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die zunächst mit Titan-Clips gestillt wurde. Bei Fortsetzung

der Lymphadenektomie auf der linken Seite kam es hier zu

einer Ausrissverletzung der Vena circumflexa ileum. Diese

wurde über einen linksseitigen Leistenschnitt durch Über-

nähungen versorgt. Wegen einer massiven rechtsseitigen

Blutung erfolgte am selben Tag – unter Massentransfusion –

über einen rechtsseitigen Pararektalschnitt die Versorgung

einer Einrissverletzung der Vena iliaca externa mit Einbrin-

gen von Bauchtüchern. Wegen einer neuerlichen Massen-

blutung erfolgte nur Stunden später eine weitere Revisions-

operation über einen Medianschnitt mit Gefäßversorgungen

und Bauchtamponaden. Bei der nächsten Revisionsoperati-

on fünf Tage späterwurden die Bauchtücher entfernt. In der

Folgezeit kam es bei Peritonitis und Sepsis zu einem Multi-

organversagen mit tödlichem Ausgang etwa drei Wochen

nach der Operation. Bei der Obduktion fanden sich neben

einer massiven Peritonitis je ein verbliebenes Bauchtuch

und eine Kompresse hinter dem Colon beziehungsweise

hinter der Harnblase.

Der urologische Sachverständige stellte fest, dass auf die bei

einer Lymphadenektomie eingriffsimmanente Verletzung

von Beckenvenen mit allen verfügbaren Notfallmaßnahmen

ordnungsgemäß reagiert wurde. Er wertete den intraabdo-

minellen Verbleib von Fremdkörpern als eine mögliche und

bekannte Komplikation. Hiervon abweichend stellte das

stellvertretende Geschäftsführende Kommissionsmitglied

durch gutachtlichen Bescheid fest, dass der von den Angehö-

rigen des verstorbenen Patienten erhobene Vorwurf ärztli-

cher Behandlungsfehler insoweit berechtigt sei, als ein bei

der Voroperation eingebrachtes Bauchtuch bei der fünf

Tage später vorgenommenen Revision nicht ordnungs-

gemäß entfernt wurde.

Eine auf Antrag der Angehörigen vorgenommene Überprü-

fung des Bescheides durch die Gutachterkommission führte

zu weitergehenden Feststellungen: Die Gutachterkommis-

sion beanstandete nach Beratung mit einem gefäßchirur-

gischen Kommissionsmitglied, dass auch die operative Be-

handlung der Blutungskomplikation fehlerhaft war.

Sie begründete dies damit, dass einerseits Zeitpunkt und Zu-

gangsweg der offenen Revisionen falsch gewählt waren und

andererseits nicht zeitnah ein Gefäßchirurg zur regelrech-

ten Rekonstruktion der verletzten Gefäße zugezogen wurde.

Der auf den Behandlungsfehlern beruhende Gesundheits-

schaden bestehe neben der Notwendigkeit von Revisions-

operationen in dem schweren Krankheitsverlauf bis zum

Tode des Patienten.

Zusammenfassende Beurteilung

Die operationstechnisch anspruchsvolle Entfernung von

Beckenlymphknoten ist mit Eingriffsrisiken verbunden, die

mit der Ausdehnung der Lymphknotenentnahme zuneh-

men. Häufigste Komplikation einer Lymphadenektomie ist

die Entwicklung einer Lymphozele in etwa fünf bis zehn

Prozent. Sie kann in etwa zwei bis vier Prozent der Fälle

durch eine perkutane Punktion oder eine laparoskopische

Fensterung erfolgreich behandelt werden. Erheblich selte-

ner kommen ein Lymphöden, eine Phlebothrombose, eine

Lungenembolie sowie Gefäß- und Nervenverletzungen vor.

Bei der Darstellung der Fallbeispiele mit seltenen schwer-

wiegenden Komplikationen geht es darum, aufzuzeigen,wie

wichtig es ist,

1. eine Lymphadenektomie nur bei gegebener Indikation

durchzuführen,

2. bei einer Lymphadenektomie die vorgegebenen Eingriffs-

grenzen einzuhalten und Nachbarstrukturen vor Kollateral-

schäden zu schützen sowie

3. in Notfallsituationen in zeitnaher Zusammenarbeit mit

den für das betroffene Organsystem zuständigen Fachkolle-

gen die gebotenen Maßnahmen standardgerecht und sorg-

fältig durchzuführen.

Volkmar Lent und Ulrich Smentkowski

Literatur

[1] Bader P et al. J Urol 2002; 168: 514–518.

[2] Briganti A et al. Eur Urol 2006; 50: 1006–1013.

[3] Burkhard FC et al. Eur Urol 2002; 42: 48–52.

[4] Clark T et al. J Urol 2003; 169: 145–148.

[5] Grimm MO et al. Urologe 2010; 49: 206–210.

[6] Heidenreich A et al. J Urol 2002; 167: 1681–1686.

[7] Link RE et al. Urol Clin North Amer 2001; 28: 491–498.

[8] Musch M et al. J Urol 2008; 179: 923–928.

[9] Studer UE in Clark T s. o.

Gutachtliche Entscheidungen

195

Fehler bei der Lymphadenektomie wegen eines Prostatakarzinoms