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KURS
8 / 2013
FONDS & CO.
„Wenn sich die kalkulierte EEG-Vergütung für Windstrom
außerplanmäßig verringern sollte, kann ich als Investor we-
niger Kredit bedienen. Allein durch die politische Debatte
über eine Kürzung ist so der Eigenkapitalbedarf bei der Fi-
nanzierung neuer Projekte bei manchen Geldinstituten um
bis zu 50 Prozent gestiegen“, sagte Sylvia Pilarsky-Grosch.
Dennoch geht man beim BWE für das laufende Jahr von
einem Zubau an onshore-Windenergieanlagen mit einer in-
stallierten Leistung von etwa 2900 Megawatt aus – einer
Investition von rund 3,5 Milliarden Euro.
Ein bescheidener Teil davon wird aus dem Bereich der ge-
schlossenen Windfonds stammen. Rund 114 Millionen Euro
konnte die Branche schon im vergangenen Jahr einsammeln
– fast sieben Mal so viel wie 2011. Als Anlageklasse ist Wind
wieder angesagt – trotz oder gerade wegen der Diskussion um
Förderkürzungen. „Windkraftfonds profitieren zurzeit von der
Flaute bei den Solarfonds, die schon jetzt infolge von deutlich
reduzierten Einspeisevergütungen bei denAnlegern inUngnade
gefallen sind“, sagtMarkus Lentz von der Ratingagentur Scope.
Aufwind genutzt
In der Branche freut man sich. Vor allem kleinere Anbieter
wie Leonidas, Lacuna, Elbfonds oder Chorus haben den
Aufwind der vergangenen zwei Jahre genutzt und neue Fonds
aufgelegt, die teilweise noch in der Platzierung sind. „Das
werden bei uns aber vorerst die letzten Publikumsfonds
sein“, erklärt Peter Heidecker, Geschäftsführer des Emissi-
onshauses Chorus, das seit 2006 auf Umweltfonds spezia-
lisiert ist. „Die feste Einspeisevergütung wird es bald nicht
mehr geben. Außerdem verteuert sich das Fonds-Auflegen
auch noch durch die Auflagen von AIFM. Das können wir
uns wirtschaftlich nicht mehr leisten.“
Künftig will sich das Emissionshaus aus Bayern nur noch
dem Windgeschäft mit institutionellen Anlegern widmen.
Zuvor hat es aber noch zwei Kurzläufer an den Markt
gebracht. Die beiden Ende Juni ausplatzierten Windfonds
Cleantech Wind 10 und 11 für deutsche und österreichi-
sche Anleger haben zusammen ein Eigenkapital von rund 20
Millionen Euro und sollen nur acht Jahre lang laufen. Das
habe den Vorteil, dass die Fonds dann noch zwölf Jahre lang
von der alten Förderung profitierten. Ein dann vermutlich
unschlagbares Verkaufsargument, ist sich Heidecker sicher.
AIFM hält die Branche in Atem
Beim Wettbewerber BVT rüstet man sich zwar für die
Branchenspielregeln, aber ganz entspannt ist man nicht.
Das neue Gesetz zur Regulierung der Fondsbranchen im
Rahmen der europäischen Richtlinie für alternative Invest-
mentfonds (AIFM) hält die Branche inAtem. Das Gesetz soll
zum Schutz der Anleger für mehr Transparenz und Kontrolle
bei den Initiatoren geschlossener Fonds sorgen. Was auf die
Windfondsanbieter zukommt, ist indes noch immer nicht
ganz klar. BVT-Geschäftsführer hält vor allem die mögliche
Begrenzung des Fremdkapitals auf 60 Prozent für eine He-
rausforderung. „Bislang haben wir das Investment mit 70
Prozent gehebelt“, so List. „Eine geringere Summe würde
sich negativ auf die Rendite auswirken.“ List hofft, dass
bis zum nächsten Jahr alles geklärt ist und es für die noch
offenen Fragen Lösungen gibt. Denn für 2014 planen die
Münchener einen neuen Fonds – nach AIFM-Regeln.
Derzeit will der Windpark-Pionier rund vier Millionen Euro
für das Repowering seines alten Flomborn/Stetten-Parks
einsammeln – als Private Placement. Die zwölf alten Wind-
mühlen werden durch fünf neue Anlagen ersetzt, wenn auch
nicht ganz freiwillig. Denn in Stetten ist ein Windpark im
Bau, der dem alten Park den Wind aus den Segeln nehmen
würde. Die neuen Anlagen sollen jedoch so hoch sein, dass
sie die anderen Windmühlen überragen und gute Windaus-
beute versprechen. „Durch die geplante Inbetriebnahme des
neuenWindparks imHerbst wird außerdem die derzeit noch
geltende, Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz
langfristig für 20 Jahre gesichert“, so List.
Mitnehmen, so lange es noch geht, ist zurzeit die Devise der
Branche. Die Unsicherheit in Bezug auf Ökostrom-Kürzung,
aber auch Handhabung des neuen Kapitalanlagegesetzbu-
ches (KAGB) hält weiter an. Zumal die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungen (Bafin) im Juni angekündigt hat, dass
es sich bei Energiefonds um „operativ tätige Unternehmen
außerhalb des Finanzsektors“ handelt. Aus Sicht von Bran-
chen könne das nur heißen: Fast alle üblichen Energiefonds
fallen nicht unter das KAGB oder können nur mit geringfü-
gigen Anpassungen der Regulierung entkommen.
Susanne Osadnik
Unentdeckte Fondsperlen
Investmentchancen nicht leichtfertig
verpassen
Deutsche Anleger haben nach der BVI Investmentstatistik mit
Ende des ersten Quartals 2013 in Deutschland rund 687,5 Milli-
arden Euro in Publikumsfonds investiert. Allerdings nicht immer
in die richtigen Produkte, meint Dr. Oliver Roll, Managing Director
der max.xs financial services AG.
„Häufig investieren Anleger entsprechend ihrem Risikoprofil in
der richtigen Kategorie, beteiligen sich dann aber am falschen
Produkt. Sie orientieren sich zu sehr an Namen und dem Fonds-
volumen anstatt nach kleineren, spezialisierten Anbieter zu
schauen, die durch Performance überzeugen“, so Roll. Die Folge:
Einerseits bleiben viele
Fondsperlen von einem
Großteil der Anleger
unentdeckt, gleichbe-
deutend mit verpass-
ten Chancen auf Anle-
gerseite. Andererseits
entsteht so eine Asym-
metrie innerhalb der
Branche, da eben nicht
die Performance für die Auswahl entscheidend ist, sondern die
Bekanntheit des Asset Manager. „Beispielsweise bei aktuellen
Themen wie Wasser oder den Multi-Asset-Strategien, die derzeit
bei Anlegern sehr beliebt sind, beobachten wir einen Trend zu-
gunsten der namhaften Produktanbieter, die nicht unbedingt die
besten Renditen innerhalb der Peer Group erzielen“, ergänzt Roll.
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