

WERDER MAGAZIN 327 47
G
enerell ist es üblich, dass die Trainer der F-, E- und D-Jugend-
Teams nach einem Jahr der Zusammenarbeit zur nächsten
Saison stets eine neue Gruppe motivierter Nachwuchsspie-
ler bekommen, also in ihrer Altersstufe verbleiben. Die
Jugendleitung der Abteilung machte sich über dieses Konzept und
seine Vor- und Nachteile schon vor einiger Zeit intensive Gedanken.
Schließlich kam man zu dem Schluss, es in der D-Jugend mit einer
Ausnahme zu probieren: Jörg Kless und Thies Fischer trainieren ihre
Mannschaft daher nun schon in der zweiten Saison und sehen dieses
Experiment durchaus positiv.
Beide überlegten nicht lange
, als sie auf diese Idee angesprochen
wurden. Mussten sie sich bisher in den Winterpausen immer mit
dem Gedanken anfreunden, die Mannschaft in einem halben Jahr
schon wieder abgeben zu müssen, so haben die Trainer nun mehr
Zeit mit den Kindern. Das ist vor allem förderlich für das Vertrau-
ensverhältnis zu den Spielern, aber auch zu ihren Familien. „Es ist
einfach klasse, die Kinder zwei Jahre zu trainieren. So sieht man viel
besser die weitere Entwicklung“, sagt Kless.
Gerade im D-Jugend-Alter
sind die Kinder besonders motiviert, wollen
ihren Idolen nacheifern. „Es ist das ‚goldene‘ Lernalter im Fußball“, er-
klärt Kless. Die Kinder müssen sich zunächst auf das größere Spielfeld
einstellen und sich an die Abseitsregel gewöhnen, machen aber enor-
me Fortschritte. „Was man den Kindern im ersten Jahr vermittelt, sieht
man im zweiten Jahr. Die Früchte der Arbeit können wir dann ernten.“
Sowohl Fischer als auch Kless
trainieren sehr gerne Kinder, auch
wenn das manchmal anstrengend sein kann. Einige kommen im
Alter von 13 Jahren langsam in die Pubertät, darauf müsse man na-
türlich Rücksicht nehmen. Auch der Druck durch die Schule kann
sich auf den Fußball auswirken. Doch: „Die Begeisterung der Jungs,
der Wille etwas dazuzulernen, besser zu werden“, erklärt Kless, sei
einfach unbezahlbar. Beide Trainer können allerdings auch dank
ihrer langjährigen Erfahrung gut mit den Kindern umgehen. Kless
trainiert seit acht Jahren Jugend-Mannschaften bei Werder, Fischer
sogar schon seit zehn Jahren.
Bei all dem positiven Feedback
sieht Fischer aber auch einen
Nachteil. „Es kann vorkommen, dass wir Trainer gegen Ende einer Sai-
son zu der Überzeugung gelangen, dass es sportlich keinen Sinnmacht,
mit einem oder mehreren Spielern weiterzumachen.“ Sollten Kinder
sich also im ersten Jahr nicht so schnell wie ihre Mitspieler entwi-
ckeln, müssten sie dann von einer unteren Mannschaft aufgenommen
werden. „So etwas ist für uns Trainer bitter“, sagt Fischer.
Dass eine Änderung der Dauer
der Trainertätigkeit von einem auf
zwei Jahre vor allem in der D-Jugend Sinn macht, bestätigt auch
Dr. Babett Lobinger. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Psy-
chologischen Institutes der Deutschen Sporthochschule in Köln ist
zugleich an der Trainerakademie Köln und an der Hennes-Weiswei-
ler-Akademie des DFB tätig. Vor allem für die Beziehungsbildung
zum Trainer könne eine zweijährige Zusammenarbeit sinnvoll sein,
aber auch für die Talententwicklung. „Für den Fall, dass es eine
einheitliche Philosophie im Verein gibt und die Trainer untereinan-
der viel kommunizieren“, erklärt Lobinger.
Jörg Kless und Thies Fischer sind sich einig,
dass es nicht nur bei
einem Experiment bleiben soll. Sie hoffen, dass dieses Modell
zukünftig auch in anderen Altersklassen angewendet wird.
Maximilian Prasuhn
„Die Früchte der Arbeit ernten“
In der Fußballabteilung des SV Werder steht ein ganz besonderer
Versuch auf dem Prüfstand.
Trainer Jörg
Kless (hinten li.)
mit seinem
Team der
4. D-Jugend.