ich habe bereits in den ersten Tagen hier ge-
merkt, dass sich seine guten Ratschläge aus-
zahlen.
Wann wird deine Familie nach Bremen kom-
men?
Sobald ich ein Haus gefunden habe. Wir
haben zwei kleine Kinder, deswegen wäre
ein Garten toll. Und es wäre gut, wenn der
deutsch-französische Kindergarten, zu dem
unsere Tochter gehen wird, nicht zu weit
entfernt ist, es außerdem nicht ganz so lan-
ge bis zum Weser-Stadion dauert. Ich hoffe,
dass wir bald wissen, wo wir wohnen wer-
den. Denn es ist nicht optimal, dass ich zu-
nächst ohne meine Frau und meine Kinder
hier sein muss. Gerade in Stresssituationen
ist der Rückhalt der Familie als Ausgleich
zum Fußball sehr wichtig.
Freut sich deine Familie auf Deutschland?
Wir sind nicht so kompliziert. Wir nehmen
die Dinge so, wie sie kommen. Wichtig ist,
dass wir als Familie zusammen sind. Dann
geht es uns gut. Das ist an vielen Orten mög-
lich, ganz sicher auch in Bremen.
Wie würdest du dich beschreiben – welches
sind deine drei wichtigsten Charaktereigen-
schaften?
Ich würde sagen, dass ich ausdauernd und
beharrlich bin, außerdem fleißig und ein
Teamplayer. Ich habe schon immer eine
Mannschaftssportart einer Individualsportart
vorgezogen. Denn ich mag es, mit anderen
zusammen zu sein, mit ihnen im Sport Emoti-
onen zu erleben.
Du bist außerdem ein Kunstfreund. Woher
kommt diese Liebe?
Kunst ist für mich vieles: Musik, Malerei,
Skulpturen. All das gibt mir unter anderem
die Möglichkeit, mich nach Spielen zu ent-
spannen. Mein Lieblingskünstler ist Takashi
Murakami. Auf ihn bin ich aufmerksam ge-
worden, als er das Cover für ein Album von
Kanye West gestaltet hat. Ich bin dann etwas
tiefer in seine Welt eingetaucht und hängen-
geblieben bei seinem Pop-Art-Stil. So bin ich
zum Beispiel auch zu Künstlern wie Andy
Warhol gekommen. Kunst kann aber viel
mehr sein – zum Beispiel auch ein Fußball-
Spiel…
Vor allem, wenn man Freistöße so schießen
kann wie du. Welches war bisher dein schöns-
tes Freistoß-Tor?
Jedes Tor hat seine Geschichte, ist daher
ganz besonders. Aber der Treffer, an den ich
mich am besten erinnere, ist sicher der Frei-
stoß für OSC Lille im französischen Pokalfi-
nale 2011 zum 1:0. Es war das Siegtor – und
der Gewinn des Doubles. Denn wir haben
in derselben Saison damals auch den Meis-
tertitel geholt.
Bei Werder ist die Situation derzeit anders…
Für uns geht es um jeden Punkt. Wir befin-
den uns in einer ganz wichtigen Phase der
Saison. Schon in der zweiten Halbzeit gegen
Gladbach haben wir eine tolle Moral gezeigt,
auch in Unterzahl in Frankfurt und vor al-
lem gegen den HSV und in Nürnberg. Darauf
müssen wir aufbauen. Denn dann können
wir alle Teams der Liga in Schwierigkeiten
bringen.
Ist es deine Aufgabe, mit deiner Erfahrung als
Kopf des Teams voranzugehen?
Das ist im Moment noch schwierig zu be-
antworten. Ich bin gerade erst seit einigen
Wochen hier. Wichtig ist, dass unsere Mann-
schaft funktioniert, alle gut zusammenarbei-
ten. Und für mich geht es nicht darum, viel
zu reden, sondern ich will auf dem Platz zei-
gen, dass ich alles gebe für die Mannschaft.
Meine Aufgabe ist es sicher, das Spiel schnell
zu machen, die Mitspieler gut in Szene zu
setzen und dabei zu helfen, den kreativen
Teil unseres Spiels zu lenken.
Kreativ sind auch deine Tätowierungen…
Tattoos waren in Mode, als ich 18, 19 Jahre
alt war. Damals war ich in einer Selbstfin-
dungsphase. Es hat den Mädchen gut ge-
fallen
(lacht)
. Meine Tattoos sind also alle
schon älter. Heute würde ich mir einige so
nicht wieder machen lassen. Mit meiner jet-
zigen Erfahrung, auch in der Kunst, hätte ich
für die Motive ein paar bessere Ideen. Ich
will nicht ausschließen, dass auch mal wie-
der weitere hinzukommen. Vielleicht wird
es irgendwann eine Verbindung zwischen
meinen alten Tattoos und meinem heutigen
Geschmack geben.
Du hast auch Musik als Kunst, die dich inter-
essiert, genannt. Welche Stilrichtungen gefal-
len dir?
Ich höre von Rap über Rock, Jazz, Bossa
Nova fast alles und bin bei Musik sehr offen.
Auch darüber hinaus hast du viele weitere In-
teressen…
Ich spiele gerne Golf. Und auch Wein ist zum
Beispiel ein großes Hobby von mir. Ich habe
bereits Kurse der Önologie belegt, interessie-
re mich für die Geschichte des Weins.
Das verbindet dich mit Johan Micoud…
Sein Wein soll wirklich gut sein, aber auch
nicht so günstig
(lacht)
. Ich habe ein paar
Flaschen von ihm. Die werde ich zu gegebe-
nem Anlass probieren.
Kannst du dir vorstellen, nach deiner Kariere
auch Winzer zu werden?
Man kann so viel machen, da möchte ich
mich jetzt noch nicht festlegen. Aber es wäre
sicher eine Möglichkeit. Lust dazu hätte ich.
Interview: Martin Lange
Übersetzung: Christa Gellert
s
SCHON GEWUSST?
Ludovic Obraniak
wechselte in sei-
ner bisherigen Profi-Karriere stets
im Winter den Club. Im Januar
2007 verließ er den FC Metz und
ging zu OSC Lille. Fünf Jahre spä-
ter (2012) wechselte er zu Giron-
dins Bordeaux, weitere zwei Jahre
danach zum SV Werder.
Blitzstarter:
Der Mittelfeldspieler
traf bereits mehrfach in einem der
ersten beiden Spiele für sein neues
Team. Im Februar 2012 erzielte er
für Girondins Bordeaux bei seinem
zweiten Auftritt den Treffer zum
2:0-Endstand gegen den FC Tou-
louse. Bei seinem Länderspieldebüt
für Polen am 12. August 2009 in
Bydgoszcz gegen Griechenland
gelangen ihm sogar beide Treffer
zum 2:0-Erfolg. In seiner zweiten
Werder-Partie traf ‚Ludo‘ gegen Bo-
russia Mönchengladbach kurz vor
dem Abpfiff zum 1:1.
22 WERDER MAGAZIN 319
INTERVIEW