang zu bringen, dorthin,
wo wir immer die Chance auf einen Platz
im europäischen Wettbewerb haben. Aber
das ist kein Selbstläufer, es dauert einige
Zeit. Und wir müssen wegkommen von der
Selbstverständlichkeit, dass Werder Bremen
ein Champions-League-Verein ist.
Haben Sie in den vergangenen Monaten Lieb-
lingsecken in Bremen für sich entdeckt, die
außerhalb von Büro und Weser-Stadion lie-
gen?
Wenn ich Zeit habe, gehe ich sehr gerne in
Oberneuland mit unseren Hunden spazieren,
weil es einfach eine traumhafte Gegend ist.
Und wenn ich im Sommer mal einen Kaffee
trinken will, dann zieht es mich ins Viertel.
Dort bin ich am liebsten, wenn ich mal eine
Stunde raus muss.
Wie lauten Ihre persönlichen Vorsätze fürs
Jahr 2014?
Ein wichtiges Motto in meinem Leben
ist, dass ich heute einen guten Job machen
will. Ich will heute gut sein, nicht gestern
oder morgen. Das beherzige ich und will
möglichst jeden Tag etwas bewegen. Dabei
denke ich nicht daran, was gestern war oder
was irgendwann mal sein wird.
Interview: Martin Lange
„Gedanklich
bin ich schon
in der nächs-
ten Saison“
Foto: C. Heidmann
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