INTERVIEW
WERDER MAGAZIN SPEZIAL 323 13
WERDER MAGAZIN:
Herr Filbry, während der
Reise nach China Anfang Juli hat die Mann-
schaft zwei Siege gefeiert. Wie lautete darü-
ber hinaus Ihr Fazit?
KLAUS FILBRY:
Unser Ziel war es unter
anderem, gemeinsam mit der Politik wirt-
schaftliche Kontakte aufzubauen. Wir haben
gemerkt, dass es ein starkes Zusammenspiel
ist, wenn die Stadt Bremen und Werder ge-
meinsam auftreten. Wir haben uns super
ergänzt und erfolgreiche Gespräche geführt.
Für Bremen ist die Kombination von Sport
und Politik ein hervorragender Türöffner,
und am Ende profitieren beide voneinander.
Wir haben gute Beziehungen geknüpft und
werden nun schauen, ob es Sponsoring-Kon-
takte gibt, die wir vertiefen können. Dabei
geht es zum einen um europäische Unter-
nehmen, für die China interessant ist – zum
Beispiel unsere Partner Deutsches Milch-
kontor, Turkish Airlines, Volkswagen, mit
denen wir bereits bei dieser Reise zusam-
mengearbeitet haben. Zum anderen gibt es
Unternehmen aus China, die sich auf dem
europäischen Markt präsentieren wollen.
Hier haben wir unser Netzwerk durch den
Aufenthalt ausgebaut und unsere internatio-
nalen Sympathiewerte weiter gesteigert.
Werder hat aber auch unmittelbar finanziell
profitiert…
Die China-Reise mit Unterstützung der
Deutschen Fußball-Liga war für uns ein
wichtiger Baustein. Wir konnten eine Ein-
nahme von etwa 400.000 Euro verbuchen.
Das war jedoch nur ein Aspekt. Denn die
DFL treibt insgesamt die Internationalisie-
rung weiter voran. In diesem Bereich gibt
es die größten Wachstumspotenziale für die
Bundesliga. China ist dabei einer der Schlüs-
selmärkte. Als ich Anfang 2010 zu Werder
kam, lagen die Erlöse aus der Auslandsver-
marktung der Bundesliga bei 44 Millionen
Euro. Momentan sind es 100 Millionen, in
den kommenden zwei, drei Jahren sollten
daraus etwa 150 Millionen Euro werden.
Davon profitieren die Bundesliga-Vereine
und damit auch wir.
Derweil geht der wirtschaftliche Konsolidie-
rungskurs bei Werder weiter. Wie lange wird
er noch dauern?
Unser Grundsatz war und ist: Wir wirtschaf-
ten mit Vernunft. In den vergangenen Jahren
hatten wir durch den fehlenden internatio-
nalen Wettbewerb und geringere TV-Gelder
niedrigere Einnahmen, aber immer noch
einen recht teuren Kader. Wir sind nun auf
einem guten Weg, dies zu bereinigen. Einer-
seits investieren wir in die Mannschaft, um
die sportliche Qualität wieder zu erhöhen.
Gleichzeitig versuchen wir, Kosten abzubau-
en und in allen Bereichen wirtschaftliche
Vernunft walten zu lassen. Wir werden im
Ende Juni abgeschlossenen Geschäftsjahr
noch einmal ein negatives Ergebnis auswei-
sen, wollen in den kommenden Jahren aber
wieder positiv wirtschaften. Dabei gilt aller-
dings auch jetzt: Wir haben keine Schulden,
sind liquide, haben die Lizenz ohne Auflagen
erhalten. Und außerdem können wir weiter-
hin ein positives Eigenkapital aufweisen.
Lautet das Ziel, den Club so aufzustellen,
dass es dauerhaft ohne Einnahmen aus dem
internationalen Wettbewerb geht?
Das muss natürlich das Ziel sein, denn man
kann nicht mit Einnahmen planen, die man
nicht hat. Dennoch müssen wir die Mann-
schaft weiter stärken, um wieder um die
internationalen Startplätze mitspielen zu
können.
Viele Fans haben Angst, dass der Etat für den
Profikader weiter gesenkt wird…
„Es ist ein gutes
Fundament gelegt“
Den wirt-
schaftlichen Konsolidierungskurs weiter vorantreiben,
dabei die sportliche Qualität der Mannschaft kon-
tinuierlich erhöhen – Klaus Filbry, Vorsitzender der
Geschäftsführung, erklärt, wie Werder Bremen diese
Herausforderung auch in den kommenden Monaten
erfolgreich meistern wird.
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