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KURS
8 / 2013
FONDS & CO.
Optimismus kehrt langsam zurück
Zum zweiten Mal in Folge ist der Ifo-Ge-
schäftsklimaindex im Juni moderat gestie-
gen – trotz gesunkener Prognosen des In-
ternationalen Währungsfonds (IWF) und der
Organisation für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung (OECD). Gründe für
den Aufwärtstrend: die sinkende Arbeitslosig-
keit und die steigenden Konjunktur- und Ein-
kommenserwartungen der Haushalte. Den
Export-Branchen geben positive Konjunk-
turerwartungen aus den USA und der starke
Dollar neue Zuversicht. Das Baugewerbe lei-
det noch unter den schlechten Witterungs-
bedingungen in Frühjahr und Frühsommer.
Doch die hohe Nachfrage am Immobilien-
markt deutet an, dass sich dieser Trend in der
zweiten Jahreshälfte drehen könnte.
China: Notenbank lässt Kurse
schwanken
Die chinesische Notenbank enthält den
Märkten billiges Geld vor. In den vergange-
nen vier Jahren stieg das Kreditvolumen in
China um 70 Prozent auf 190 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts (BIP). Doch die an-
gestrebte Regulierung der Banken geht nur
schleppend voran. Deshalb versucht die chi-
nesische Notenbank jetzt, die Banken durch
einen Liquiditätsentzug zu mehr Transpa-
renz zu bewegen. Für die Märkte heißt das:
Sinkende Umsatz- und Wachstumsprogno-
sen für chinesische Unternehmen aufgrund
fehlender Liquidität. Das prognostizierte BIP-
Wachstum wurde auf den niedrigsten Wert
seit 1990 herabgestuft – mit unübersehba-
ren Folgen an den internationalen Börsen.
USA: Zinsentwicklung nervös
beobachtet
Die Amerikaner haben sich an das billige Geld
ihrer Notenbank, der Federal Reserve (Fed),
gewöhnt. Inzwischen reagieren sie empfind-
lich auf jeden Hinweis, der einen Kurswech-
sel auch nur vage andeutet. So brachen die
Kurse sofort um fünf Prozent ein, als Fed-Prä-
sident Ben Bernanke bekannt gab, dass die
Notenbank ihre Anleihekäufe sukzessive zu-
rückfahren wolle. Dabei wollte Bernanke ei-
gentlich nur testen, wie viel die Konjunktur
aushält. Meine Meinung: Die amerikanischen
Wirtschaftsdaten sind tragfähiger als der Auf-
schrei der Börsianer vermuten lässt.
Europa im Schatten der Welt
Die Meldungen der Fed und der chinesi-
schen Notenbank haben Investoren an den
Aktien- und Rentenmärkten ins Grübeln ge-
bracht: Steht eine Zinswende bevor? Einige
Akteure glauben fest daran. Sowurden allein
in der ersten Juni-Woche rekordverdächtige
neun Milliarden Euro aus dem Rentenmarkt
abgezogen. Die Folge: Ein Kursrutsch, der
dem Deutschen Aktienindex (DAX) seinen
25. Geburtstag ein wenig verleidete. Die an-
schließende Aussage des europäischen No-
tenbankpräsidenten, dass der Leitzins wei-
ter auf Rekordtief bleiben wird, konnte die
Stimmung nur leicht verbessern. Außerdem
überschatten ein möglicher Schuldenschnitt
in Griechenland und schlechte Konjunktur-
daten aus Italien und Portugal die Investiti-
onsstimmung der Börsianer.
Der Experte
Martin Stenger startete nach
zwei Hochschulabschlüssen in
Betriebswirtschaftslehre seine
Laufbahn in den Bereichen Vertriebsstra-
tegie und -unterstützung bei namhaften
Großmaklern. 2006 wechselte er zu einem
international agierenden Lebensversiche-
rer. Seit 2008 ist er für das Investment ver-
schiedener Risikoträger im Talanx-Konzern
verantwortlich, aktuell in der HDI Lebens-
versicherung AG. Hier baute er im Ressort
„Produkte & Marketing“ das Produktma-
nagement Investment als selbstständige
Einheit auf. An Hochschulen und auf Fach-
tagungen hält Stenger regelmäßig Fach-
vorträge über Kapitalmarkt-Themen.
Der Markt-Check
Zinssignale verunsichern
Das Geschäftsklima inDeutschlandhat sichweiter verbessert.Trotzdemgingder DAX, pünktlich zu seinem25. Geburtstag, aufTalfahrt.
Das ist nur auf den ersten Blick paradox, weiß Martin Stenger, Produktmanager Investment bei HDI. Exklusiv in KURS erklärt Stenger
wie die Märkte ticken und welche Trends er für die kommenden Monate erwartet.
Neuer Online-Service
Gezielt auswählen
Die European Bank for Financial Services (ebase) ergänzt ihre On-
line-Plattform für die Fondsauswahl bei nachhaltigen Investments
um sieben zusätzliche Kriterien. Kunden der B2B-Direktbank kön-
nen so gezielt Fonds auswählen, die sich verstärkt in sozial oder öko-
logisch orientierten Projekten engagieren – etwa nach den „Global
Compact“-Richtlinien der Vereinten Nationen. So lassen sich mit
wenigen Klicks bestimmte Beteiligungen ausschließen, wenn deren
Investmentstrategie den eigenen Überzeugungen zuwider laufen.
„Rendite und Nachhaltigkeit sind kein Gegensatz“, betont Rudolf
Geyer, Sprecher der Geschäftsführung von ebase. „Mit den zusätz-
lichen Ethik- und Nachhaltigkeitskriterien bieten wir mehr Klarheit
bei der Geldanlage.“ Stiftungen, institutionelle aber auch private An-
leger setzen zunehmend auf ökologisch oder sozial ausgerichtete
Investmentfonds – nach Angaben des Fachverbandes„ForumNach-
haltige Geldanlagen e.V.“ einWachstumsmarkt: In den vergangenen
fünf Jahren hat sich das Volumen dieser Fonds nahezu vervierfacht.
2012 betrug es nach Aussage des Vereines in Deutschland gut zehn
Milliarden Euro.
Die neuen Ethik- und Nachhaltigkeitskriterien von ebase basieren auf
derDatenbankder österreichischenFirma„software-systems.at Finanz-
datenserviceGmbH“. Auf dieser Grundlage lassen sichTransparenz und
NachhaltigkeiteinesFondsverlässlicheinschätzen.DieDatenbankwird
unter anderem dafür genutzt, beim Deutschen Fondspreis die Gewin-
ner in der Kategorie„Sustainable Investment“ zu prämieren.
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