Mit Deutschland, Irland und Schottland
haben wir keine leichten Gegner erwischt.
Es dürfte klar sein, dass Deutschland Erster
wird. Wir haben auf jeden Fall die Chance,
den zweiten Platz zu erreichen. Die Duelle
mit Deutschland sind für Polen immer inte-
ressante Spiele – fast so wie für Werder das
Nordderby gegen den HSV
(lacht)
. Es gibt
eine gewisse Rivalität. Ich freue mich auf
diese Partien, auch wenn es schwer wird für
uns.
Du bist in Frankreich geboren und aufgewach-
sen. Wie viel Polen steckt in dir?
Meine Ur-Großeltern sind einst nach Frank-
reich ausgewandert. Das ist schon sehr lange
her. Aber meine Wurzeln sind dadurch pol-
nisch. Allerdings fehlt mir mit der Sprache
ein ganz wichtiges Stück der polnischen
Kultur. Ich möchte jedoch die Verbindung
zu meinen Wurzeln nicht verlieren. Durch
die Nationalmannschaft bin ich nun wieder
etwas näher dran an Polen. Und ich lerne
weiter Polnisch, um mich noch besser ver-
ständigen zu können.
Als junger Spieler hast du für Frankreich ge-
spielt, dich später aber für die polnische Natio-
nalmannschaft entschieden. Warum?
Nach der Jugendzeit ist es einfach nicht dazu
gekommen, dass ich in die A-Nationalmann-
schaft Frankreichs berufen wurde. Die Ver-
antwortlichen in Polen haben sich sehr um
mich bemüht. Und natürlich war es auch für
mich interessant. Zum einen bekam ich so
die Chance, mich meiner polnischen Her-
kunft etwas zu nähern. Zum anderen hatte
ich die Gelegenheit, in einer Nationalmann-
schaft zu spielen und somit internationale
Erfahrungen auf hohem Niveau zu sammeln.
Wie schnell konntest du dich integrieren?
Am Anfang war es nicht einfach, schließlich
konnte ich die Sprache nicht sprechen. Das
hat es schwierig gemacht für mich, auf die
Mitspieler zuzugehen, sie kennenzulernen.
Aber nachdem ich im ersten Spiel gleich
zwei Tore geschossen hatte, ging die Integra-
tion gut voran. Und ich muss an dieser Stelle
betonen, dass alles dafür getan wurde, dass
ich mich wohlfühle.
Auch für Werder hast du schon im zweiten
Spiel ein Tor erzielt. Dein Freistoß hat kurz
vor dem Abpfiff den Punktgewinn gegen Mön-
chengladbach gesichert. War auch das ein
entscheidender Schritt bei der Integration ins
neue Team?
Durch ein solch wichtiges Tor kann man als
neuer Spieler zeigen, dass man von Beginn
an alles gibt für die Mannschaft und den
Verein. Und dass man zu Recht verpflich-
tet wurde. Wir hatten in diesem Spiel alles
gegeben. Der Ausgleich war der verdiente
Lohn dafür. Ich konnte dem Team etwas
zurückgeben als Dank dafür, dass ich so gut
aufgenommen wurde. Denn wäre das nicht
der Fall gewesen, dann hätte ich dieses Tor
vielleicht gar nicht schießen können.
Wie würdest du dein neues Team beschrei-
ben?
Ich habe sofort gemerkt, dass die Mann-
schaft einen sehr starken Charakter hat. Wir
haben Spieler, die Lust auf Fußball haben,
auch in der jetzigen Situation, die sportlich
nicht einfach ist. Es herrscht ein guter Team-
geist, und man spürt, dass alle erfolgreich
sein wollen, bereit sind zu kämpfen und al-
les zu geben. Die Siege gegen den HSV und
in Nürnberg waren ein guter Beleg dafür.
Was ist der Unterschied zwischen der Bundes-
liga und der französischen Liga?
Hier geht es permanent von einem Tor zum
anderen. In der Bundesliga wird immer atta-
ckiert. In Frankreich dagegen gibt es längere
Phasen des Spielaufbaus, es wird auch mal
zurückgespielt, man nimmt sich mehr Zeit.
Dort ist es üblich, in die Partie zu gehen,
um nicht zu verlieren. In Deutschland geht
man ins Spiel, um zu gewinnen. Überrascht
hat mich, wie häufig hier trainiert wird, oft
zwei Mal am Tag. Außerdem sind es jeweils
sehr intensive Einheiten. Allerdings läuft das
s
Jubel nach dem Traumtor
Ludovic Obraniak (hier mit
Zlatko Junuzovic, re.) hob in
seinem zweiten Spiel einen
Freistoß gefühlvoll zum 1:1
gegen Mönchengladbach
ins Netz. Er sagt über sei-
nen Premieren-Treffer: „Ich
konnte dem Team etwas zu-
rückgeben als Dank dafür,
dass ich so gut aufgenom-
men wurde.“
Werders neue Nummer 7
Ludovic Obraniak
will „dabei helfen, den kreativen Teil
unseres Spiels zu lenken“.
Foto: Pressefoto ULMER
20 WERDER MAGAZIN 319
Foto: C. Heidmann