

Kniegelenkarthroskopie – Exemplarische Falldarstellung
Als fehlerhaft stellte die Gutachterkommission insgesamt
fest, dass ein konservativer Behandlungsversuch mit ent-
sprechenden Medikamenten und einer angemessenen Phy-
siotherapie unterlassen wurde. Die Röntgenaufnahme hätte
auch den Kniescheibengleitweg darstellen müssen.
Die ohne differenzialdiagnostische Überlegungen unkritisch
und vorschnell vorgenommene Arthroskopie war nach alle-
dem zu diesem Zeitpunkt nicht indiziert.
Die postoperative Behandlung war ebenfalls fehlerhaft; der
eingetretene Infekt hätte bei sorgfältigerer Betreuung früher
erkannt und therapiert werden können. Der nach dem Ein-
griff fortbestehende unklare Schwellungszustand wurde
nicht ausreichend kontrolliert und behandelt. Der bei der
stationären Aufnahme festgestellte Zustand des kaum noch
beweglichen Kniegelenkes und die Röntgenaufnahmen las-
sen diesen Schluss zu.
Falls am 16. Februar tatsächlich Cortison injiziert worden
sein sollte, was die Kommission nicht klären konnte, wäre
dies ein weiterer Fehler gewesen, weil bei auch nur gerings-
tem Verdacht auf Vorliegen eines Gelenkinfektes eine sol-
che Injektion kontraindiziert ist.
Die Gutachterkommission stellt abschließend fest,dass auch
bei lege artis durchgeführten Arthroskopien, Gelenkpunk-
tionen und Injektionen eine Infektion immer ein eingriffs-
immanentes Risiko darstellt. Bei fehlender Indikation haftet
der Arzt jedoch für alle Folgen des Eingriffs und zwar un-
abhängig davon, ob er fehlerfrei vorgegangen ist und inwie-
weit die Verkennung der eingetretenen Infektion mit we-
sentlicher Verzögerung der Diagnose und Behandlung zu
der Kniegelenkzerstörung, der Notwendigkeit der Gelenk-
versteifung und damit zur Teilinvalidität geführt hat.
Herbert Weltrich und Wilfried Fitting
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Gutachtliche Entscheidungen