KURS MAGAZIN 08/2013 - page 40

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KURS
8 / 2013
FONDS & CO.
Bernanke bleibt der Taktgeber
An den
Aktienmärkten
verlief der Start in das zweite Halbjahr besser als hier und da vorübergehend befürch-
tet. Der auch dem deutschen Leitindex die Richtung vorgebende Dow Jones brachte es in der ersten Juli-Hälf-
te mit 15.461 auf ein neues Allzeithoch. Die alte Bestmarke war am 28. Mai mit 15.409 ermittelt worden. Seit
Jahresbeginn stand damit ein Plus von 18 Prozent zu Buche.
W
ieder einmal war es Ben Bernanke, der erste Mann
der US-Zentralbank, der für die Aktien- und Anlei-
hemärkte ein kursrelevantes Signal gab.Am 10. Juli
hatte der Chef der Fed die spannungsgeladene Öffentlich-
keit wissen lassen, dass die „USA noch auf absehbare Zeit
eine expansive Geldpolitik benötigen“. Ein Votum, das die
Märkte nicht anders interpretieren konnten, als dass die Fed
ihre monatlichenAnkäufe von Staatsanleihen und Hypothe-
kenpapieren im Betrage von jeweils 85 Milliarden Dollar
fortsetzen wird. Verbunden zudem mit dem Hinweis darauf,
dass die kurzfristigen Zinsen, die sich seit Dezember 2008
an der Null-Linie bewegen, erst dann steigen werden, wenn
die Arbeitslosenquote (derzeit noch bei 7,6%) einige Zeit
auf mindestens 6,5 Prozent zurückgeht.
Wenige Wochen zuvor hatte dies noch anders geklungen.
Im Anschluss an die zweitägige Sitzung des geldpolitischen
Entscheidungsgremiums hatte Bernanke am 19. Juni ange-
deutet, dass die Fed ihre extrem lockere Liquiditätspolitik
per Wertpapierankäufe mit der Erholung der Konjunktur
langsam drosseln und Mitte 2014 gar beenden könnte.
Die Reaktion der Märkte ließ nicht lange auf sich warten.
Der Dow Jones fiel tags darauf um 2,4 Prozent und rutschte
mit 14.798 wieder unter die Marke von 15.000. Der DAX
wurde zeitgleich mit 7928 um 3,3 Prozent gerupft.
Europa hinkt hinterher
Offensichtlich hatten diese Reaktion und das gleichzeitige
Anziehen der langfristigen Zinsen die Fed so sehr überrascht,
dass Bernanke eine Entwarnung geboten schien. Ein Indiz
dafür, dass zuweilen auch die Märkte der Fed einen Anstoß
zum Handeln geben. Die Einlassung Bernankes vom 10. Juli
sorgte denn auch sogleich dafür, dass der Dow Jones und
der DAX im Gleichschritt um jeweils 1,1 Prozent zulegten.
Auffällig ist jedoch, dass es imOffenmarktausschuß der Fed,
der die geldpolitischen Entscheidungen trifft, auch Vertreter
gibt, die für eine allmähliche Drosselung der ultraexpansiven
Geldpolitik stehen. Das spricht für eine zunehmende Skep-
sis gegenüber einer uneingeschränkten Fortsetzung des Fed-
Programms. Die Märkte werden daher mehr denn je über
mögliche Schlussfolgerungen aus demVerlauf maßgeblicher
Daten der US-Wirtschaft spekulieren. Denn daran kann es
keine Zweifel geben: Bernanke bleibt für die Aktienmärkte
der Taktgeber.
Doch zunächst einmal sorgte der Chef der Fed für eine Beru-
higung. Im Falle des deutschen Aktienmarktes sieht es ganz
danach aus, dass sich der Leitindex trotz höherer Kursvolati-
lität über der Marke von 8000 behaupten könnte.Mit zuletzt
8213 (+7,9% seit Jahresbeginn) bestand Mitte Juli noch
einige Distanz zu dem am 22. Mai mit 8531 eingefahrenen
Rekordstand. Die Prognosen der vom „Handelsblatt“ zum
Jahreswechsel befragten 34 in- und ausländischen Banken,
die für Ende 2013 einen Durchschnitt von 8029 ergaben,
dürften wohl eher eine Untergrenze markieren.
ImVergleich zu anderen Indices hat der DAX ohnehin Nach-
holbedarf. In der ersten Jahreshälfte kam der deutsche Leitin-
dex lediglich um 4,6 Prozent voran, während der Dow Jones
und der Standard & Poor’s 500 rund 13 Prozent zulegten.
Noch markanter ist der Vorsprung des Nikkei 225, der nach
seinem Jahreshoch von 15.627 (22.Mai) zwar bis auf 12.445
zurückfiel, zuletzt aber dank der Geldschleusen der Bank of
Japan, schließlich aber auch dank Bernanke, wieder bis auf
14.506 anzog. Seit Jahresbeginn steht der Gewinn damit
bei rund 40 Prozent.
Die unterschiedliche Performance an den wichtigsten Bör-
senplätzen ist auch ein Reflex der differenzierten konjunk-
turellen Entwicklung. Während die US-Wirtschaft (wenn
zunächst auch nur zögerlich) Tritt fasst, hinkt Europa hin-
terher, wobei einige Länder des Euroraums sich in einer
hartnäckigen Rezession befinden. Für Deutschland sind die
Perspektiven um einiges besser, wenn auch der Internationale
Währungsfonds in seinem jüngsten Ausblick das Wachstum
der deutschenWirtschaft für 2013 auf nur noch 0,3 Prozent
taxiert.
Für die zweite Jahreshälfte scheint indessen mehr Zuver-
sicht angebracht. Ein wichtiges Datum setzt zunächst die
Bundestagswahl. Bei der letztenWahl im Jahre 2009 glänzte
der September beim DAX mit einem Plus von fast sieben
Prozent – ein Zugewinn, der allerdings bereits im Oktober
aufgezehrt wurde.Aber vielleicht hat bis dahin Ben Bernanke
eine weitere Überraschung parat.
Hartmund Hölzer
© fotolia
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