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Die Gutachterkommission hat sich bisher in etwa 12 Fällen

(davon zwei Todesfälle) mit Behandlungsfehlern im Zusam-

menhang mit einer ERC bzw. EPT beschäftigen müssen. In

sechs Verfahren waren Sorgfaltsmängel bei der Durchfüh-

rung der Eingriffe festzustellen, die zumTeil schwerwiegen-

de Gesundheitsschäden verursachten.

Die Kommission hatte zudem in einigen Fällen Anlass, eine

mangelhafte Aufklärung zu beanstanden. In den weiteren

sechs Fällen wurden die Eingriffe ohne ausreichende Indi-

kation vorgenommen. Davon führten zwei Fälle zum Tode

des Patienten.

Die Gutachterkommission vertritt in ihren Beurteilungen

die Auffassung, dass eine diagnostische ERC wegen der be-

kannten Risiken und der heute gegebenen Möglichkeit der

nicht-invasiven Darstellung der Gallenwege und des Pan-

kreasgangs durch Magnetresonanz-Tomographie einer be-

sonders sorgfältigen Indikationsstellung bedarf. Der jüngs-

te von der Gutachterkommission beurteilte Fall mit Todes-

folge soll nachstehend dargestellt werden.

Aus den Krankenunterlagen der beschuldigten medizini-

schen Klinik ergab sich folgender Sachverhalt: Der 70-jäh-

rige Patient wurde am 15. November von seinem Hausarzt,

einem Internisten, wegen „zunehmender abdomineller

Schmerzen bei unklarem Abdomen und bekanntem Gallen-

steinleiden“ stationär eingewiesen und noch am selben Tag

in der beschuldigten Klinik aufgenommen. Im Aufnahme-

befund wurde ein weiches Abdomen ohne tastbare Resisten-

zen beschrieben. Als Aufnahmediagnose wurden unter

anderem vermerkt: „unklare abdominelle Schmerzen, ...

Cholecystolithiasis“.

Untersuchungsergebnisse

Im Laborstatus vomAufnahmetag fand sich ein mäßig erhöh-

ter CRP-Wert von 3,81 mg/dl (Referenzwert bis 0,8 mg/dl).

Die LDH war normwertig, ebenso die so genannten Leber-

enzyme (GOT, GPT,AP), der Bilirubinwert und die Pankreas-

enzyme (Amylase und Lipase), das weiße und rote Blutbild

sowie die Thrombozyten. Am 17. November waren der CRP-

Wert leicht abgesunken auf 2,61 mg/dl, die Pankreasen-

zyme und das kleine Blutbild weiterhin normwertig.

Bei der Ultraschalluntersuchung des Abdomens vom 16. No-

vember fand sich ein 25 mm großer Stein sowie reichlich

Sludge (eingedickter Galleschlamm) in der wandverdickten

Gallenblase, die extra- und intrahepatischen Gallenwege

waren nicht erweitert. Der Hauptgallengang hatte einen

Durchmesser von 9 mm. Der übrige Abdominalbefund, ins-

besondere auch das Pankreas, war unauffällig. Auch die

weiteren Untersuchungen (EKG, Röntgenaufnahme des

Brustkorbs, Echokardiographie) hatten keine richtungwei-

senden abweichenden Ergebnisse.

Der Eingriff

Am 20. November wurden eine ERC und eine EPT durchge-

führt. Die Aufklärung erfolgte am 17. November mittels eines

Standard-Vordrucks,wobei auch die endoskopische Papillen-

spaltung und ihre Komplikationsmöglichkeiten, unter

anderem eine akute Pankreatitis, angesprochen wurden.

Der Eingriff erfolgte nach Prämedikation von 5 mg

Dormicum

®

(Midazolam) und 50 mg Dolantin

®

(Pethidin)

sowie unter weiterer Verabreichung von 3 mg Dormicum

während des Eingriffs. Nach Abschluss wurden 0,25 mg

Anexate

®

(Flumazenil – ein Benzodiazepinantidot) verab-

folgt.

Der ERC-Befund wurde durch drei Röntgenaufnahmen

dokumentiert. Der Endbefund lautete:

„Problemloses Vorspiegeln mit dem Duodenoskop bis zur

Papillenregion. Die Papille stellt sich makroskopisch unauf-

fällig dar, der Galleabfluss mäßig. Selektive ERC: Erweite-

rung des Hauptgallengangs mit 10 mm, wobei sich größere

intraductale Konkremente radiomorphologisch nicht nach-

weisen lassen. Ebenso keine intrahepatische Aufstausitua-

tion, kein Cystikusverschluss, bekannte Cholecystolithiasis.

Wegen der Erweiterung des Ductus hepaticus communis

und der nur spärlichen Galleabflusssituation komplikations-

lose weite EPT, hierbei dann doch Entleerung von reichlich

Mikrolithen objektivierbar. Steinmaterial selbst entleert sich

nicht und kann auch nicht extrahiert werden. Die Kontras-

tierung des pankreatischen Gangsystems erfolgte bei dieser

Untersuchung nicht.“

Postoperative Behandlung

Nach der Untersuchung wurde der Patient nach einem

schriftlich vorliegenden Überwachungsprotokoll mit zwei-

maliger Puls- und Blutdruckmessung (11:00 Uhr und 14:00

Uhr) überwacht. Um 14:15 Uhr wurde vermerkt: „Abdomen

weich, diffus deutlicher Druckschmerz, Darmgeräusche,

galliges Erbrechen“.

Um 16:00 Uhr wurde eingetragen: „Abdomen blande,

Druckschmerz in oberer Bauchdecke bei tiefer Palpation –

Leber anstehend“.

Im Pflegebericht vom 20. November, 13:00 Uhr, ist ver-

merkt: „Patient klagt über Übelkeit, Erbrechen und starke

epigastrische Schmerzen. – Arzt informiert – Ringerlösung

plus Paspertin, Buscopan, Tramal“ und weiter „Patient

hatte nach dem Eingriff gefrühstückt – daraufhin starke

Schmerzen – und mehrfach erbrochen!“.

Im Laborstatus am 20. November, 14:21 Uhr, fanden sich

weiterhin Normalwerte für die Leberenzyme GOT, GPT

und das Bilirubin, jedoch ein starker Anstieg der Pankreas-

enzyme (Lipase 18.700 U/l – Referenzwert bis 180 U/l;

Indikationsmängel bei einer ERC und EPT

Tödliche Pankreatitis nach einer endoskopischen retrograden Cholangiographie (ERC)

und Papillotomie (EPT)

Gutachtliche Entscheidungen

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