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Jahresbericht 2014
Ärztekammer
Nordrhein
Medizinische Grundsatzfragen
Substitutionstherapie Opiatabhängiger
Die Beratungskommission für die substitutions-
gestützte Behandlung Opiatabhängiger unter dem
Vorsitz von Professor Dr. med. Norbert Scherbaum
berät Ärztinnen und Ärzte in Klinik und Praxis.
In fünf Jahren haben sich rund fünf Prozent aller
substituierenden Ärztinnen und Ärzte mindestens
einmal zu medizinischen oder rechtlichen Fragen
beraten lassen. Neben den regelmäßig substituie-
renden niedergelassenen Ärzten erkundigen sich
auch im Krankenhaus tätige Ärztinnen und Ärz-
te, die akut Patienten versorgen müssen, bei denen
eine Substitution erforderlich ist. Die schnelle
Abrufbarkeit der speziellen Expertise per Hotline
0211 4302-2213 bei dem beratungsführenden Arzt
wird von den substituierenden Kollegen geschätzt.
Ziel der Aktivitäten ist es, ärztliche Kollegen für
eine sachgerechte professionelle Therapie dieser
speziellen Gruppe besonders schwer suchterkrank-
ter Patienten zu gewinnen. Diese gesellschaftlich
relevante und besonders gefahrengeneigte Tätigkeit
bedarf einerseits besonderer Transparenz und der
Einhaltung klarer Regelungen aller Beteiligten.
Andererseits ist ein besonders vertrauliches Arzt-
Patient-Verständnis Voraussetzung für eine erfolg-
reiche Therapie dieser nahezu regelhaft chroni-
schen Erkrankung.
Die Kommission bittet regelmäßig Ärztinnen
und Ärzte zum Gespräch, bei denen Zweifel ge-
äußert wurden, ob die Substitution immer gemäß
der strengen Richtlinien der Bundesärztekammer
durchgeführt wurde. Diese Gespräche werden von
einem Teil der Ärztinnen und Ärzte als hilfreich
wahrgenommen. Gelegentlich müssen allerdings
Ärztinnen und Ärzte eingeladen werden, deren
Praktiken nicht mit sorgfältiger ärztlicher Tätig-
keit vereinbar oder ethisch akzeptabel sind. Einem
substituierenden Arzt im Kammerbereich musste
daher seitens der Aufsichtsbehörde die Approbation
aberkannt werden.
Kritische Phasen bei der engmaschig erforder-
lichen therapeutischen Begleitung substituierter
Patientinnen und Patienten sind vor der Aufnah-
me in und vor allem der Entlassung aus dem Straf-
vollzug. Nachdem das NRW-Justizministerium die
Voraussetzungen für die Substitution in der Haft
klar geregelt hatte, ist es ein weiteres Ziel der Be-
ratungskommission darauf hinzuwirken, dass die
Rahmenbedingungen für das Übergangsmanage-
ment aus der Haft verbessert werden.
Anforderungen von Meldungen arztbezogener
Daten an das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) erfolgten auf unklarer
rechtlicher Grundlage und bedürfen einer Novel-
lierung des Betäubungsmittelgesetzes sowie der Be-
täubungsmittelverordnung. Die Beratungskommis-
sion setzt sich dafür ein, dass die Ärztekammern
zur Erfüllung ihrer Aufgaben die an das BfArM
gelieferten Daten in anonymisierter Form zurück-
erhalten.
Substitutionstherapie Opiatabhängiger
(Hotline für substituierende Ärztinnen und Ärzte:
0211 4302-2213)
Versorgung psychisch Kranker
Die Umgestaltung, insbesondere die Deregulie-
rung sozialer Sicherungssysteme und die Ökonomi-
sierung der Gesundheitsversorgung mit dem durch
die Einführung der Diagnosebezogenen Fallgrup-
pen (DRGs) begünstigenden Trend zur Spezialisie-
rung wirken einem Konzept der gemeindenahen
Versorgung psychisch Kranker entgegen. Der Aus-
schuss Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosoma-
tik setzte sich unter dem Vorsitz von Birgit Löber-
Kraemer für eine Entstigmatisierung psychisch
Kranker ein. Berufspolitisch wirkt der Ausschuss
darauf hin, Wissen und Fertigkeiten über die Zu-
sammenhänge zwischen Körper und Psyche ver-
stärkt Bestandteil aller ärztlichen Fachrichtungen
werden zu lassen. Ziel ist es, die Psyche des Patien-
ten als Bestandteil jeder ärztlichen Intervention
verstärkt zu berücksichtigen und dem Trend der
Trennung der Behandlung von Körper und Geist
entgegenzuwirken. Auch dem Ersatz ärztlicher
Kompetenzen durch andere Berufsgruppen bei-
spielsweise bei der Betreuung von an Krebs er-
krankten Patienten im Rahmen der Psychoonko-
logie wird kritisch-konstruktiv entgegengewirkt.
Weitere Themen waren die zugeschriebene Rolle
und das Selbstverständnis der Ärztinnen und Ärz-
te bei der nicht selbstbestimmten Unterbringung
oder Behandlung psychisch erkrankter Patienten
oder psychisch auffälliger Straftäter. Eine beson-
dere Aufgabe war die Vorbereitung der Herausgabe
eines Leitfadens für die Kommunikation zwischen
Arzt und Patient in Anlehnung an ein Vorbild der
Schweizerischen Akademie der Wissenschaften.